Frieden stört. An ihm liegt es nicht, daß ich nicht unaussprechlich elend wurde, er that das Sei¬ nige dazu, doch der Himmel wollt' es nicht -- Seit der Zeit, daß die Stiftung des Majorats bekannt wurde, verfolgt er mich mit tödtlichem Haß. Er beneidet mich um das Besitzthum, das in seinen Händen wie Spreu verflogen wäre. Er ist der wahnsinnigste Verschwender, den es gibt. Seine Schuldenlast übersteigt bei weitem die Hälfte des freien Vermögens in Curland, die ihm zu¬ fällt, und nun, verfolgt von Gläubigern, die ihn quälen, eilt er her, und bettelt um Geld." -- "Und Sie, der Bruder, verweigern" -- wollte ihm V. in die Rede fallen, doch der Freiherr rief, indem er V -- s Hände fahren ließ, und einen starken Schritt zurücktrat, laut und heftig: "Hal¬ ten Sie ein! -- ja! ich verweigere! Von den Einkünften des Majorats kann und werde ich kei¬ nen Thaler verschenken! -- Aber hören Sie, wel¬ chen Vorschlag ich dem Unsinnigen vor wenigen Stunden vergebens machte, und dann richten Sie
Frieden ſtoͤrt. An ihm liegt es nicht, daß ich nicht unausſprechlich elend wurde, er that das Sei¬ nige dazu, doch der Himmel wollt' es nicht — Seit der Zeit, daß die Stiftung des Majorats bekannt wurde, verfolgt er mich mit toͤdtlichem Haß. Er beneidet mich um das Beſitzthum, das in ſeinen Haͤnden wie Spreu verflogen waͤre. Er iſt der wahnſinnigſte Verſchwender, den es gibt. Seine Schuldenlaſt uͤberſteigt bei weitem die Haͤlfte des freien Vermoͤgens in Curland, die ihm zu¬ faͤllt, und nun, verfolgt von Glaͤubigern, die ihn quaͤlen, eilt er her, und bettelt um Geld.“ — „Und Sie, der Bruder, verweigern“ — wollte ihm V. in die Rede fallen, doch der Freiherr rief, indem er V — s Haͤnde fahren ließ, und einen ſtarken Schritt zuruͤcktrat, laut und heftig: „Hal¬ ten Sie ein! — ja! ich verweigere! Von den Einkuͤnften des Majorats kann und werde ich kei¬ nen Thaler verſchenken! — Aber hoͤren Sie, wel¬ chen Vorſchlag ich dem Unſinnigen vor wenigen Stunden vergebens machte, und dann richten Sie
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Frieden ſtoͤrt. An ihm liegt es nicht, daß ich
nicht unausſprechlich elend wurde, er that das Sei¬
nige dazu, doch der Himmel wollt' es nicht —
Seit der Zeit, daß die Stiftung des Majorats
bekannt wurde, verfolgt er mich mit toͤdtlichem
Haß. Er beneidet mich um das Beſitzthum, das
in ſeinen Haͤnden wie Spreu verflogen waͤre. Er
iſt der wahnſinnigſte Verſchwender, den es gibt.
Seine Schuldenlaſt uͤberſteigt bei weitem die Haͤlfte
des freien Vermoͤgens in Curland, die ihm zu¬
faͤllt, und nun, verfolgt von Glaͤubigern, die ihn
quaͤlen, eilt er her, und bettelt um Geld.“ —
„Und Sie, der Bruder, verweigern“ — wollte
ihm V. in die Rede fallen, doch der Freiherr rief,
indem er V — s Haͤnde fahren ließ, und einen
ſtarken Schritt zuruͤcktrat, laut und heftig: „Hal¬
ten Sie ein! — ja! ich verweigere! Von den
Einkuͤnften des Majorats kann und werde ich kei¬
nen Thaler verſchenken! — Aber hoͤren Sie, wel¬
chen Vorſchlag ich dem Unſinnigen vor wenigen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/205>, abgerufen am 22.11.2024.
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