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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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den vor Wuth schäumenden Jüngling jedoch nicht
ausreden, sondern sprach, indem er ihn mit durch¬
bohrenden Blicken maß: "Keine Uebereilung, Herr
Baron! -- Durchaus dürfen Sie hier nicht regie¬
ren wollen vor Eröffnung des Testaments; jetzt bin
ich, ich allein hier Herr, und werde Gewalt mit
Gewalt zu vertreiben wissen. -- Erinnern Sie sich,
daß ich kraft meiner Vollmacht als Vollzieher des
väterlichen Testaments, kraft der getroffenen Ver¬
fügungen des Gerichts berechtigt bin, Ihnen den
Aufenthalt hier in R -- sitten zu versagen, und ich
rathe Ihnen, um das Unangenehme zu verhüten,
sich ruhig nach K. zu begeben." Der Ernst des Ge¬
richtshalters, der entschiedene Ton, mit dem er
sprach, gab seinen Worten gehörigen Nachdruck,
und so kam es, daß der junge Baron, der mit gar
zu spitzigen Hörnern anlaufen wollte, wider den
festen Bau die Schwäche seiner Waffen fühlte, und
für gut fand, im Rückzuge seine Beschämung mit
einem höhnischen Gelächter auszugleichen.

den vor Wuth ſchaͤumenden Juͤngling jedoch nicht
ausreden, ſondern ſprach, indem er ihn mit durch¬
bohrenden Blicken maß: „Keine Uebereilung, Herr
Baron! — Durchaus duͤrfen Sie hier nicht regie¬
ren wollen vor Eroͤffnung des Teſtaments; jetzt bin
ich, ich allein hier Herr, und werde Gewalt mit
Gewalt zu vertreiben wiſſen. — Erinnern Sie ſich,
daß ich kraft meiner Vollmacht als Vollzieher des
vaͤterlichen Teſtaments, kraft der getroffenen Ver¬
fuͤgungen des Gerichts berechtigt bin, Ihnen den
Aufenthalt hier in R — ſitten zu verſagen, und ich
rathe Ihnen, um das Unangenehme zu verhuͤten,
ſich ruhig nach K. zu begeben.“ Der Ernſt des Ge¬
richtshalters, der entſchiedene Ton, mit dem er
ſprach, gab ſeinen Worten gehoͤrigen Nachdruck,
und ſo kam es, daß der junge Baron, der mit gar
zu ſpitzigen Hoͤrnern anlaufen wollte, wider den
feſten Bau die Schwaͤche ſeiner Waffen fuͤhlte, und
fuͤr gut fand, im Ruͤckzuge ſeine Beſchaͤmung mit
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[212/0220] den vor Wuth ſchaͤumenden Juͤngling jedoch nicht ausreden, ſondern ſprach, indem er ihn mit durch¬ bohrenden Blicken maß: „Keine Uebereilung, Herr Baron! — Durchaus duͤrfen Sie hier nicht regie¬ ren wollen vor Eroͤffnung des Teſtaments; jetzt bin ich, ich allein hier Herr, und werde Gewalt mit Gewalt zu vertreiben wiſſen. — Erinnern Sie ſich, daß ich kraft meiner Vollmacht als Vollzieher des vaͤterlichen Teſtaments, kraft der getroffenen Ver¬ fuͤgungen des Gerichts berechtigt bin, Ihnen den Aufenthalt hier in R — ſitten zu verſagen, und ich rathe Ihnen, um das Unangenehme zu verhuͤten, ſich ruhig nach K. zu begeben.“ Der Ernſt des Ge¬ richtshalters, der entſchiedene Ton, mit dem er ſprach, gab ſeinen Worten gehoͤrigen Nachdruck, und ſo kam es, daß der junge Baron, der mit gar zu ſpitzigen Hoͤrnern anlaufen wollte, wider den feſten Bau die Schwaͤche ſeiner Waffen fuͤhlte, und fuͤr gut fand, im Ruͤckzuge ſeine Beſchaͤmung mit einem hoͤhniſchen Gelaͤchter auszugleichen.

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/220>, abgerufen am 23.11.2024.