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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817.

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Als der erfahren, was sich so oben zugetragen,
sprach er sehr mild und ruhig: "So kamen wir
zu spät, und müssen uns wohl in Gottes Fügung
schicken." Man brachte Cölestinen herab, die sich
starr und lautlos, ohne Zeichen eignen Willens
und eigner Willkühr, fortführen und in den Wagen
setzen ließ, der schnell fortrollte. Dem Alten, der
ganzen Familie war so zu Muthe, als erwachten sie
nun erst aus einem bösen spukhaften Traum, der
sie sehr geängstet. --

Bald darauf, als sich dies in dem Hause des
Bürgermeisters von L. begeben, wurde in dem
Cisterzienser Nonnenkloster zu O. eine Logenschwester
mit ungewöhnlicher Feierlichkeit begraben und ein
dumpfes Gerücht ging, daß diese Logenschwester die
Gräfin Hermenegilda von C. gewesen, von der man
glaubte, sie sey mit ihres Vaters Schwester, der Für¬
stin von Z., nach Italien gegangen. Zur selbigen Zeit
erschien Graf Nepomuk von C., Hermenegilda's
Vater, in Warschau und trat, sich nur ein kleines
Gütchen in der Ukraine vorbehaltend, seine sämmt¬

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Als der erfahren, was ſich ſo oben zugetragen,
ſprach er ſehr mild und ruhig: „So kamen wir
zu ſpaͤt, und muͤſſen uns wohl in Gottes Fuͤgung
ſchicken.“ Man brachte Coͤleſtinen herab, die ſich
ſtarr und lautlos, ohne Zeichen eignen Willens
und eigner Willkuͤhr, fortfuͤhren und in den Wagen
ſetzen ließ, der ſchnell fortrollte. Dem Alten, der
ganzen Familie war ſo zu Muthe, als erwachten ſie
nun erſt aus einem boͤſen ſpukhaften Traum, der
ſie ſehr geaͤngſtet. —

Bald darauf, als ſich dies in dem Hauſe des
Buͤrgermeiſters von L. begeben, wurde in dem
Ciſterzienſer Nonnenkloſter zu O. eine Logenſchweſter
mit ungewoͤhnlicher Feierlichkeit begraben und ein
dumpfes Geruͤcht ging, daß dieſe Logenſchweſter die
Graͤfin Hermenegilda von C. geweſen, von der man
glaubte, ſie ſey mit ihres Vaters Schweſter, der Fuͤr¬
ſtin von Z., nach Italien gegangen. Zur ſelbigen Zeit
erſchien Graf Nepomuk von C., Hermenegilda's
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Guͤtchen in der Ukraine vorbehaltend, ſeine ſaͤmmt¬

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[273/0281] Als der erfahren, was ſich ſo oben zugetragen, ſprach er ſehr mild und ruhig: „So kamen wir zu ſpaͤt, und muͤſſen uns wohl in Gottes Fuͤgung ſchicken.“ Man brachte Coͤleſtinen herab, die ſich ſtarr und lautlos, ohne Zeichen eignen Willens und eigner Willkuͤhr, fortfuͤhren und in den Wagen ſetzen ließ, der ſchnell fortrollte. Dem Alten, der ganzen Familie war ſo zu Muthe, als erwachten ſie nun erſt aus einem boͤſen ſpukhaften Traum, der ſie ſehr geaͤngſtet. — Bald darauf, als ſich dies in dem Hauſe des Buͤrgermeiſters von L. begeben, wurde in dem Ciſterzienſer Nonnenkloſter zu O. eine Logenſchweſter mit ungewoͤhnlicher Feierlichkeit begraben und ein dumpfes Geruͤcht ging, daß dieſe Logenſchweſter die Graͤfin Hermenegilda von C. geweſen, von der man glaubte, ſie ſey mit ihres Vaters Schweſter, der Fuͤr¬ ſtin von Z., nach Italien gegangen. Zur ſelbigen Zeit erſchien Graf Nepomuk von C., Hermenegilda's Vater, in Warſchau und trat, ſich nur ein kleines Guͤtchen in der Ukraine vorbehaltend, ſeine ſaͤmmt¬ S

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Zitationshilfe: [Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 273. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/281>, abgerufen am 24.11.2024.