eine sehr natürliche, wiewohl schmerzliche Weise ganz kleine allerliebste, mit Scheere und Bügeleisen bewaffnete Schneiderlein zur Welt zu befördern, die in den wunderlichsten Gruppen ihre Lebensthä¬ tigkeit bewiesen. Unter dem Bilde stand ein Vers, den ich leider vergessen, doch irr' ich nicht, so hieß die erste Zeile: Ei was hat der Bock -- gegessen. Ich kann übrigens versichern, daß dieser wunder¬ bare Bock" -- "Genug -- genug," riefen die Damen, "genug von dem garstigen Thier -- von Max, von Max wollen wir hören." -- "Besagter Max," nahm Willibald das Wort wieder auf, "besagter Max gab das wohlausgeführte und voll¬ kommen gerathene Tableau dem gekränkten Johann, der es so geschickt an die Schneiderherberge anzu¬ heften wußte, daß einen ganzen Tag hindurch das müßige Volk nicht von dem Bildniß wegkam. Die Straßenjungen schwenkten jubelnd die Mützen und tanzten jedem Schneiderlein, das sich sehen ließ, hinterher, und sangen und kreischten gewaltig: Ei was hat der Bock gegessen. -- Niemand anders hat das Blatt gezeichnet, als des geheimen Raths Max, sagten die Mahler, niemand hat die Worte geschrie¬ ben, als des geheimen Raths Max, riefen die Schreibmeister, als die ehrsame Schneiderzunft
eine ſehr natuͤrliche, wiewohl ſchmerzliche Weiſe ganz kleine allerliebſte, mit Scheere und Buͤgeleiſen bewaffnete Schneiderlein zur Welt zu befoͤrdern, die in den wunderlichſten Gruppen ihre Lebensthaͤ¬ tigkeit bewieſen. Unter dem Bilde ſtand ein Vers, den ich leider vergeſſen, doch irr' ich nicht, ſo hieß die erſte Zeile: Ei was hat der Bock — gegeſſen. Ich kann uͤbrigens verſichern, daß dieſer wunder¬ bare Bock“ — „Genug — genug,“ riefen die Damen, „genug von dem garſtigen Thier — von Max, von Max wollen wir hoͤren.“ — „Beſagter Max,“ nahm Willibald das Wort wieder auf, „beſagter Max gab das wohlausgefuͤhrte und voll¬ kommen gerathene Tableau dem gekraͤnkten Johann, der es ſo geſchickt an die Schneiderherberge anzu¬ heften wußte, daß einen ganzen Tag hindurch das muͤßige Volk nicht von dem Bildniß wegkam. Die Straßenjungen ſchwenkten jubelnd die Muͤtzen und tanzten jedem Schneiderlein, das ſich ſehen ließ, hinterher, und ſangen und kreiſchten gewaltig: Ei was hat der Bock gegeſſen. — Niemand anders hat das Blatt gezeichnet, als des geheimen Raths Max, ſagten die Mahler, niemand hat die Worte geſchrie¬ ben, als des geheimen Raths Max, riefen die Schreibmeiſter, als die ehrſame Schneiderzunft
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0364"n="356"/>
eine ſehr natuͤrliche, wiewohl ſchmerzliche Weiſe<lb/>
ganz kleine allerliebſte, mit Scheere und Buͤgeleiſen<lb/>
bewaffnete Schneiderlein zur Welt zu befoͤrdern,<lb/>
die in den wunderlichſten Gruppen ihre Lebensthaͤ¬<lb/>
tigkeit bewieſen. Unter dem Bilde ſtand ein Vers,<lb/>
den ich leider vergeſſen, doch irr' ich nicht, ſo hieß<lb/>
die erſte Zeile: Ei was hat der Bock — gegeſſen.<lb/>
Ich kann uͤbrigens verſichern, daß dieſer wunder¬<lb/>
bare Bock“—„Genug — genug,“ riefen die<lb/>
Damen, „genug von dem garſtigen Thier — von<lb/>
Max, von Max wollen wir hoͤren.“—„Beſagter<lb/>
Max,“ nahm Willibald das Wort wieder auf,<lb/>„beſagter Max gab das wohlausgefuͤhrte und voll¬<lb/>
kommen gerathene Tableau dem gekraͤnkten Johann,<lb/>
der es ſo geſchickt an die Schneiderherberge anzu¬<lb/>
heften wußte, daß einen ganzen Tag hindurch das<lb/>
muͤßige Volk nicht von dem Bildniß wegkam. Die<lb/>
Straßenjungen ſchwenkten jubelnd die Muͤtzen und<lb/>
tanzten jedem Schneiderlein, das ſich ſehen ließ,<lb/>
hinterher, und ſangen und kreiſchten gewaltig: Ei<lb/>
was hat der Bock gegeſſen. — Niemand anders hat<lb/>
das Blatt gezeichnet, als des geheimen Raths Max,<lb/>ſagten die Mahler, niemand hat die Worte geſchrie¬<lb/>
ben, als des geheimen Raths Max, riefen die<lb/>
Schreibmeiſter, als die ehrſame Schneiderzunft<lb/></p></div></body></text></TEI>
[356/0364]
eine ſehr natuͤrliche, wiewohl ſchmerzliche Weiſe
ganz kleine allerliebſte, mit Scheere und Buͤgeleiſen
bewaffnete Schneiderlein zur Welt zu befoͤrdern,
die in den wunderlichſten Gruppen ihre Lebensthaͤ¬
tigkeit bewieſen. Unter dem Bilde ſtand ein Vers,
den ich leider vergeſſen, doch irr' ich nicht, ſo hieß
die erſte Zeile: Ei was hat der Bock — gegeſſen.
Ich kann uͤbrigens verſichern, daß dieſer wunder¬
bare Bock“ — „Genug — genug,“ riefen die
Damen, „genug von dem garſtigen Thier — von
Max, von Max wollen wir hoͤren.“ — „Beſagter
Max,“ nahm Willibald das Wort wieder auf,
„beſagter Max gab das wohlausgefuͤhrte und voll¬
kommen gerathene Tableau dem gekraͤnkten Johann,
der es ſo geſchickt an die Schneiderherberge anzu¬
heften wußte, daß einen ganzen Tag hindurch das
muͤßige Volk nicht von dem Bildniß wegkam. Die
Straßenjungen ſchwenkten jubelnd die Muͤtzen und
tanzten jedem Schneiderlein, das ſich ſehen ließ,
hinterher, und ſangen und kreiſchten gewaltig: Ei
was hat der Bock gegeſſen. — Niemand anders hat
das Blatt gezeichnet, als des geheimen Raths Max,
ſagten die Mahler, niemand hat die Worte geſchrie¬
ben, als des geheimen Raths Max, riefen die
Schreibmeiſter, als die ehrſame Schneiderzunft
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 356. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/364>, abgerufen am 24.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.