häufig in der Gegend vorfielen, Schuld gab. An eine lange Kette geschlossen brachte man die Män¬ ner, gebunden auf einen Wagen gepackt die Weiber und Kinder aus den Schloßhof. Manche trotzige Gestalt, die mit wildem funkelnden Blick, wie ein gefesselter Tiger, keck umherschaute, schien den ent¬ schlossenen Räuber und Mörder zu bezeichnen, vor¬ züglich fiel aber ein langes, hageres, entsetzliches Weib, in einen blutrothen Shawl vom Kopf bis zu Fuß gewickelt, ins Auge, die aufrecht im Wagen stand, und mit gebietender Stimme rief: man solle sie herabsteigen lassen, welches auch geschah. Der Graf von Z. kam auf den Schloßhof und be¬ fahl eben, wie man die Bande abgesondert in den festen Schloßgefängnissen vertheilen solle, als mit fliegenden Haaren, Entsetzen und Angst in bleichem Gesicht, Gräfin Angelika aus der Thür hinaus¬ stürzte, und auf die Kniee geworfen mit schneidender Stimme rief: "Diese Leute los -- diese Leute los -- sie sind unschuldig, unschuldig -- Vater: laß diese Leute los! -- ein Tropfen Blut's vergossen
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haͤufig in der Gegend vorfielen, Schuld gab. An eine lange Kette geſchloſſen brachte man die Maͤn¬ ner, gebunden auf einen Wagen gepackt die Weiber und Kinder aus den Schloßhof. Manche trotzige Geſtalt, die mit wildem funkelnden Blick, wie ein gefeſſelter Tiger, keck umherſchaute, ſchien den ent¬ ſchloſſenen Raͤuber und Moͤrder zu bezeichnen, vor¬ zuͤglich fiel aber ein langes, hageres, entſetzliches Weib, in einen blutrothen Shawl vom Kopf bis zu Fuß gewickelt, ins Auge, die aufrecht im Wagen ſtand, und mit gebietender Stimme rief: man ſolle ſie herabſteigen laſſen, welches auch geſchah. Der Graf von Z. kam auf den Schloßhof und be¬ fahl eben, wie man die Bande abgeſondert in den feſten Schloßgefaͤngniſſen vertheilen ſolle, als mit fliegenden Haaren, Entſetzen und Angſt in bleichem Geſicht, Graͤfin Angelika aus der Thuͤr hinaus¬ ſtuͤrzte, und auf die Kniee geworfen mit ſchneidender Stimme rief: „Dieſe Leute los — dieſe Leute los — ſie ſind unſchuldig, unſchuldig — Vater: laß dieſe Leute los! — ein Tropfen Blut's vergoſſen
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haͤufig in der Gegend vorfielen, Schuld gab. An
eine lange Kette geſchloſſen brachte man die Maͤn¬
ner, gebunden auf einen Wagen gepackt die Weiber
und Kinder aus den Schloßhof. Manche trotzige
Geſtalt, die mit wildem funkelnden Blick, wie ein
gefeſſelter Tiger, keck umherſchaute, ſchien den ent¬
ſchloſſenen Raͤuber und Moͤrder zu bezeichnen, vor¬
zuͤglich fiel aber ein langes, hageres, entſetzliches
Weib, in einen blutrothen Shawl vom Kopf bis
zu Fuß gewickelt, ins Auge, die aufrecht im Wagen
ſtand, und mit gebietender Stimme rief: man
ſolle ſie herabſteigen laſſen, welches auch geſchah.
Der Graf von Z. kam auf den Schloßhof und be¬
fahl eben, wie man die Bande abgeſondert in den
feſten Schloßgefaͤngniſſen vertheilen ſolle, als mit
fliegenden Haaren, Entſetzen und Angſt in bleichem
Geſicht, Graͤfin Angelika aus der Thuͤr hinaus¬
ſtuͤrzte, und auf die Kniee geworfen mit ſchneidender
Stimme rief: „Dieſe Leute los — dieſe Leute los
— ſie ſind unſchuldig, unſchuldig — Vater: laß
dieſe Leute los! — ein Tropfen Blut's vergoſſen
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[Hoffmann, E. T. A.]: Nachtstücke. Bd. 2. Berlin, 1817, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_nachtstuecke02_1817/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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