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Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Einen Abgott machte die Scudery aus dem kleinen Olivier, den sie Stunden, Tage lang der Mutter entriß, um ihn zu liebkosen, zu hätscheln. Daher kam es, daß der Junge sich ganz an sie gewöhnte und eben so gern bei ihr war, als bei der Mutter. Drei Jahre waren vorüber, als der Brodneid der Kunstgenossen Brusson's es dahin brachte, daß seine Arbeit mit jedem Tage abnahm, so daß er zuletzt kaum sich kümmerlich ernähren konnte. Dazu kam die Sehnsucht nach seinem schönen heimathlichen Genf, und so geschah es, daß die kleine Familie dorthin zog, des Widerstrebens der Scudery, die alle nur mögliche Unterstützung versprach, unerachtet. Noch ein paarmal schrieb Anne an ihre Pflegemutter, dann schwieg sie, und diese mußte glauben, daß das glückliche Leben in Brusson's Heimat das Andenken an die früher verlebten Tage nicht mehr aufkommen lasse.

Es waren jetzt gerade drei und zwanzig Jahre her, als Brusson mit seinem Weibe und Kinde Paris verlassen und nach Genf gezogen.

O entsetzlich, rief die Scudery, als sie sich einigermaßen wieder erholt hatte, o entsetzlich! -- Olivier bist du? -- der Sohn meiner Anne! -- Und jetzt! -- Wohl, versetzte Olivier ruhig und gefaßt, wohl, mein würdiges Fräulein, hättet Ihr nimmermehr ahnen können, daß der Knabe, den Ihr wie die zärtlichste Mutter hätscheltet, dem Ihr, auf Euerm Schooß ihn schaukelnd, Näscherei auf Näscherei in den Mund stecktet, dem Ihr

Einen Abgott machte die Scudery aus dem kleinen Olivier, den sie Stunden, Tage lang der Mutter entriß, um ihn zu liebkosen, zu hätscheln. Daher kam es, daß der Junge sich ganz an sie gewöhnte und eben so gern bei ihr war, als bei der Mutter. Drei Jahre waren vorüber, als der Brodneid der Kunstgenossen Brusson's es dahin brachte, daß seine Arbeit mit jedem Tage abnahm, so daß er zuletzt kaum sich kümmerlich ernähren konnte. Dazu kam die Sehnsucht nach seinem schönen heimathlichen Genf, und so geschah es, daß die kleine Familie dorthin zog, des Widerstrebens der Scudery, die alle nur mögliche Unterstützung versprach, unerachtet. Noch ein paarmal schrieb Anne an ihre Pflegemutter, dann schwieg sie, und diese mußte glauben, daß das glückliche Leben in Brusson's Heimat das Andenken an die früher verlebten Tage nicht mehr aufkommen lasse.

Es waren jetzt gerade drei und zwanzig Jahre her, als Brusson mit seinem Weibe und Kinde Paris verlassen und nach Genf gezogen.

O entsetzlich, rief die Scudery, als sie sich einigermaßen wieder erholt hatte, o entsetzlich! — Olivier bist du? — der Sohn meiner Anne! — Und jetzt! — Wohl, versetzte Olivier ruhig und gefaßt, wohl, mein würdiges Fräulein, hättet Ihr nimmermehr ahnen können, daß der Knabe, den Ihr wie die zärtlichste Mutter hätscheltet, dem Ihr, auf Euerm Schooß ihn schaukelnd, Näscherei auf Näscherei in den Mund stecktet, dem Ihr

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Zitationshilfe: Hoffmann, E. T. A.: Das Fräulein von Scuderi. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 1. München, [1871], S. [203]–312. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmann_scuderi_1910/71>, abgerufen am 21.11.2024.