Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Vermischte Gedichte.
Ihr seyd nur noch allein/ betrübte/ voller schmertz/
Wo seine liebe kan in euren augen sterben.
Wie aber kan sie wohl/ da sein getreues hertz/
Will einen marmol-sitz in eurer brust erwerben?
Drum denckt: der himmel kan betrüben und erfreun/
Und seuffzer/ wie den plitz der regen-bogen trennen;
Denn weil der selige nun will in freuden brennen/
Wird ihm eur wasser auch vielleicht zuwider seyn;
Nicht aber/ wenn die welt auff seinen leich-stemm schriebe:
Der grund der seligkeit/ ist glaube/ tugend/ liebe.

Vermischte Gedichte.
Ruhestatt der Liebe/
oder
Die Schooß der Geliebten.
BEy diesen brennenden und schwülen sommer-tagen
Ließ Cloris sich einmahl in ihren garten tragen/
Und suchte für den brand der sonnen eine klufft/
Von kühler witterung und schattenreicher lufft.
Sie setzte sich erhitzt bey einem baume nieder/
Und streckte bald darauff die perlen-volle glieder
In das noch frische gras/ geruhiger zu seyn/
Und schlieff auch/ wie sie lag/ halb von der seiten ein.
Ihr alabaster leib war nur mit flor bekleidet/
Und weilen man den zwanck nicht bey der hitze leidet/
Ward ihre blosse brust im grünen klee gespürt/
Die zur gemächligkeit sie eben auffgeschnürt.
Der sanffte westen-wind/ bereit sie abzukühlen/
Ließ seinen othem gleich auff diese wellen spielen/
Und
L 4
Vermiſchte Gedichte.
Ihr ſeyd nur noch allein/ betruͤbte/ voller ſchmertz/
Wo ſeine liebe kan in euren augen ſterben.
Wie aber kan ſie wohl/ da ſein getreues hertz/
Will einen marmol-ſitz in eurer bruſt erwerben?
Drum denckt: der himmel kan betruͤben und erfreun/
Und ſeuffzer/ wie den plitz der regen-bogen trennen;
Denn weil der ſelige nun will in freuden brennen/
Wird ihm eur waſſer auch vielleicht zuwider ſeyn;
Nicht aber/ wenn die welt auff ſeinen leich-ſtem̃ ſchriebe:
Der grund der ſeligkeit/ iſt glaube/ tugend/ liebe.

Vermiſchte Gedichte.
Ruheſtatt der Liebe/
oder
Die Schooß der Geliebten.
BEy dieſen brennenden und ſchwuͤlen ſommer-tagen
Ließ Cloris ſich einmahl in ihren garten tragen/
Und ſuchte fuͤr den brand der ſonnen eine klufft/
Von kuͤhler witterung und ſchattenreicher lufft.
Sie ſetzte ſich erhitzt bey einem baume nieder/
Und ſtreckte bald darauff die perlen-volle glieder
In das noch friſche gras/ geruhiger zu ſeyn/
Und ſchlieff auch/ wie ſie lag/ halb von der ſeiten ein.
Ihr alabaſter leib war nur mit flor bekleidet/
Und weilen man den zwanck nicht bey der hitze leidet/
Ward ihre bloſſe bruſt im gruͤnen klee geſpuͤrt/
Die zur gemaͤchligkeit ſie eben auffgeſchnuͤrt.
Der ſanffte weſten-wind/ bereit ſie abzukuͤhlen/
Ließ ſeinen othem gleich auff dieſe wellen ſpielen/
Und
L 4
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0211" n="167"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg n="23">
            <l>Ihr &#x017F;eyd nur noch allein/ betru&#x0364;bte/ voller &#x017F;chmertz/</l><lb/>
            <l>Wo &#x017F;eine liebe kan in euren augen &#x017F;terben.</l><lb/>
            <l>Wie aber kan &#x017F;ie wohl/ da &#x017F;ein getreues hertz/</l><lb/>
            <l>Will einen marmol-&#x017F;itz in eurer bru&#x017F;t erwerben?</l><lb/>
            <l>Drum denckt: der himmel kan betru&#x0364;ben und erfreun/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;euffzer/ wie den plitz der regen-bogen trennen;</l><lb/>
            <l>Denn weil der &#x017F;elige nun will in freuden brennen/</l><lb/>
            <l>Wird ihm eur wa&#x017F;&#x017F;er auch vielleicht zuwider &#x017F;eyn;</l><lb/>
            <l>Nicht aber/ wenn die welt auff &#x017F;einen leich-&#x017F;tem&#x0303; &#x017F;chriebe:</l><lb/>
            <l>Der grund der &#x017F;eligkeit/ i&#x017F;t glaube/ tugend/ liebe.</l>
          </lg>
        </lg>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Vermi&#x017F;chte Gedichte.</hi> </head><lb/>
        <lg type="poem">
          <head><hi rendition="#b">Ruhe&#x017F;tatt der Liebe/</hi><lb/>
oder<lb/><hi rendition="#b">Die Schooß der Geliebten.</hi></head><lb/>
          <byline> <hi rendition="#c">&#x2020; &#x2020; &#x2020;</hi> </byline><lb/>
          <lg n="1">
            <l><hi rendition="#in">B</hi>Ey die&#x017F;en brennenden und &#x017F;chwu&#x0364;len &#x017F;ommer-tagen</l><lb/>
            <l>Ließ Cloris &#x017F;ich einmahl in ihren garten tragen/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;uchte fu&#x0364;r den brand der &#x017F;onnen eine klufft/</l><lb/>
            <l>Von ku&#x0364;hler witterung und &#x017F;chattenreicher lufft.</l><lb/>
            <l>Sie &#x017F;etzte &#x017F;ich erhitzt bey einem baume nieder/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;treckte bald darauff die perlen-volle glieder</l><lb/>
            <l>In das noch fri&#x017F;che gras/ geruhiger zu &#x017F;eyn/</l><lb/>
            <l>Und &#x017F;chlieff auch/ wie &#x017F;ie lag/ halb von der &#x017F;eiten ein.</l><lb/>
            <l>Ihr alaba&#x017F;ter leib war nur mit flor bekleidet/</l><lb/>
            <l>Und weilen man den zwanck nicht bey der hitze leidet/</l><lb/>
            <l>Ward ihre blo&#x017F;&#x017F;e bru&#x017F;t im gru&#x0364;nen klee ge&#x017F;pu&#x0364;rt/</l><lb/>
            <l>Die zur gema&#x0364;chligkeit &#x017F;ie eben auffge&#x017F;chnu&#x0364;rt.</l><lb/>
            <l>Der &#x017F;anffte we&#x017F;ten-wind/ bereit &#x017F;ie abzuku&#x0364;hlen/</l><lb/>
            <l>Ließ &#x017F;einen othem gleich auff die&#x017F;e wellen &#x017F;pielen/</l><lb/>
            <fw place="bottom" type="sig">L 4</fw>
            <fw place="bottom" type="catch">Und</fw><lb/>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[167/0211] Vermiſchte Gedichte. Ihr ſeyd nur noch allein/ betruͤbte/ voller ſchmertz/ Wo ſeine liebe kan in euren augen ſterben. Wie aber kan ſie wohl/ da ſein getreues hertz/ Will einen marmol-ſitz in eurer bruſt erwerben? Drum denckt: der himmel kan betruͤben und erfreun/ Und ſeuffzer/ wie den plitz der regen-bogen trennen; Denn weil der ſelige nun will in freuden brennen/ Wird ihm eur waſſer auch vielleicht zuwider ſeyn; Nicht aber/ wenn die welt auff ſeinen leich-ſtem̃ ſchriebe: Der grund der ſeligkeit/ iſt glaube/ tugend/ liebe. Vermiſchte Gedichte. Ruheſtatt der Liebe/ oder Die Schooß der Geliebten. † † † BEy dieſen brennenden und ſchwuͤlen ſommer-tagen Ließ Cloris ſich einmahl in ihren garten tragen/ Und ſuchte fuͤr den brand der ſonnen eine klufft/ Von kuͤhler witterung und ſchattenreicher lufft. Sie ſetzte ſich erhitzt bey einem baume nieder/ Und ſtreckte bald darauff die perlen-volle glieder In das noch friſche gras/ geruhiger zu ſeyn/ Und ſchlieff auch/ wie ſie lag/ halb von der ſeiten ein. Ihr alabaſter leib war nur mit flor bekleidet/ Und weilen man den zwanck nicht bey der hitze leidet/ Ward ihre bloſſe bruſt im gruͤnen klee geſpuͤrt/ Die zur gemaͤchligkeit ſie eben auffgeſchnuͤrt. Der ſanffte weſten-wind/ bereit ſie abzukuͤhlen/ Ließ ſeinen othem gleich auff dieſe wellen ſpielen/ Und L 4

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/211
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 167. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/211>, abgerufen am 23.11.2024.