Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

Bild:
<< vorherige Seite
Vorrede.
Wofern die erde taub/ komm du gewünschter tod!
Du ende schwartzer angst/ du port der wilden noth!
Wir ruffen den umsonst/ der die betrübten meidet/
Und nur den geist anfällt/ der keine drangsal leidet.
Kommt ihr/ ihr mörder/ kommt und kühlt den heissen muth/
Die hell-entbrannte rach in dieser adern blut. etc.

So fehlet es ihm auch nicht an scharffsinnigen ge-
dancken und denen so genannten lusibus ingenii.
Pag.
400. im Stuart führet er den könig also re-
dend ein:

Was aber klagt ihr an? Vor gieng ich wenig ein/
Itzt leider! nur zuviel/ und muß verdammet seyn.
Weil ich das schwerd entblöst/ trug ich beschimpffte bande/
Und nun ich frieden will/ laß ich den kopff zum pfande.
Habt ihr zum fürsten mich und könig nicht gekrönt?
Warum denn werd ich mehr als sclaven itzt verhöhnt?
Ich könte frau und kind in wollust bey mir wissen;
Itzt muß ich frau und kind und ruh und friede missen.
Mir schwur mein unterthan: itzt bin ich mehr denn knecht!
Gebt antwort! sprecht frey aus! sind eure sachen recht? etc.

Was man aber am meisten an diesem manne be-
wundern muß/ ist/ daß er in lustigen sachen eben
so glücklich gewesen ist/ als in traurigen. Welches
sein schwärmender schäfer Horribilicribifax,
Dorn-rose und andere wercke gnug bezeugen.

Der Herr von Hoffmannswaldau/ welcher ein
schüler des Opitzes gewesen/ hat ihm doch gantz ei-
nen andern weg/ als Opitz und Gryphius erweh-
let; indem er sich sehr an die Italiäner gehalten/
und die liebliche schreib-art/ welche nunmehr in
Schlesien herrschet/ am ersten eingeführet. Zwar
muß ich gestehen/ daß sein stylus zu Tragoedien
oder heroischen gedichten sich nicht wohl schicken

wür-
b 3
Vorrede.
Wofern die erde taub/ komm du gewuͤnſchter tod!
Du ende ſchwartzer angſt/ du port der wilden noth!
Wir ruffen den umſonſt/ der die betruͤbten meidet/
Und nur den geiſt anfaͤllt/ der keine drangſal leidet.
Kommt ihr/ ihr moͤrder/ kommt und kuͤhlt den heiſſen muth/
Die hell-entbrannte rach in dieſer adern blut. ꝛc.

So fehlet es ihm auch nicht an ſcharffſinnigen ge-
dancken und denen ſo genannten luſibus ingenii.
Pag.
400. im Stuart fuͤhret er den koͤnig alſo re-
dend ein:

Was aber klagt ihr an? Vor gieng ich wenig ein/
Itzt leider! nur zuviel/ und muß verdammet ſeyn.
Weil ich das ſchwerd entbloͤſt/ trug ich beſchimpffte bande/
Und nun ich frieden will/ laß ich den kopff zum pfande.
Habt ihr zum fuͤrſten mich und koͤnig nicht gekroͤnt?
Warum denn werd ich mehr als ſclaven itzt verhoͤhnt?
Ich koͤnte frau und kind in wolluſt bey mir wiſſen;
Itzt muß ich frau und kind und ruh und friede miſſen.
Mir ſchwur mein unterthan: itzt bin ich mehr denn knecht!
Gebt antwort! ſprecht frey aus! ſind eure ſachen recht? ꝛc.

Was man aber am meiſten an dieſem manne be-
wundern muß/ iſt/ daß er in luſtigen ſachen eben
ſo gluͤcklich geweſen iſt/ als in traurigen. Welches
ſein ſchwaͤrmender ſchaͤfer Horribilicribifax,
Dorn-roſe und andere wercke gnug bezeugen.

Der Herr von Hoffmannswaldau/ welcher ein
ſchuͤler des Opitzes geweſen/ hat ihm doch gantz ei-
nen andern weg/ als Opitz und Gryphius erweh-
let; indem er ſich ſehr an die Italiaͤner gehalten/
und die liebliche ſchreib-art/ welche nunmehr in
Schleſien herrſchet/ am erſten eingefuͤhret. Zwar
muß ich geſtehen/ daß ſein ſtylus zu Tragœdien
oder heroiſchen gedichten ſich nicht wohl ſchicken

wuͤr-
b 3
<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0025"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Vorrede.</hi> </fw><lb/>
          <l>Wofern die erde taub/ komm du gewu&#x0364;n&#x017F;chter tod!</l><lb/>
          <l>Du ende &#x017F;chwartzer ang&#x017F;t/ du port der wilden noth!</l><lb/>
          <l>Wir ruffen den um&#x017F;on&#x017F;t/ der die betru&#x0364;bten meidet/</l><lb/>
          <l>Und nur den gei&#x017F;t anfa&#x0364;llt/ der keine drang&#x017F;al leidet.</l><lb/>
          <l>Kommt ihr/ ihr mo&#x0364;rder/ kommt und ku&#x0364;hlt den hei&#x017F;&#x017F;en muth/</l><lb/>
          <l>Die hell-entbrannte rach in die&#x017F;er adern blut. &#xA75B;c.</l>
        </lg><lb/>
        <p>So fehlet es ihm auch nicht an &#x017F;charff&#x017F;innigen ge-<lb/>
dancken und denen &#x017F;o genannten <hi rendition="#aq">lu&#x017F;ibus ingenii.<lb/>
Pag.</hi> 400. im Stuart fu&#x0364;hret er den ko&#x0364;nig al&#x017F;o re-<lb/>
dend ein:</p><lb/>
        <lg type="poem">
          <l>Was aber klagt ihr an? Vor gieng ich wenig ein/</l><lb/>
          <l>Itzt leider! nur zuviel/ und muß verdammet &#x017F;eyn.</l><lb/>
          <l>Weil ich das &#x017F;chwerd entblo&#x0364;&#x017F;t/ trug ich be&#x017F;chimpffte bande/</l><lb/>
          <l>Und nun ich frieden will/ laß ich den kopff zum pfande.</l><lb/>
          <l>Habt ihr zum fu&#x0364;r&#x017F;ten mich und ko&#x0364;nig nicht gekro&#x0364;nt?</l><lb/>
          <l>Warum denn werd ich mehr als &#x017F;claven itzt verho&#x0364;hnt?</l><lb/>
          <l>Ich ko&#x0364;nte frau und kind in wollu&#x017F;t bey mir wi&#x017F;&#x017F;en;</l><lb/>
          <l>Itzt muß ich frau und kind und ruh und friede mi&#x017F;&#x017F;en.</l><lb/>
          <l>Mir &#x017F;chwur mein unterthan: itzt bin ich mehr denn knecht!</l><lb/>
          <l>Gebt antwort! &#x017F;precht frey aus! &#x017F;ind eure &#x017F;achen recht? &#xA75B;c.</l>
        </lg><lb/>
        <p>Was man aber am mei&#x017F;ten an die&#x017F;em manne be-<lb/>
wundern muß/ i&#x017F;t/ daß er in lu&#x017F;tigen &#x017F;achen eben<lb/>
&#x017F;o glu&#x0364;cklich gewe&#x017F;en i&#x017F;t/ als in traurigen. Welches<lb/>
&#x017F;ein &#x017F;chwa&#x0364;rmender &#x017F;cha&#x0364;fer <hi rendition="#aq">Horribilicribifax,</hi><lb/>
Dorn-ro&#x017F;e und andere wercke gnug bezeugen.</p><lb/>
        <p>Der Herr von Hoffmannswaldau/ welcher ein<lb/>
&#x017F;chu&#x0364;ler des Opitzes gewe&#x017F;en/ hat ihm doch gantz ei-<lb/>
nen andern weg/ als Opitz und <hi rendition="#aq">Gryphius</hi> erweh-<lb/>
let; indem er &#x017F;ich &#x017F;ehr an die Italia&#x0364;ner gehalten/<lb/>
und die liebliche &#x017F;chreib-art/ welche nunmehr in<lb/>
Schle&#x017F;ien herr&#x017F;chet/ am er&#x017F;ten eingefu&#x0364;hret. Zwar<lb/>
muß ich ge&#x017F;tehen/ daß &#x017F;ein <hi rendition="#aq">&#x017F;tylus</hi> zu <hi rendition="#aq">Trag&#x0153;di</hi>en<lb/>
oder heroi&#x017F;chen gedichten &#x017F;ich nicht wohl &#x017F;chicken<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">b 3</fw>
 <fw place="bottom" type="catch">wu&#x0364;r-</fw><lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[0025] Vorrede. Wofern die erde taub/ komm du gewuͤnſchter tod! Du ende ſchwartzer angſt/ du port der wilden noth! Wir ruffen den umſonſt/ der die betruͤbten meidet/ Und nur den geiſt anfaͤllt/ der keine drangſal leidet. Kommt ihr/ ihr moͤrder/ kommt und kuͤhlt den heiſſen muth/ Die hell-entbrannte rach in dieſer adern blut. ꝛc. So fehlet es ihm auch nicht an ſcharffſinnigen ge- dancken und denen ſo genannten luſibus ingenii. Pag. 400. im Stuart fuͤhret er den koͤnig alſo re- dend ein: Was aber klagt ihr an? Vor gieng ich wenig ein/ Itzt leider! nur zuviel/ und muß verdammet ſeyn. Weil ich das ſchwerd entbloͤſt/ trug ich beſchimpffte bande/ Und nun ich frieden will/ laß ich den kopff zum pfande. Habt ihr zum fuͤrſten mich und koͤnig nicht gekroͤnt? Warum denn werd ich mehr als ſclaven itzt verhoͤhnt? Ich koͤnte frau und kind in wolluſt bey mir wiſſen; Itzt muß ich frau und kind und ruh und friede miſſen. Mir ſchwur mein unterthan: itzt bin ich mehr denn knecht! Gebt antwort! ſprecht frey aus! ſind eure ſachen recht? ꝛc. Was man aber am meiſten an dieſem manne be- wundern muß/ iſt/ daß er in luſtigen ſachen eben ſo gluͤcklich geweſen iſt/ als in traurigen. Welches ſein ſchwaͤrmender ſchaͤfer Horribilicribifax, Dorn-roſe und andere wercke gnug bezeugen. Der Herr von Hoffmannswaldau/ welcher ein ſchuͤler des Opitzes geweſen/ hat ihm doch gantz ei- nen andern weg/ als Opitz und Gryphius erweh- let; indem er ſich ſehr an die Italiaͤner gehalten/ und die liebliche ſchreib-art/ welche nunmehr in Schleſien herrſchet/ am erſten eingefuͤhret. Zwar muß ich geſtehen/ daß ſein ſtylus zu Tragœdien oder heroiſchen gedichten ſich nicht wohl ſchicken wuͤr- b 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/25
Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/25>, abgerufen am 21.11.2024.