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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Als dich der tag gezeugt. Zwar diese meynung scheint
Mir nicht so ungereimt/ weil sie dich nicht verkleint/
Auch keines mangel zeugt. Daß du vom himmel kommen/
Und von den Göttern hast dein wesend thun genommen/
Trifft mit der gottheit ein. So ist auch weil die welt
Diß weit-umarmtes all wird durch den tag erhellt/
Dein wesen schon gewest. Doch scheinet unter allen
Mir keine meynung mehr/ als derer/ zugefallen/
Die deinen stamm erzehln; Daß die geschwellte flut
Des blau-gesaltznen schaums/ geschwängert durch das blut/
Des himmels saamen sey/ als aus erzürnten wüten/
Saturnus sichel ihm das manns-glied abgeschnitten/
So wär es durch die lufft gefallen in die see/
Und aus erregtem schaum sey unsre Ziprie
Entsprossen in der flut. Diß machet uns zu wissen/
Warum die Griechen erst dich Aphrodite hiessen.
Gewißlich/ saltz und schaum kömmt deiner eigenschafft
Und würckung ziemlich bey. Wo würde krafft und safft
Die säuge mutter sonst vor ihre früchte nehmen?
Wie würde pflantz und thier sonst ihre seele sämen/
Und was durch die geburt/ die ewigkeit der welt
Für ihrem untergang und letzten nichts erhält?
Wo würde frucht und brut/ und alles marck der erden
In der versiegnen art gezeuget können werden/
Bey mangel deiner glut? Ich schweige was von ihr
Du schönes meer-schaums-kind/ die milde mutter dir
Noch sonst hat beygepflantz. Daß dieses alles alle
Nicht stracks in einem nu in einem klumpen falle/
Hält deine gutthat auff. Noch eines fällt mir bey:
Warum das saltz-glaß auch noch sonst dir ähnlich sey.
Denn wie das grüne saltz bald an des monden gläntzen/
Bald gar sich schwellt empor zu Ariadnens kräntzen/
Bald gar in abgrund fällt/ wenn bald der laue west/
Bald süd' und nord darauff mit starcken backen bläst.
So gleicht auch dein bestand den unbeständgen wellen/
Die bald das liebes-schiff mit saurem sturm anbellen/
Bald durch erwünschten wind in einen hafen führn/
Um den manch fremder mast muß jahr und tag verliehrn/
Und doch zu scheitern gehn. Ja unser lieben lehret/
Daß Acidalie dem wasser angehöret;
Denn lieben ist nichts mehr/ als eine schifferey/
Das schiff ist unser hertz/ den seilen kommen bey
Die sinn-verwirrungen. Das meer ist unser leben/
Die liebes-wellen sind die angst/ in der wir schweben/

Die
P 4

Vermiſchte Gedichte.
Als dich der tag gezeugt. Zwar dieſe meynung ſcheint
Mir nicht ſo ungereimt/ weil ſie dich nicht verkleint/
Auch keines mangel zeugt. Daß du vom himmel kommen/
Und von den Goͤttern haſt dein weſend thun genommen/
Trifft mit der gottheit ein. So iſt auch weil die welt
Diß weit-umarmtes all wird durch den tag erhellt/
Dein weſen ſchon geweſt. Doch ſcheinet unter allen
Mir keine meynung mehr/ als derer/ zugefallen/
Die deinen ſtamm erzehln; Daß die geſchwellte flut
Des blau-geſaltznen ſchaums/ geſchwaͤngert durch das blut/
Des himmels ſaamen ſey/ als aus erzuͤrnten wuͤten/
Saturnus ſichel ihm das manns-glied abgeſchnitten/
So waͤr es durch die lufft gefallen in die ſee/
Und aus erregtem ſchaum ſey unſre Ziprie
Entſproſſen in der flut. Diß machet uns zu wiſſen/
Warum die Griechen erſt dich Aphrodite hieſſen.
Gewißlich/ ſaltz und ſchaum koͤmmt deiner eigenſchafft
Und wuͤrckung ziemlich bey. Wo wuͤrde krafft und ſafft
Die ſaͤuge mutter ſonſt vor ihre fruͤchte nehmen?
Wie wuͤrde pflantz und thier ſonſt ihre ſeele ſaͤmen/
Und was durch die geburt/ die ewigkeit der welt
Fuͤr ihrem untergang und letzten nichts erhaͤlt?
Wo wuͤrde frucht und brut/ und alles marck der erden
In der verſiegnen art gezeuget koͤnnen werden/
Bey mangel deiner glut? Ich ſchweige was von ihr
Du ſchoͤnes meer-ſchaums-kind/ die milde mutter dir
Noch ſonſt hat beygepflantz. Daß dieſes alles alle
Nicht ſtracks in einem nu in einem klumpen falle/
Haͤlt deine gutthat auff. Noch eines faͤllt mir bey:
Warum das ſaltz-glaß auch noch ſonſt dir aͤhnlich ſey.
Denn wie das gruͤne ſaltz bald an des monden glaͤntzen/
Bald gar ſich ſchwellt empor zu Ariadnens kraͤntzen/
Bald gar in abgrund faͤllt/ wenn bald der laue weſt/
Bald ſuͤd’ und nord darauff mit ſtarcken backen blaͤſt.
So gleicht auch dein beſtand den unbeſtaͤndgen wellen/
Die bald das liebes-ſchiff mit ſaurem ſturm anbellen/
Bald durch erwuͤnſchten wind in einen hafen fuͤhrn/
Um den manch fremder maſt muß jahr und tag verliehrn/
Und doch zu ſcheitern gehn. Ja unſer lieben lehret/
Daß Acidalie dem waſſer angehoͤret;
Denn lieben iſt nichts mehr/ als eine ſchifferey/
Das ſchiff iſt unſer hertz/ den ſeilen kommen bey
Die ſinn-verwirrungen. Das meer iſt unſer leben/
Die liebes-wellen ſind die angſt/ in der wir ſchweben/

Die
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[231/0275] Vermiſchte Gedichte. Als dich der tag gezeugt. Zwar dieſe meynung ſcheint Mir nicht ſo ungereimt/ weil ſie dich nicht verkleint/ Auch keines mangel zeugt. Daß du vom himmel kommen/ Und von den Goͤttern haſt dein weſend thun genommen/ Trifft mit der gottheit ein. So iſt auch weil die welt Diß weit-umarmtes all wird durch den tag erhellt/ Dein weſen ſchon geweſt. Doch ſcheinet unter allen Mir keine meynung mehr/ als derer/ zugefallen/ Die deinen ſtamm erzehln; Daß die geſchwellte flut Des blau-geſaltznen ſchaums/ geſchwaͤngert durch das blut/ Des himmels ſaamen ſey/ als aus erzuͤrnten wuͤten/ Saturnus ſichel ihm das manns-glied abgeſchnitten/ So waͤr es durch die lufft gefallen in die ſee/ Und aus erregtem ſchaum ſey unſre Ziprie Entſproſſen in der flut. Diß machet uns zu wiſſen/ Warum die Griechen erſt dich Aphrodite hieſſen. Gewißlich/ ſaltz und ſchaum koͤmmt deiner eigenſchafft Und wuͤrckung ziemlich bey. Wo wuͤrde krafft und ſafft Die ſaͤuge mutter ſonſt vor ihre fruͤchte nehmen? Wie wuͤrde pflantz und thier ſonſt ihre ſeele ſaͤmen/ Und was durch die geburt/ die ewigkeit der welt Fuͤr ihrem untergang und letzten nichts erhaͤlt? Wo wuͤrde frucht und brut/ und alles marck der erden In der verſiegnen art gezeuget koͤnnen werden/ Bey mangel deiner glut? Ich ſchweige was von ihr Du ſchoͤnes meer-ſchaums-kind/ die milde mutter dir Noch ſonſt hat beygepflantz. Daß dieſes alles alle Nicht ſtracks in einem nu in einem klumpen falle/ Haͤlt deine gutthat auff. Noch eines faͤllt mir bey: Warum das ſaltz-glaß auch noch ſonſt dir aͤhnlich ſey. Denn wie das gruͤne ſaltz bald an des monden glaͤntzen/ Bald gar ſich ſchwellt empor zu Ariadnens kraͤntzen/ Bald gar in abgrund faͤllt/ wenn bald der laue weſt/ Bald ſuͤd’ und nord darauff mit ſtarcken backen blaͤſt. So gleicht auch dein beſtand den unbeſtaͤndgen wellen/ Die bald das liebes-ſchiff mit ſaurem ſturm anbellen/ Bald durch erwuͤnſchten wind in einen hafen fuͤhrn/ Um den manch fremder maſt muß jahr und tag verliehrn/ Und doch zu ſcheitern gehn. Ja unſer lieben lehret/ Daß Acidalie dem waſſer angehoͤret; Denn lieben iſt nichts mehr/ als eine ſchifferey/ Das ſchiff iſt unſer hertz/ den ſeilen kommen bey Die ſinn-verwirrungen. Das meer iſt unſer leben/ Die liebes-wellen ſind die angſt/ in der wir ſchweben/ Die P 4

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/275>, abgerufen am 26.11.2024.