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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vermischte Gedichte.
Den langen halß hervor/ weil das gedränge nicht
Sie sich dir nähern ließ; das helle tage licht/
Die sonne konte selbst nicht dringen mit den flammen
Durch dieses sommer-hauß/ so dichte war zusammen
Geflochten zweig und zweig/ wenn nicht der laue west/
Der mit den wipffeln spielt/ und durch die blätter bläst/
Wo einen ast auffhub. Weil keiner morgenröthen/
Ja keiner sonnen nicht/ kein tag nicht ist von nöthen/
Wo du/ o sonne/ bist/ du/ ohne dir der tag
Kein tag ist/ ohne dir die sonne selber mag
Kein licht geheissen seyn; du/ ohne derer hitze
Die flammen selber friern. Kein stern war hier nicht nütze/
Weil tausend blumen hier den sternen giengen für.
Kein himmel that hier noth/ weil dieses ortes zier
Mehr als ein himmel war/ für dessen stern geblümen
Der himmel schwerlich sich darff einen himmel rühmen.
Hier/ wo auff smirgeln man die morgenröthe fand/
Wo ein schön milchern weg schnee-weiß von liljen stand/
Wo man sah veilgen stehn/ bethaut mit perlen-kräntzen/
Wo fetter klee auffgieng/ wo sich der sand auffschwellt/
Und von narcissen schwamm/ da war das sternen-feld
Der blumen-himmel recht. Wird oben hoch gepriesen
Die sonne? so stand hier die sonne grüner wiesen/
Die rose; leuchtet dort des monden weisser kreyß?
Hier sternte noch so schön der tulipanen preiß.
Gläntzt Berenicens haar an den bestirnten zimmern?
So sehe man mit thau und bienen zucker schimmern
Der erden haar/ das graß. Hier war der gantzen welt
Begriff und meister-werck. Hier war das frühlings-zelt
Der Cloris/ und das horn der reichsten amatheen;
Hier sprungen qvelln empor/ und bäder der Napeen;
Die schwanen stimmten hier mit einer nachtigall
Dir ein geburts-lied an. Es war hier überall
Zugleiche lentz und herbst; der wald trug blüt und früchte;
Der tannen-baum trug oel/ das hertz der wilden fichte/
War süsser bienen-safft; die fette kieffer stand
Mit pommerantzen schwer; das schilfftrug zuckerkand.
Der eich-wald himmel-brod/ die kletten-sträuche sandeln/
Der schleedorn truge wein/ die hasel-staude mandeln/
Die disteln tausendschön/ der nessel-strauch gebahr
Thal-liljen/ balsam-kraut; die wiesen wurden gar
Zu purpur und scharlach; die berge roßmarinen/
Ihr mooß zu majoran/ da durch der Ericinen

De[n]

Vermiſchte Gedichte.
Den langen halß hervor/ weil das gedraͤnge nicht
Sie ſich dir naͤhern ließ; das helle tage licht/
Die ſonne konte ſelbſt nicht dringen mit den flammen
Durch dieſes ſommer-hauß/ ſo dichte war zuſammen
Geflochten zweig und zweig/ wenn nicht der laue weſt/
Der mit den wipffeln ſpielt/ und durch die blaͤtter blaͤſt/
Wo einen aſt auffhub. Weil keiner morgenroͤthen/
Ja keiner ſonnen nicht/ kein tag nicht iſt von noͤthen/
Wo du/ o ſonne/ biſt/ du/ ohne dir der tag
Kein tag iſt/ ohne dir die ſonne ſelber mag
Kein licht geheiſſen ſeyn; du/ ohne derer hitze
Die flammen ſelber friern. Kein ſtern war hier nicht nuͤtze/
Weil tauſend blumen hier den ſternen giengen fuͤr.
Kein himmel that hier noth/ weil dieſes ortes zier
Mehr als ein himmel war/ fuͤr deſſen ſtern gebluͤmen
Der himmel ſchwerlich ſich darff einen himmel ruͤhmen.
Hier/ wo auff ſmirgeln man die morgenroͤthe fand/
Wo ein ſchoͤn milchern weg ſchnee-weiß von liljen ſtand/
Wo man ſah veilgen ſtehn/ bethaut mit perlen-kraͤntzen/
Wo fetter klee auffgieng/ wo ſich der ſand auffſchwellt/
Und von narciſſen ſchwamm/ da war das ſternen-feld
Der blumen-himmel recht. Wird oben hoch geprieſen
Die ſonne? ſo ſtand hier die ſonne gruͤner wieſen/
Die roſe; leuchtet dort des monden weiſſer kreyß?
Hier ſternte noch ſo ſchoͤn der tulipanen preiß.
Glaͤntzt Berenicens haar an den beſtirnten zimmern?
So ſehe man mit thau und bienen zucker ſchimmern
Der erden haar/ das graß. Hier war der gantzen welt
Begriff und meiſter-werck. Hier war das fruͤhlings-zelt
Der Cloris/ und das horn der reichſten amatheen;
Hier ſprungen qvelln empor/ und baͤder der Napeen;
Die ſchwanen ſtimmten hier mit einer nachtigall
Dir ein geburts-lied an. Es war hier uͤberall
Zugleiche lentz und herbſt; der wald trug bluͤt und fruͤchte;
Der tannen-baum trug oel/ das hertz der wilden fichte/
War ſuͤſſer bienen-ſafft; die fette kieffer ſtand
Mit pommerantzen ſchwer; das ſchilfftrug zuckerkand.
Der eich-wald himmel-brod/ die kletten-ſtraͤuche ſandeln/
Der ſchleedorn truge wein/ die haſel-ſtaude mandeln/
Die diſteln tauſendſchoͤn/ der neſſel-ſtrauch gebahr
Thal-liljen/ balſam-kraut; die wieſen wurden gar
Zu purpur und ſcharlach; die berge roßmarinen/
Ihr mooß zu majoran/ da durch der Ericinen

De[n]
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[236/0280] Vermiſchte Gedichte. Den langen halß hervor/ weil das gedraͤnge nicht Sie ſich dir naͤhern ließ; das helle tage licht/ Die ſonne konte ſelbſt nicht dringen mit den flammen Durch dieſes ſommer-hauß/ ſo dichte war zuſammen Geflochten zweig und zweig/ wenn nicht der laue weſt/ Der mit den wipffeln ſpielt/ und durch die blaͤtter blaͤſt/ Wo einen aſt auffhub. Weil keiner morgenroͤthen/ Ja keiner ſonnen nicht/ kein tag nicht iſt von noͤthen/ Wo du/ o ſonne/ biſt/ du/ ohne dir der tag Kein tag iſt/ ohne dir die ſonne ſelber mag Kein licht geheiſſen ſeyn; du/ ohne derer hitze Die flammen ſelber friern. Kein ſtern war hier nicht nuͤtze/ Weil tauſend blumen hier den ſternen giengen fuͤr. Kein himmel that hier noth/ weil dieſes ortes zier Mehr als ein himmel war/ fuͤr deſſen ſtern gebluͤmen Der himmel ſchwerlich ſich darff einen himmel ruͤhmen. Hier/ wo auff ſmirgeln man die morgenroͤthe fand/ Wo ein ſchoͤn milchern weg ſchnee-weiß von liljen ſtand/ Wo man ſah veilgen ſtehn/ bethaut mit perlen-kraͤntzen/ Wo fetter klee auffgieng/ wo ſich der ſand auffſchwellt/ Und von narciſſen ſchwamm/ da war das ſternen-feld Der blumen-himmel recht. Wird oben hoch geprieſen Die ſonne? ſo ſtand hier die ſonne gruͤner wieſen/ Die roſe; leuchtet dort des monden weiſſer kreyß? Hier ſternte noch ſo ſchoͤn der tulipanen preiß. Glaͤntzt Berenicens haar an den beſtirnten zimmern? So ſehe man mit thau und bienen zucker ſchimmern Der erden haar/ das graß. Hier war der gantzen welt Begriff und meiſter-werck. Hier war das fruͤhlings-zelt Der Cloris/ und das horn der reichſten amatheen; Hier ſprungen qvelln empor/ und baͤder der Napeen; Die ſchwanen ſtimmten hier mit einer nachtigall Dir ein geburts-lied an. Es war hier uͤberall Zugleiche lentz und herbſt; der wald trug bluͤt und fruͤchte; Der tannen-baum trug oel/ das hertz der wilden fichte/ War ſuͤſſer bienen-ſafft; die fette kieffer ſtand Mit pommerantzen ſchwer; das ſchilfftrug zuckerkand. Der eich-wald himmel-brod/ die kletten-ſtraͤuche ſandeln/ Der ſchleedorn truge wein/ die haſel-ſtaude mandeln/ Die diſteln tauſendſchoͤn/ der neſſel-ſtrauch gebahr Thal-liljen/ balſam-kraut; die wieſen wurden gar Zu purpur und ſcharlach; die berge roßmarinen/ Ihr mooß zu majoran/ da durch der Ericinen Den

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. 236. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/280>, abgerufen am 26.11.2024.