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Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695.

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Vorrede.

Und part. 2. p. 1420. beschreibet er die annehmlig-
keit der liebe solcher gestalt:

Wenn so viel zucker wär/ als schnee/
Und so viel bienen/ als der fliegen;
Wenn alle berge Hyblens klee/
Und des Hymettus kräuter trügen/
Aus allen eichen trieff' ein honig von Athen/
Und man auff dörnern nichts als feigen sähe stehn;
Wenn milch in allen ströhmen fließ'/
Und reben-safft aus allen qvellen;
Wenn alle schleen wären süß/
Im meere lauter nectar-wellen;
Wenn nur jaßminen-oel der wolcken nässe wär/
Der monde nichts als thau von zimmet flößte her;
Wenn die gestirne schwitzten safft/
Der Würtz und balsam überstiege/
Und dieser süßigkeiten krafft/
In einen geist und kern gediege/
So würde dieser doch bey liebe wermuth seyn:
Denn diese zuckert auch das bittre sterben ein.

Dieses sind nur die geringsten seiner scharffsin-
nigen gedancken/ und wer ihm die zeit nehmen
will/ die geschichte des Arminius durchzublät-
tern/ wird deren wohl tausend finden. Es ist nur
schade/ daß dieser ungemeine mann über dem
schlusse seines werckes sterben müssen/ und solches
nebst seinen andern schrifften nicht noch einmahl ü-
bersehen können. Denn was ihn etliche beschuldi-
gen/ daß er an vielen örtern zu hart/ oder auch gar zu
gelehrt geschrieben/ würde ohne zweifel schon längst
geändert seyn/ wenn ihm die zeit und geschäffte an
ausputzung dieser seiner geburten nicht stets gehin-
dert hätten. So aber hat man sie dem leser so lie-

fern
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Vorrede.

Und part. 2. p. 1420. beſchreibet er die annehmlig-
keit der liebe ſolcher geſtalt:

Wenn ſo viel zucker waͤr/ als ſchnee/
Und ſo viel bienen/ als der fliegen;
Wenn alle berge Hyblens klee/
Und des Hymettus kraͤuter truͤgen/
Aus allen eichen trieff’ ein honig von Athen/
Und man auff doͤrnern nichts als feigen ſaͤhe ſtehn;
Wenn milch in allen ſtroͤhmen fließ’/
Und reben-ſafft aus allen qvellen;
Wenn alle ſchleen waͤren ſuͤß/
Im meere lauter nectar-wellen;
Wenn nur jaßminen-oel der wolcken naͤſſe waͤr/
Der monde nichts als thau von zimmet floͤßte her;
Wenn die geſtirne ſchwitzten ſafft/
Der Wuͤrtz und balſam uͤberſtiege/
Und dieſer ſuͤßigkeiten krafft/
In einen geiſt und kern gediege/
So wuͤrde dieſer doch bey liebe wermuth ſeyn:
Denn dieſe zuckert auch das bittre ſterben ein.

Dieſes ſind nur die geringſten ſeiner ſcharffſin-
nigen gedancken/ und wer ihm die zeit nehmen
will/ die geſchichte des Arminius durchzublaͤt-
tern/ wird deren wohl tauſend finden. Es iſt nur
ſchade/ daß dieſer ungemeine mann uͤber dem
ſchluſſe ſeines werckes ſterben muͤſſen/ und ſolches
nebſt ſeinen andern ſchrifften nicht noch einmahl uͤ-
berſehen koͤnnen. Denn was ihn etliche beſchuldi-
gen/ daß er an vielen oͤrtern zu hart/ oder auch gar zu
gelehrt geſchrieben/ wuͤrde ohne zweifel ſchon laͤngſt
geaͤndert ſeyn/ wenn ihm die zeit und geſchaͤffte an
ausputzung dieſer ſeiner geburten nicht ſtets gehin-
dert haͤtten. So aber hat man ſie dem leſer ſo lie-

fern
b 5
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[0029] Vorrede. Und part. 2. p. 1420. beſchreibet er die annehmlig- keit der liebe ſolcher geſtalt: Wenn ſo viel zucker waͤr/ als ſchnee/ Und ſo viel bienen/ als der fliegen; Wenn alle berge Hyblens klee/ Und des Hymettus kraͤuter truͤgen/ Aus allen eichen trieff’ ein honig von Athen/ Und man auff doͤrnern nichts als feigen ſaͤhe ſtehn; Wenn milch in allen ſtroͤhmen fließ’/ Und reben-ſafft aus allen qvellen; Wenn alle ſchleen waͤren ſuͤß/ Im meere lauter nectar-wellen; Wenn nur jaßminen-oel der wolcken naͤſſe waͤr/ Der monde nichts als thau von zimmet floͤßte her; Wenn die geſtirne ſchwitzten ſafft/ Der Wuͤrtz und balſam uͤberſtiege/ Und dieſer ſuͤßigkeiten krafft/ In einen geiſt und kern gediege/ So wuͤrde dieſer doch bey liebe wermuth ſeyn: Denn dieſe zuckert auch das bittre ſterben ein. Dieſes ſind nur die geringſten ſeiner ſcharffſin- nigen gedancken/ und wer ihm die zeit nehmen will/ die geſchichte des Arminius durchzublaͤt- tern/ wird deren wohl tauſend finden. Es iſt nur ſchade/ daß dieſer ungemeine mann uͤber dem ſchluſſe ſeines werckes ſterben muͤſſen/ und ſolches nebſt ſeinen andern ſchrifften nicht noch einmahl uͤ- berſehen koͤnnen. Denn was ihn etliche beſchuldi- gen/ daß er an vielen oͤrtern zu hart/ oder auch gar zu gelehrt geſchrieben/ wuͤrde ohne zweifel ſchon laͤngſt geaͤndert ſeyn/ wenn ihm die zeit und geſchaͤffte an ausputzung dieſer ſeiner geburten nicht ſtets gehin- dert haͤtten. So aber hat man ſie dem leſer ſo lie- fern b 5

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Zitationshilfe: Hoffmannswaldau, Christian Hoffmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. [Bd. 1]. Leipzig, 1695, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte01_1695/29>, abgerufen am 21.11.2024.