Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite
Sinn-Gedichte.
Eines Findlings.
JCh ward ein kind/ und doch ward ich nie kind genennet/
Weil ich die eltern nie und sie mich nicht erkennet.
Letzt nahm die erde mich/ als aller mutter/ auff/
Jch fand im sterben diß/ was nicht im lebenslauff.


Eines bräutigams.
WJe meiner hoffnung schiff gleich glücklich solte landen/
So must es bey dem port ohn alle hülffe stranden.
Der tod nahms leben mir/ wie ich auff hochzeit dachte/
Jn lauter freuden schwamm/ und braut-caleuder machte.


Eines bequemen mannes.
MJr hat das trincken mehr/ als lieben/ freude bracht/
Weil dieses kräffte nahm/ und jenes stärcke macht:
Doch ist mein weib dabey nicht unvergnügt geblieben/
Sie ließ mir frey den trunck/ ich ließ ihr frey das lieben.
Jtem.
DU/ der du gehst vorbey/ vergönne mir die ruh!
Jch war ein guter mann/ der krum gieng und gebücket/
Von solcher last beschwert/ die drückt und nicht erdrücket/
Als ich nahm unten ab/ so nahm ich oben zu.
Jtem.
NJemand der klage ja das glücke fälschlich an/
Daß es zu sparsam sey mit allen seinen gaben/
Die crone/ die ich trug/ ist ohne müh zu haben/
Weil sie ein freundlich weib im schlaff erwerben kan.
Jtem
J 3
Sinn-Gedichte.
Eines Findlings.
JCh ward ein kind/ und doch ward ich nie kind genennet/
Weil ich die eltern nie und ſie mich nicht erkennet.
Letzt nahm die erde mich/ als aller mutter/ auff/
Jch fand im ſterben diß/ was nicht im lebenslauff.


Eines braͤutigams.
WJe meiner hoffnung ſchiff gleich gluͤcklich ſolte landen/
So muſt es bey dem port ohn alle huͤlffe ſtranden.
Der tod nahms leben mir/ wie ich auff hochzeit dachte/
Jn lauter freuden ſchwamm/ und braut-caleuder machte.


Eines bequemen mannes.
MJr hat das trincken mehr/ als lieben/ freude bracht/
Weil dieſes kraͤffte nahm/ und jenes ſtaͤrcke macht:
Doch iſt mein weib dabey nicht unvergnuͤgt geblieben/
Sie ließ mir frey den trunck/ ich ließ ihr frey das lieben.
Jtem.
DU/ der du gehſt vorbey/ vergoͤnne mir die ruh!
Jch war ein guter mann/ der krum gieng und gebuͤcket/
Von ſolcher laſt beſchwert/ die druͤckt und nicht erdruͤcket/
Als ich nahm unten ab/ ſo nahm ich oben zu.
Jtem.
NJemand der klage ja das gluͤcke faͤlſchlich an/
Daß es zu ſparſam ſey mit allen ſeinen gaben/
Die crone/ die ich trug/ iſt ohne muͤh zu haben/
Weil ſie ein freundlich weib im ſchlaff erwerben kan.
Jtem
J 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0149" n="133"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Sinn-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr">Eines Findlings.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">J</hi>Ch ward ein kind/ und doch ward ich nie kind genennet/</l><lb/>
            <l>Weil ich die eltern nie und &#x017F;ie mich nicht erkennet.</l><lb/>
            <l>Letzt nahm die erde mich/ als aller mutter/ auff/</l><lb/>
            <l>Jch fand im &#x017F;terben diß/ was nicht im lebenslauff.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr">Eines bra&#x0364;utigams.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">W</hi>Je meiner hoffnung &#x017F;chiff gleich glu&#x0364;cklich &#x017F;olte landen/</l><lb/>
            <l>So mu&#x017F;t es bey dem port ohn alle hu&#x0364;lffe &#x017F;tranden.</l><lb/>
            <l>Der tod nahms leben mir/ wie ich auff hochzeit dachte/</l><lb/>
            <l>Jn lauter freuden &#x017F;chwamm/ und braut-caleuder machte.</l>
          </lg><lb/>
          <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr">Eines bequemen mannes.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">M</hi>Jr hat das trincken mehr/ als lieben/ freude bracht/</l><lb/>
            <l>Weil die&#x017F;es kra&#x0364;ffte nahm/ und jenes &#x017F;ta&#x0364;rcke macht:</l><lb/>
            <l>Doch i&#x017F;t mein weib dabey nicht unvergnu&#x0364;gt geblieben/</l><lb/>
            <l>Sie ließ mir frey den trunck/ ich ließ ihr frey das lieben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr">Jtem.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">D</hi>U/ der du geh&#x017F;t vorbey/ vergo&#x0364;nne mir die ruh!</l><lb/>
            <l>Jch war ein guter mann/ der krum gieng und gebu&#x0364;cket/</l><lb/>
            <l>Von &#x017F;olcher la&#x017F;t be&#x017F;chwert/ die dru&#x0364;ckt und nicht erdru&#x0364;cket/</l><lb/>
            <l>Als ich nahm unten ab/ &#x017F;o nahm ich oben zu.</l>
          </lg><lb/>
          <lg type="poem">
            <head> <hi rendition="#fr">Jtem.</hi> </head><lb/>
            <l><hi rendition="#in">N</hi>Jemand der klage ja das glu&#x0364;cke fa&#x0364;l&#x017F;chlich an/</l><lb/>
            <l>Daß es zu &#x017F;par&#x017F;am &#x017F;ey mit allen &#x017F;einen gaben/</l><lb/>
            <l>Die crone/ die ich trug/ i&#x017F;t ohne mu&#x0364;h zu haben/</l><lb/>
            <l>Weil &#x017F;ie ein freundlich weib im &#x017F;chlaff erwerben kan.</l>
          </lg><lb/>
          <fw place="bottom" type="sig">J 3</fw>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#fr">Jtem</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[133/0149] Sinn-Gedichte. Eines Findlings. JCh ward ein kind/ und doch ward ich nie kind genennet/ Weil ich die eltern nie und ſie mich nicht erkennet. Letzt nahm die erde mich/ als aller mutter/ auff/ Jch fand im ſterben diß/ was nicht im lebenslauff. Eines braͤutigams. WJe meiner hoffnung ſchiff gleich gluͤcklich ſolte landen/ So muſt es bey dem port ohn alle huͤlffe ſtranden. Der tod nahms leben mir/ wie ich auff hochzeit dachte/ Jn lauter freuden ſchwamm/ und braut-caleuder machte. Eines bequemen mannes. MJr hat das trincken mehr/ als lieben/ freude bracht/ Weil dieſes kraͤffte nahm/ und jenes ſtaͤrcke macht: Doch iſt mein weib dabey nicht unvergnuͤgt geblieben/ Sie ließ mir frey den trunck/ ich ließ ihr frey das lieben. Jtem. DU/ der du gehſt vorbey/ vergoͤnne mir die ruh! Jch war ein guter mann/ der krum gieng und gebuͤcket/ Von ſolcher laſt beſchwert/ die druͤckt und nicht erdruͤcket/ Als ich nahm unten ab/ ſo nahm ich oben zu. Jtem. NJemand der klage ja das gluͤcke faͤlſchlich an/ Daß es zu ſparſam ſey mit allen ſeinen gaben/ Die crone/ die ich trug/ iſt ohne muͤh zu haben/ Weil ſie ein freundlich weib im ſchlaff erwerben kan. Jtem J 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/149
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 133. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/149>, abgerufen am 22.11.2024.