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Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

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Hochzeit-Gedichte.
Du pflagst dem himmel gleich dich endlich zu erbarmen;
Nach dem du mir das joch der fessel angethan.
Doch laß dich scham und furcht nur länger nicht verweilen:
Es ist ein himmlisch werck: die matten seelen heilen.
Mein engel röthe nicht die unentweihte wangen/
Und lieffre willig mir den werthen jungfern-crantz.
Ach wünsche länger nicht in solcher zier zu prangen/
Es ist ein falscher schmuck/ und ein geschminckter glantz.
Verwirff die mürbe pracht/ die zwar die scheitel schmücket/
Und doch die freyheit nur mit centner-lasten drücket.
Bedencke nur vielmehr du/ meine werthe taube/
Wie du der Venus magst geschickt entgegen gehn.
Es wird dir/ liebster schatz/ die süsse frauen-haube/
Mehr als du selber denckst/ gesichert/ artig stehn;
Drum schaue nur getrost die zarten blumen beugen/
Weil doch ein Phönix soll aus ihrer asche steigen.
Verwirff das rauhe pfand der unerfahrnen sitten/
Und lerne was die glut der warmen adern will.
Es schaut der strenge crantz genau nach allen tritten/
Und setzt der jungferschafft ein gar zu enges ziel.
Wie kan ein wespen-stich die blumen leicht verletzen/
Und ein erhitzter strahl sie aller zier entsetzen!
Drum ach beseuffze nicht du engel meine liebe/
Und achte meinen kuß vor keine galle nicht;
Der beste nectar-safft schmeckt in der ersten trübe/
Gnug/ daß man auch zugleich von dornen rosen bricht.
Dann pflegt das gröste leid die beste lust zu machen/
Wenn man nach kurtzem weh die seuffzer kan belachen.
Nun schatz/ der abend-stern tritt allgemach zur wache/
Und die empfindligkeit wil schon zu bette seyn.
Cupido steht und lauscht vor unserm schlaffgemache/
Und fordert selbst den schmuck von deiner scheitel ein;
Er rufft: verliebtes paar/ komm/ schleuß den müden reihen/
Die glut ist schon bereit/ das opffer einzuweihen.
Mich deucht/ ich breche schon die himmel-süsse küsse
Von deinen lippen ab: drum engel eile doch;
Die seele wallet schon auff die verliebten bisse/
Ach
K 4
Hochzeit-Gedichte.
Du pflagſt dem himmel gleich dich endlich zu erbarmen;
Nach dem du mir das joch der feſſel angethan.
Doch laß dich ſcham und furcht nur laͤnger nicht verweilen:
Es iſt ein himmliſch werck: die matten ſeelen heilen.
Mein engel roͤthe nicht die unentweihte wangen/
Und lieffre willig mir den werthen jungfern-crantz.
Ach wuͤnſche laͤnger nicht in ſolcher zier zu prangen/
Es iſt ein falſcher ſchmuck/ und ein geſchminckter glantz.
Verwirff die muͤrbe pracht/ die zwar die ſcheitel ſchmuͤcket/
Und doch die freyheit nur mit centner-laſten druͤcket.
Bedencke nur vielmehr du/ meine werthe taube/
Wie du der Venus magſt geſchickt entgegen gehn.
Es wird dir/ liebſter ſchatz/ die ſuͤſſe frauen-haube/
Mehr als du ſelber denckſt/ geſichert/ artig ſtehn;
Drum ſchaue nur getroſt die zarten blumen beugen/
Weil doch ein Phoͤnix ſoll aus ihrer aſche ſteigen.
Verwirff das rauhe pfand der unerfahrnen ſitten/
Und lerne was die glut der warmen adern will.
Es ſchaut der ſtrenge crantz genau nach allen tritten/
Und ſetzt der jungferſchafft ein gar zu enges ziel.
Wie kan ein weſpen-ſtich die blumen leicht verletzen/
Und ein erhitzter ſtrahl ſie aller zier entſetzen!
Drum ach beſeuffze nicht du engel meine liebe/
Und achte meinen kuß vor keine galle nicht;
Der beſte nectar-ſafft ſchmeckt in der erſten truͤbe/
Gnug/ daß man auch zugleich von dornen roſen bricht.
Dann pflegt das groͤſte leid die beſte luſt zu machen/
Wenn man nach kurtzem weh die ſeuffzer kan belachen.
Nun ſchatz/ der abend-ſtern tritt allgemach zur wache/
Und die empfindligkeit wil ſchon zu bette ſeyn.
Cupido ſteht und lauſcht vor unſerm ſchlaffgemache/
Und fordert ſelbſt den ſchmuck von deiner ſcheitel ein;
Er rufft: verliebtes paar/ komm/ ſchleuß den muͤden reihen/
Die glut iſt ſchon bereit/ das opffer einzuweihen.
Mich deucht/ ich breche ſchon die himmel-ſuͤſſe kuͤſſe
Von deinen lippen ab: drum engel eile doch;
Die ſeele wallet ſchon auff die verliebten biſſe/
Ach
K 4
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[151/0167] Hochzeit-Gedichte. Du pflagſt dem himmel gleich dich endlich zu erbarmen; Nach dem du mir das joch der feſſel angethan. Doch laß dich ſcham und furcht nur laͤnger nicht verweilen: Es iſt ein himmliſch werck: die matten ſeelen heilen. Mein engel roͤthe nicht die unentweihte wangen/ Und lieffre willig mir den werthen jungfern-crantz. Ach wuͤnſche laͤnger nicht in ſolcher zier zu prangen/ Es iſt ein falſcher ſchmuck/ und ein geſchminckter glantz. Verwirff die muͤrbe pracht/ die zwar die ſcheitel ſchmuͤcket/ Und doch die freyheit nur mit centner-laſten druͤcket. Bedencke nur vielmehr du/ meine werthe taube/ Wie du der Venus magſt geſchickt entgegen gehn. Es wird dir/ liebſter ſchatz/ die ſuͤſſe frauen-haube/ Mehr als du ſelber denckſt/ geſichert/ artig ſtehn; Drum ſchaue nur getroſt die zarten blumen beugen/ Weil doch ein Phoͤnix ſoll aus ihrer aſche ſteigen. Verwirff das rauhe pfand der unerfahrnen ſitten/ Und lerne was die glut der warmen adern will. Es ſchaut der ſtrenge crantz genau nach allen tritten/ Und ſetzt der jungferſchafft ein gar zu enges ziel. Wie kan ein weſpen-ſtich die blumen leicht verletzen/ Und ein erhitzter ſtrahl ſie aller zier entſetzen! Drum ach beſeuffze nicht du engel meine liebe/ Und achte meinen kuß vor keine galle nicht; Der beſte nectar-ſafft ſchmeckt in der erſten truͤbe/ Gnug/ daß man auch zugleich von dornen roſen bricht. Dann pflegt das groͤſte leid die beſte luſt zu machen/ Wenn man nach kurtzem weh die ſeuffzer kan belachen. Nun ſchatz/ der abend-ſtern tritt allgemach zur wache/ Und die empfindligkeit wil ſchon zu bette ſeyn. Cupido ſteht und lauſcht vor unſerm ſchlaffgemache/ Und fordert ſelbſt den ſchmuck von deiner ſcheitel ein; Er rufft: verliebtes paar/ komm/ ſchleuß den muͤden reihen/ Die glut iſt ſchon bereit/ das opffer einzuweihen. Mich deucht/ ich breche ſchon die himmel-ſuͤſſe kuͤſſe Von deinen lippen ab: drum engel eile doch; Die ſeele wallet ſchon auff die verliebten biſſe/ Ach K 4

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Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/167>, abgerufen am 22.11.2024.