Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite

Begräbniß-Gedichte.

Und nebst vermeintem ruhm denckt beute zu erjagen;
Fällt selbst durch einen schuß/ indem er schiest und sticht/
Und wird/ wie dessen feind/ auff piquen weggetragen.

Welch absehn hatt' ich nicht auff diesem hall der erden!
Der titel Printz zu seyn/ beschloß nicht meine ruh.
Der nahme/ den ich trug/ bließ mir was grössers zu/
Jch wolte gar der welt zum Alexander werden.
Der zug/ der mich bereits nach Pohlen jüngst gebracht/
Erweckte meinen geist auch Ungarn zu beschauen;
Und weil uns Ofen selbst den schauplatz auffgemacht/
Wolt' ich da meinen ruhm auff türcken-köpffen bauen.
Allein was kan der schluß des himmels doch nicht stöhren!
Ein kleines stückchen bley bezwang mich vor der zeit.
Die faust/ die tausenden den untergang gedräu't/
Kont' einer kugel sich von weiten nicht erwehren.
Jch fiel wie Dohna fiel/ und tausend andre mehr/
So der berühmte sturm vor Ofen auffgerieben;
Wir lieffen tapffer an/ vielleicht auch allzusehr/
Nachdem es von uns heist: Sie sind davor geblieben.
Doch sag' ich dieses nicht/ uns damit zu beklagen.
Was uns betroffen hat/ kan uns nicht fremde seyn.
Ein held steht überall auff seinem leichen-stein/
Weil zwischen sieg und tod wir uns zum kampffe wagen.
Todt/ oder sieghafft seyn/ ist beydes unser ziel/
Was auch von beyden kommt/ muß uns doch ehre bringen;
Und weil diß unser zweck/ so gilts uns gleiche viel/
Ob lebend oder tod wir uns zur selben schwingen.
Weil man ja sterben muß/ wer will nicht stehend sterben?
Diß ist die todes-art/ so käyser auch begehrt.
Der auff dem bette liegt/ von kranckheit ausgezehrt/
Muß/ vor dem tode schon/ verwesen und verderben.
Hin-
L 5

Begraͤbniß-Gedichte.

Und nebſt vermeintem ruhm denckt beute zu erjagen;
Faͤllt ſelbſt durch einen ſchuß/ indem er ſchieſt und ſticht/
Und wird/ wie deſſen feind/ auff piquen weggetragen.

Welch abſehn hatt’ ich nicht auff dieſem hall der erden!
Der titel Printz zu ſeyn/ beſchloß nicht meine ruh.
Der nahme/ den ich trug/ bließ mir was groͤſſers zu/
Jch wolte gar der welt zum Alexander werden.
Der zug/ der mich bereits nach Pohlen juͤngſt gebracht/
Erweckte meinen geiſt auch Ungarn zu beſchauen;
Und weil uns Ofen ſelbſt den ſchauplatz auffgemacht/
Wolt’ ich da meinen ruhm auff tuͤrcken-koͤpffen bauen.
Allein was kan der ſchluß des himmels doch nicht ſtoͤhren!
Ein kleines ſtuͤckchen bley bezwang mich vor der zeit.
Die fauſt/ die tauſenden den untergang gedraͤu’t/
Kont’ einer kugel ſich von weiten nicht erwehren.
Jch fiel wie Dohna fiel/ und tauſend andre mehr/
So der beruͤhmte ſturm vor Ofen auffgerieben;
Wir lieffen tapffer an/ vielleicht auch allzuſehr/
Nachdem es von uns heiſt: Sie ſind davor geblieben.
Doch ſag’ ich dieſes nicht/ uns damit zu beklagen.
Was uns betroffen hat/ kan uns nicht fremde ſeyn.
Ein held ſteht uͤberall auff ſeinem leichen-ſtein/
Weil zwiſchen ſieg und tod wir uns zum kampffe wagen.
Todt/ oder ſieghafft ſeyn/ iſt beydes unſer ziel/
Was auch von beyden kommt/ muß uns doch ehre bringen;
Und weil diß unſer zweck/ ſo gilts uns gleiche viel/
Ob lebend oder tod wir uns zur ſelben ſchwingen.
Weil man ja ſterben muß/ wer will nicht ſtehend ſterben?
Diß iſt die todes-art/ ſo kaͤyſer auch begehrt.
Der auff dem bette liegt/ von kranckheit ausgezehrt/
Muß/ vor dem tode ſchon/ verweſen und verderben.
Hin-
L 5
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <lg n="14">
            <l>
              <pb facs="#f0185" n="169"/>
              <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begra&#x0364;bniß-Gedichte.</hi> </fw>
            </l><lb/>
            <l>Und neb&#x017F;t vermeintem ruhm denckt beute zu erjagen;</l><lb/>
            <l>Fa&#x0364;llt &#x017F;elb&#x017F;t durch einen &#x017F;chuß/ indem er &#x017F;chie&#x017F;t und &#x017F;ticht/</l><lb/>
            <l>Und wird/ wie de&#x017F;&#x017F;en feind/ auff piquen weggetragen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="15">
            <l>Welch ab&#x017F;ehn hatt&#x2019; ich nicht auff die&#x017F;em hall der erden!</l><lb/>
            <l>Der titel Printz zu &#x017F;eyn/ be&#x017F;chloß nicht meine ruh.</l><lb/>
            <l>Der nahme/ den ich trug/ bließ mir was gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;ers zu/</l><lb/>
            <l>Jch wolte gar der welt zum Alexander werden.</l><lb/>
            <l>Der zug/ der mich bereits nach Pohlen ju&#x0364;ng&#x017F;t gebracht/</l><lb/>
            <l>Erweckte meinen gei&#x017F;t auch Ungarn zu be&#x017F;chauen;</l><lb/>
            <l>Und weil uns Ofen &#x017F;elb&#x017F;t den &#x017F;chauplatz auffgemacht/</l><lb/>
            <l>Wolt&#x2019; ich da meinen ruhm auff tu&#x0364;rcken-ko&#x0364;pffen bauen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="16">
            <l>Allein was kan der &#x017F;chluß des himmels doch nicht &#x017F;to&#x0364;hren!</l><lb/>
            <l>Ein kleines &#x017F;tu&#x0364;ckchen bley bezwang mich vor der zeit.</l><lb/>
            <l>Die fau&#x017F;t/ die tau&#x017F;enden den untergang gedra&#x0364;u&#x2019;t/</l><lb/>
            <l>Kont&#x2019; einer kugel &#x017F;ich von weiten nicht erwehren.</l><lb/>
            <l>Jch fiel wie Dohna fiel/ und tau&#x017F;end andre mehr/</l><lb/>
            <l>So der beru&#x0364;hmte &#x017F;turm vor Ofen auffgerieben;</l><lb/>
            <l>Wir lieffen tapffer an/ vielleicht auch allzu&#x017F;ehr/</l><lb/>
            <l>Nachdem es von uns hei&#x017F;t: Sie &#x017F;ind davor geblieben.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="17">
            <l>Doch &#x017F;ag&#x2019; ich die&#x017F;es nicht/ uns damit zu beklagen.</l><lb/>
            <l>Was uns betroffen hat/ kan uns nicht fremde &#x017F;eyn.</l><lb/>
            <l>Ein held &#x017F;teht u&#x0364;berall auff &#x017F;einem leichen-&#x017F;tein/</l><lb/>
            <l>Weil zwi&#x017F;chen &#x017F;ieg und tod wir uns zum kampffe wagen.</l><lb/>
            <l>Todt/ oder &#x017F;ieghafft &#x017F;eyn/ i&#x017F;t beydes un&#x017F;er ziel/</l><lb/>
            <l>Was auch von beyden kommt/ muß uns doch ehre bringen;</l><lb/>
            <l>Und weil diß un&#x017F;er zweck/ &#x017F;o gilts uns gleiche viel/</l><lb/>
            <l>Ob lebend oder tod wir uns zur &#x017F;elben &#x017F;chwingen.</l>
          </lg><lb/>
          <lg n="18">
            <l>Weil man ja &#x017F;terben muß/ wer will nicht &#x017F;tehend &#x017F;terben?</l><lb/>
            <l>Diß i&#x017F;t die todes-art/ &#x017F;o ka&#x0364;y&#x017F;er auch begehrt.</l><lb/>
            <l>Der auff dem bette liegt/ von kranckheit ausgezehrt/</l><lb/>
            <l>Muß/ vor dem tode &#x017F;chon/ verwe&#x017F;en und verderben.<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">L 5</fw><fw place="bottom" type="catch">Hin-</fw><lb/></l>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[169/0185] Begraͤbniß-Gedichte. Und nebſt vermeintem ruhm denckt beute zu erjagen; Faͤllt ſelbſt durch einen ſchuß/ indem er ſchieſt und ſticht/ Und wird/ wie deſſen feind/ auff piquen weggetragen. Welch abſehn hatt’ ich nicht auff dieſem hall der erden! Der titel Printz zu ſeyn/ beſchloß nicht meine ruh. Der nahme/ den ich trug/ bließ mir was groͤſſers zu/ Jch wolte gar der welt zum Alexander werden. Der zug/ der mich bereits nach Pohlen juͤngſt gebracht/ Erweckte meinen geiſt auch Ungarn zu beſchauen; Und weil uns Ofen ſelbſt den ſchauplatz auffgemacht/ Wolt’ ich da meinen ruhm auff tuͤrcken-koͤpffen bauen. Allein was kan der ſchluß des himmels doch nicht ſtoͤhren! Ein kleines ſtuͤckchen bley bezwang mich vor der zeit. Die fauſt/ die tauſenden den untergang gedraͤu’t/ Kont’ einer kugel ſich von weiten nicht erwehren. Jch fiel wie Dohna fiel/ und tauſend andre mehr/ So der beruͤhmte ſturm vor Ofen auffgerieben; Wir lieffen tapffer an/ vielleicht auch allzuſehr/ Nachdem es von uns heiſt: Sie ſind davor geblieben. Doch ſag’ ich dieſes nicht/ uns damit zu beklagen. Was uns betroffen hat/ kan uns nicht fremde ſeyn. Ein held ſteht uͤberall auff ſeinem leichen-ſtein/ Weil zwiſchen ſieg und tod wir uns zum kampffe wagen. Todt/ oder ſieghafft ſeyn/ iſt beydes unſer ziel/ Was auch von beyden kommt/ muß uns doch ehre bringen; Und weil diß unſer zweck/ ſo gilts uns gleiche viel/ Ob lebend oder tod wir uns zur ſelben ſchwingen. Weil man ja ſterben muß/ wer will nicht ſtehend ſterben? Diß iſt die todes-art/ ſo kaͤyſer auch begehrt. Der auff dem bette liegt/ von kranckheit ausgezehrt/ Muß/ vor dem tode ſchon/ verweſen und verderben. Hin- L 5

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/185
Zitationshilfe: Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Herrn von Hofmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte anderer Theil. Leipzig, 1697, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte02_1697/185>, abgerufen am 22.11.2024.