Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

Bild:
<< vorherige Seite
Hochzeit-Gedichte.
Die Freundligkeit.
Du und die tugend selbst wirst ohne mich zum laster;
Wo euch mein licht und geist nicht anblickt und beseelt/
Jst eure todte pracht ein glatter alabaster/
Den ihm ein künstler hat zum götzen ausgehölt.
Ob auch die schönheit zwar mit zucker speist die augen;
So pflegt die seele selbst doch meine milch zu saugen.
Die Schönheit.
Jch bin ein himmels-kind/ die mutter aller zierde/
Der springbrunn süsser lust/ der tugend tulipan/
Der Venus ihr altar/ ein abgott der begierde/
Zum opffer zündet man mir tausend seelen an.
Jn meinen nelcken hat Cupido seine wiege/
Den renn-platz seiner macht/ die Wahl-Stadt seiner siege.
Die Freundligkeit.
Jch bin ein rosen-zweig im paradieß erzogen/
Und durch ein anmuths-reiß gepropfft der seelen ein/
Bist du der liebe-qvell/ der lust-begierde bogen;
So muß mein saltz die fluth/ mein strahl die seene seyn/
Cupido leidet durst/ die liebe muß verwelcken
Sammt dir/ wo nicht mein thau beperlet deine nelcken.
Die Schönheit.
Die Schönheit ist der grund/ ein angebohrnes wesen/
Darauff die freundligkeit gesalbte schmincke streicht;
Ein buch/ indem man kan auff tausend blättern lesen/
Daß die natur bey mir den gipfel-zweck erreicht.
Das balsam-kraut der hold ist mehr als halb versigen/
Wo es nicht wurtzeln kan auff meinem bäthe kriegen.
Die Freundligkeit.
Die schönheit braucht mich zwar an statt tapezereyen/
Sie schmückt ihr zimmer auch mit meinen blumen aus;
Jch muß ihr leeres feld mit liljen überschneien;
Jch thröne meinen stuhl offt in ihr marmel-hauß:
Jeden-
Hochzeit-Gedichte.
Die Freundligkeit.
Du und die tugend ſelbſt wirſt ohne mich zum laſter;
Wo euch mein licht und geiſt nicht anblickt und beſeelt/
Jſt eure todte pracht ein glatter alabaſter/
Den ihm ein kuͤnſtler hat zum goͤtzen ausgehoͤlt.
Ob auch die ſchoͤnheit zwar mit zucker ſpeiſt die augen;
So pflegt die ſeele ſelbſt doch meine milch zu ſaugen.
Die Schoͤnheit.
Jch bin ein himmels-kind/ die mutter aller zierde/
Der ſpringbrunn ſuͤſſer luſt/ der tugend tulipan/
Der Venus ihr altar/ ein abgott der begierde/
Zum opffer zuͤndet man mir tauſend ſeelen an.
Jn meinen nelcken hat Cupido ſeine wiege/
Den renn-platz ſeiner macht/ die Wahl-Stadt ſeiner ſiege.
Die Freundligkeit.
Jch bin ein roſen-zweig im paradieß erzogen/
Und durch ein anmuths-reiß gepropfft der ſeelen ein/
Biſt du der liebe-qvell/ der luſt-begierde bogen;
So muß mein ſaltz die fluth/ mein ſtrahl die ſeene ſeyn/
Cupido leidet durſt/ die liebe muß verwelcken
Sammt dir/ wo nicht mein thau beperlet deine nelcken.
Die Schoͤnheit.
Die Schoͤnheit iſt der grund/ ein angebohrnes weſen/
Darauff die freundligkeit geſalbte ſchmincke ſtreicht;
Ein buch/ indem man kan auff tauſend blaͤttern leſen/
Daß die natur bey mir den gipfel-zweck erreicht.
Das balſam-kraut der hold iſt mehr als halb verſigen/
Wo es nicht wurtzeln kan auff meinem baͤthe kriegen.
Die Freundligkeit.
Die ſchoͤnheit braucht mich zwar an ſtatt tapezereyen/
Sie ſchmuͤckt ihr zimmer auch mit meinen blumen aus;
Jch muß ihr leeres feld mit liljen uͤberſchneien;
Jch throͤne meinen ſtuhl offt in ihr marmel-hauß:
Jeden-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <lg type="poem">
          <pb facs="#f0188" n="186"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Gedichte.</hi> </fw><lb/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#b">Die Freundligkeit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="14">
              <l>Du und die tugend &#x017F;elb&#x017F;t wir&#x017F;t ohne mich zum la&#x017F;ter;</l><lb/>
              <l>Wo euch mein licht und gei&#x017F;t nicht anblickt und be&#x017F;eelt/</l><lb/>
              <l>J&#x017F;t eure todte pracht ein glatter alaba&#x017F;ter/</l><lb/>
              <l>Den ihm ein ku&#x0364;n&#x017F;tler hat zum go&#x0364;tzen ausgeho&#x0364;lt.</l><lb/>
              <l>Ob auch die &#x017F;cho&#x0364;nheit zwar mit zucker &#x017F;pei&#x017F;t die augen;</l><lb/>
              <l>So pflegt die &#x017F;eele &#x017F;elb&#x017F;t doch meine milch zu &#x017F;augen.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#b">Die Scho&#x0364;nheit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="15">
              <l>Jch bin ein himmels-kind/ die mutter aller zierde/</l><lb/>
              <l>Der &#x017F;pringbrunn &#x017F;u&#x0364;&#x017F;&#x017F;er lu&#x017F;t/ der tugend tulipan/</l><lb/>
              <l>Der Venus ihr altar/ ein abgott der begierde/</l><lb/>
              <l>Zum opffer zu&#x0364;ndet man mir tau&#x017F;end &#x017F;eelen an.</l><lb/>
              <l>Jn meinen nelcken hat Cupido &#x017F;eine wiege/</l><lb/>
              <l>Den renn-platz &#x017F;einer macht/ die Wahl-Stadt &#x017F;einer &#x017F;iege.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#b">Die Freundligkeit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="16">
              <l>Jch bin ein ro&#x017F;en-zweig im paradieß erzogen/</l><lb/>
              <l>Und durch ein anmuths-reiß gepropfft der &#x017F;eelen ein/</l><lb/>
              <l>Bi&#x017F;t du der liebe-qvell/ der lu&#x017F;t-begierde bogen;</l><lb/>
              <l>So muß mein &#x017F;altz die fluth/ mein &#x017F;trahl die &#x017F;eene &#x017F;eyn/</l><lb/>
              <l>Cupido leidet dur&#x017F;t/ die liebe muß verwelcken</l><lb/>
              <l>Sammt dir/ wo nicht mein thau beperlet deine nelcken.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#b">Die Scho&#x0364;nheit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="17">
              <l>Die Scho&#x0364;nheit i&#x017F;t der grund/ ein angebohrnes we&#x017F;en/</l><lb/>
              <l>Darauff die freundligkeit ge&#x017F;albte &#x017F;chmincke &#x017F;treicht;</l><lb/>
              <l>Ein buch/ indem man kan auff tau&#x017F;end bla&#x0364;ttern le&#x017F;en/</l><lb/>
              <l>Daß die natur bey mir den gipfel-zweck erreicht.</l><lb/>
              <l>Das bal&#x017F;am-kraut der hold i&#x017F;t mehr als halb ver&#x017F;igen/</l><lb/>
              <l>Wo es nicht wurtzeln kan auff meinem ba&#x0364;the kriegen.</l>
            </lg>
          </lg><lb/>
          <lg>
            <head> <hi rendition="#b">Die Freundligkeit.</hi> </head><lb/>
            <lg n="18">
              <l>Die &#x017F;cho&#x0364;nheit braucht mich zwar an &#x017F;tatt tapezereyen/</l><lb/>
              <l>Sie &#x017F;chmu&#x0364;ckt ihr zimmer auch mit meinen blumen aus;</l><lb/>
              <l>Jch muß ihr leeres feld mit liljen u&#x0364;ber&#x017F;chneien;</l><lb/>
              <l>Jch thro&#x0364;ne meinen &#x017F;tuhl offt in ihr marmel-hauß:</l><lb/>
              <fw place="bottom" type="catch">Jeden-</fw><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </lg>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[186/0188] Hochzeit-Gedichte. Die Freundligkeit. Du und die tugend ſelbſt wirſt ohne mich zum laſter; Wo euch mein licht und geiſt nicht anblickt und beſeelt/ Jſt eure todte pracht ein glatter alabaſter/ Den ihm ein kuͤnſtler hat zum goͤtzen ausgehoͤlt. Ob auch die ſchoͤnheit zwar mit zucker ſpeiſt die augen; So pflegt die ſeele ſelbſt doch meine milch zu ſaugen. Die Schoͤnheit. Jch bin ein himmels-kind/ die mutter aller zierde/ Der ſpringbrunn ſuͤſſer luſt/ der tugend tulipan/ Der Venus ihr altar/ ein abgott der begierde/ Zum opffer zuͤndet man mir tauſend ſeelen an. Jn meinen nelcken hat Cupido ſeine wiege/ Den renn-platz ſeiner macht/ die Wahl-Stadt ſeiner ſiege. Die Freundligkeit. Jch bin ein roſen-zweig im paradieß erzogen/ Und durch ein anmuths-reiß gepropfft der ſeelen ein/ Biſt du der liebe-qvell/ der luſt-begierde bogen; So muß mein ſaltz die fluth/ mein ſtrahl die ſeene ſeyn/ Cupido leidet durſt/ die liebe muß verwelcken Sammt dir/ wo nicht mein thau beperlet deine nelcken. Die Schoͤnheit. Die Schoͤnheit iſt der grund/ ein angebohrnes weſen/ Darauff die freundligkeit geſalbte ſchmincke ſtreicht; Ein buch/ indem man kan auff tauſend blaͤttern leſen/ Daß die natur bey mir den gipfel-zweck erreicht. Das balſam-kraut der hold iſt mehr als halb verſigen/ Wo es nicht wurtzeln kan auff meinem baͤthe kriegen. Die Freundligkeit. Die ſchoͤnheit braucht mich zwar an ſtatt tapezereyen/ Sie ſchmuͤckt ihr zimmer auch mit meinen blumen aus; Jch muß ihr leeres feld mit liljen uͤberſchneien; Jch throͤne meinen ſtuhl offt in ihr marmel-hauß: Jeden-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/188
Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/188>, abgerufen am 24.11.2024.