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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Hochzeit-Gedichte.
Ja die rosen sind kräfftig/ aber die dornen verletzen die un-
vorsichtigen/
Ohne die ehe war das Paradieß selbst unglückselig;
Es war alles gut/ aber es war doch nicht gut/ daß der mensch
allein wäre/
Das ebenbild Gottes/ die augenlust der engel/
Das meister-stücke der welt;
Wo dieses sich mit einem andern verbindet/ da ist die zwie-
fache vollkommenheit/
Der mensch besteht aus leib und geist/ darum müssen sie
beyde vereiniget seyn/
Die begierde siehet auf den leib/ die freundschafft auf das
gemühte/
Die ehliche liebe füget leib' und seele zusammen.
Der reichthum ist keiner liebe fähig/ weil es keine gegen-
liebe hat.
Ein hohes geschlechte ist aller ehre/ aber nicht der liebe
wehrt.
die tugend ist rühmlich und jedermann ist ihr gleiche gunst
schuldig.
die schönheit ist vielen andern gefällig und zur eyfersucht
versehen/
Aber die ehliche liebe will etwas besonders haben/
Jhre küsse müssen nicht nach fremden bisam schmecken/
die ist die schönste/ die unsern augen alleine gefällt/
Und diese ist die liebste/ welche dem hertzen beliebet/
Die augenliebe kan ein augenblick in haß verändern/
Wer achtet der dornen/ wenn die rosen des mundes ver-
welcken?
Wenn der schnee der wangen schwindet/
So muß auch das eiß der lust vergehn/
Worauf die liebe sonst zu tantzen/ aber auch leichte zu glei-
ten pfleget.
Wenn die matten glieder schlaffen/ so gehet diese liebe
schlaffen/
Weil sie die blasse gestalt des leibes erwecket hat.

Jn
Hofm. w. IV. Th. N

Hochzeit-Gedichte.
Ja die roſen ſind kraͤfftig/ aber die dornen verletzen die un-
vorſichtigen/
Ohne die ehe war das Paradieß ſelbſt ungluͤckſelig;
Es war alles gut/ aber es war doch nicht gut/ daß der menſch
allein waͤre/
Das ebenbild Gottes/ die augenluſt der engel/
Das meiſter-ſtuͤcke der welt;
Wo dieſes ſich mit einem andern verbindet/ da iſt die zwie-
fache vollkommenheit/
Der menſch beſteht aus leib und geiſt/ darum muͤſſen ſie
beyde vereiniget ſeyn/
Die begierde ſiehet auf den leib/ die freundſchafft auf das
gemuͤhte/
Die ehliche liebe fuͤget leib’ und ſeele zuſammen.
Der reichthum iſt keiner liebe faͤhig/ weil es keine gegen-
liebe hat.
Ein hohes geſchlechte iſt aller ehre/ aber nicht der liebe
wehrt.
die tugend iſt ruͤhmlich und jedermann iſt ihr gleiche gunſt
ſchuldig.
die ſchoͤnheit iſt vielen andern gefaͤllig und zur eyferſucht
verſehen/
Aber die ehliche liebe will etwas beſonders haben/
Jhre kuͤſſe muͤſſen nicht nach fremden biſam ſchmecken/
die iſt die ſchoͤnſte/ die unſern augen alleine gefaͤllt/
Und dieſe iſt die liebſte/ welche dem hertzen beliebet/
Die augenliebe kan ein augenblick in haß veraͤndern/
Wer achtet der dornen/ wenn die roſen des mundes ver-
welcken?
Wenn der ſchnee der wangen ſchwindet/
So muß auch das eiß der luſt vergehn/
Worauf die liebe ſonſt zu tantzen/ aber auch leichte zu glei-
ten pfleget.
Wenn die matten glieder ſchlaffen/ ſo gehet dieſe liebe
ſchlaffen/
Weil ſie die blaſſe geſtalt des leibes erwecket hat.

Jn
Hofm. w. IV. Th. N
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[193/0195] Hochzeit-Gedichte. Ja die roſen ſind kraͤfftig/ aber die dornen verletzen die un- vorſichtigen/ Ohne die ehe war das Paradieß ſelbſt ungluͤckſelig; Es war alles gut/ aber es war doch nicht gut/ daß der menſch allein waͤre/ Das ebenbild Gottes/ die augenluſt der engel/ Das meiſter-ſtuͤcke der welt; Wo dieſes ſich mit einem andern verbindet/ da iſt die zwie- fache vollkommenheit/ Der menſch beſteht aus leib und geiſt/ darum muͤſſen ſie beyde vereiniget ſeyn/ Die begierde ſiehet auf den leib/ die freundſchafft auf das gemuͤhte/ Die ehliche liebe fuͤget leib’ und ſeele zuſammen. Der reichthum iſt keiner liebe faͤhig/ weil es keine gegen- liebe hat. Ein hohes geſchlechte iſt aller ehre/ aber nicht der liebe wehrt. die tugend iſt ruͤhmlich und jedermann iſt ihr gleiche gunſt ſchuldig. die ſchoͤnheit iſt vielen andern gefaͤllig und zur eyferſucht verſehen/ Aber die ehliche liebe will etwas beſonders haben/ Jhre kuͤſſe muͤſſen nicht nach fremden biſam ſchmecken/ die iſt die ſchoͤnſte/ die unſern augen alleine gefaͤllt/ Und dieſe iſt die liebſte/ welche dem hertzen beliebet/ Die augenliebe kan ein augenblick in haß veraͤndern/ Wer achtet der dornen/ wenn die roſen des mundes ver- welcken? Wenn der ſchnee der wangen ſchwindet/ So muß auch das eiß der luſt vergehn/ Worauf die liebe ſonſt zu tantzen/ aber auch leichte zu glei- ten pfleget. Wenn die matten glieder ſchlaffen/ ſo gehet dieſe liebe ſchlaffen/ Weil ſie die blaſſe geſtalt des leibes erwecket hat. Jn Hofm. w. IV. Th. N

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/195>, abgerufen am 24.11.2024.