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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.

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Vermischte Gedichte.
Die Liebe des alten Deutschen
Frauenzimmers.
C. H.
ALs Deutschland meist ein wald und sitz der unschuld
war/
Der helden-wohnungen aus seinen zweigen flochte;
Und dessen Königinn mit ihrer weiber-schaar
Die wohllust/ wie ihr Fürst der Römer macht/ befochte/
Da war der deutsche wald recht treu und deutsch gesinnt/
Kein mehl-thau hatte noch die blätter nicht beflecket/
Kein straal der üppigkeit die gipfel angezündt/
Noch ein verderbter safft die wurtzeln angestecket.
Da lag die treue nicht nur in der männer hand/
Auch in den liebenden und frommen weiber-sinnen
Ward ihrem heiligthum ein opffer angebrannt/
Dadurch die götter und die männer zu gewinnen.
Vornehmlich aber war der liebe-tempel rein/
Kein fremder weyrauch kam auf sein altar zu brennen/
Es muste/ was geschickt zum räuchern solte seyn/
Sich nach der deutschen art/ getreu und reine nennen.
Die tugend hatte selbst das amt der priesterinn/
Die opffer-sorge war der keuschheit zugeschrieben/
Beym Gottes-dienst erschien so wol die Königinn/
Als alle/ denen schon die zeit befahl das lieben.
Die brutt der eyfer sucht und was man laster hieß/
Das muste noch in Rom und an der Tyber bleiben/
Jndem der keusche Rhein nichts zu den deutschen ließ/
Was treu und glaube könnt' aus ihren hertzen treiben/
Wie glücklich! wie vergnügt! war da ein teutscher mann/
Er dörffte nicht aus furcht zum frauen-hüter werden/
Die weiber thaten selbst den argwohn in den bann/
Und machten fremden nicht verdächtige gebehrden.
Nahm denn Arminius die männer mit ins feld/
Das kriegerische Rom vom Rheine wegzuschlagen/
So
Vermiſchte Gedichte.
Die Liebe des alten Deutſchen
Frauenzimmers.
C. H.
ALs Deutſchland meiſt ein wald und ſitz der unſchuld
war/
Der helden-wohnungen aus ſeinen zweigen flochte;
Und deſſen Koͤniginn mit ihrer weiber-ſchaar
Die wohlluſt/ wie ihr Fuͤrſt der Roͤmer macht/ befochte/
Da war der deutſche wald recht treu und deutſch geſinnt/
Kein mehl-thau hatte noch die blaͤtter nicht beflecket/
Kein ſtraal der uͤppigkeit die gipfel angezuͤndt/
Noch ein verderbter ſafft die wurtzeln angeſtecket.
Da lag die treue nicht nur in der maͤnner hand/
Auch in den liebenden und frommen weiber-ſinnen
Ward ihrem heiligthum ein opffer angebrannt/
Dadurch die goͤtter und die maͤnner zu gewinnen.
Vornehmlich aber war der liebe-tempel rein/
Kein fremder weyrauch kam auf ſein altar zu brennen/
Es muſte/ was geſchickt zum raͤuchern ſolte ſeyn/
Sich nach der deutſchen art/ getreu und reine nennen.
Die tugend hatte ſelbſt das amt der prieſterinn/
Die opffer-ſorge war der keuſchheit zugeſchrieben/
Beym Gottes-dienſt erſchien ſo wol die Koͤniginn/
Als alle/ denen ſchon die zeit befahl das lieben.
Die brutt der eyfer ſucht und was man laſter hieß/
Das muſte noch in Rom und an der Tyber bleiben/
Jndem der keuſche Rhein nichts zu den deutſchen ließ/
Was treu und glaube koͤnnt’ aus ihren hertzen treiben/
Wie gluͤcklich! wie vergnuͤgt! war da ein teutſcher mann/
Er doͤrffte nicht aus furcht zum frauen-huͤter werden/
Die weiber thaten ſelbſt den argwohn in den bann/
Und machten fremden nicht verdaͤchtige gebehrden.
Nahm denn Arminius die maͤnner mit ins feld/
Das kriegeriſche Rom vom Rheine wegzuſchlagen/
So
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[306/0308] Vermiſchte Gedichte. Die Liebe des alten Deutſchen Frauenzimmers. C. H. ALs Deutſchland meiſt ein wald und ſitz der unſchuld war/ Der helden-wohnungen aus ſeinen zweigen flochte; Und deſſen Koͤniginn mit ihrer weiber-ſchaar Die wohlluſt/ wie ihr Fuͤrſt der Roͤmer macht/ befochte/ Da war der deutſche wald recht treu und deutſch geſinnt/ Kein mehl-thau hatte noch die blaͤtter nicht beflecket/ Kein ſtraal der uͤppigkeit die gipfel angezuͤndt/ Noch ein verderbter ſafft die wurtzeln angeſtecket. Da lag die treue nicht nur in der maͤnner hand/ Auch in den liebenden und frommen weiber-ſinnen Ward ihrem heiligthum ein opffer angebrannt/ Dadurch die goͤtter und die maͤnner zu gewinnen. Vornehmlich aber war der liebe-tempel rein/ Kein fremder weyrauch kam auf ſein altar zu brennen/ Es muſte/ was geſchickt zum raͤuchern ſolte ſeyn/ Sich nach der deutſchen art/ getreu und reine nennen. Die tugend hatte ſelbſt das amt der prieſterinn/ Die opffer-ſorge war der keuſchheit zugeſchrieben/ Beym Gottes-dienſt erſchien ſo wol die Koͤniginn/ Als alle/ denen ſchon die zeit befahl das lieben. Die brutt der eyfer ſucht und was man laſter hieß/ Das muſte noch in Rom und an der Tyber bleiben/ Jndem der keuſche Rhein nichts zu den deutſchen ließ/ Was treu und glaube koͤnnt’ aus ihren hertzen treiben/ Wie gluͤcklich! wie vergnuͤgt! war da ein teutſcher mann/ Er doͤrffte nicht aus furcht zum frauen-huͤter werden/ Die weiber thaten ſelbſt den argwohn in den bann/ Und machten fremden nicht verdaͤchtige gebehrden. Nahm denn Arminius die maͤnner mit ins feld/ Das kriegeriſche Rom vom Rheine wegzuſchlagen/ So

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 306. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/308>, abgerufen am 22.11.2024.