Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Vermischte Gedichte. Betrachte nur einmal das manns-volck ohngefehr/Was die parucke nicht vor fehler muß bedecken/ Was nicht vor mängel offt in sammtnen hosen stecken/ Der hat kein eintzig haar/ dem stincket maul und ohr/ Ein andrer aber ist in sonsten was ein thor. Hat ein gelehrter wo dreyhundert alte bücher/ Die keinen augen-blick vor schab und motte sicher/ So setzet er sie wol vor wie viel tausend an/ Da er den zehnten theil daraus kaum lösen kan. Nicht nöhtig ist's daß' ich auch von den andern sage/ Wie der und jener denn sein gut so hoch anschlage/ Das halb so viel nicht werth. Was meynst du/ lieber hirt' Ob da das srauen-volck nicht recht betrogen wird? Die männer werden meist in einer sache fehlen/ Der fehler sind so viel/ daß man sie kaum kan zehlen: Der sitzt den gantzen tag studieren wie ein pferd/ Und achtet seine frau kaum eines blickes werth/ Er lieget tag und nacht bey seinen alten krusten; Der frauen buch das möcht indessen fast verrosten/ Und hüpffte manchmal nicht eine floh darüber her/ So stünd es jahr und tag/ und noch wol länger leer. Der lauffet gar von ihr und läst sie nackend sitzen/ Da muß sie dann genung verdruß und jammer schwitzen. Der saufft vom morgen an biß in die späte nacht; Der giebt mehr auff das spiel als seine nahrung acht; Der pflegt den gantzen tag sich mit toback zu tragen/ Und durch desselben rauch sein armes weib zu plagen; Der murret allezeit/ ist rappelköppisch/ toll/ Daß niemand wissen kan/ wie man's ihm machen soll. Milen. Ach Lycidas genung! nun kan ich leichte schliessen/ Daß dich die weiber wo bestochen haben müssen/ Weil du der männer ruhm/ und so dich selbst/ vergällst/ Auch gar vom heyrahts-gut' auff ihre fehler fällst. Lycidas. Versteh mich recht/ Milen/ ich rede von den sachen/ Durch
Vermiſchte Gedichte. Betrachte nur einmal das manns-volck ohngefehr/Was die parucke nicht vor fehler muß bedecken/ Was nicht vor maͤngel offt in ſammtnen hoſen ſtecken/ Der hat kein eintzig haar/ dem ſtincket maul und ohr/ Ein andrer aber iſt in ſonſten was ein thor. Hat ein gelehrter wo dreyhundert alte buͤcher/ Die keinen augen-blick vor ſchab und motte ſicher/ So ſetzet er ſie wol vor wie viel tauſend an/ Da er den zehnten theil daraus kaum loͤſen kan. Nicht noͤhtig iſt’s daß’ ich auch von den andern ſage/ Wie der und jener denn ſein gut ſo hoch anſchlage/ Das halb ſo viel nicht werth. Was meynſt du/ lieber hirt’ Ob da das ſrauen-volck nicht recht betrogen wird? Die maͤnner werden meiſt in einer ſache fehlen/ Der fehler ſind ſo viel/ daß man ſie kaum kan zehlen: Der ſitzt den gantzen tag ſtudieren wie ein pferd/ Und achtet ſeine frau kaum eines blickes werth/ Er lieget tag und nacht bey ſeinen alten kruſten; Der frauen buch das moͤcht indeſſen faſt verroſten/ Und huͤpffte manchmal nicht eine floh daruͤber her/ So ſtuͤnd es jahr und tag/ und noch wol laͤnger leer. Der lauffet gar von ihr und laͤſt ſie nackend ſitzen/ Da muß ſie dann genung verdruß und jammer ſchwitzen. Der ſaufft vom morgen an biß in die ſpaͤte nacht; Der giebt mehr auff das ſpiel als ſeine nahrung acht; Der pflegt den gantzen tag ſich mit toback zu tragen/ Und durch deſſelben rauch ſein armes weib zu plagen; Der murret allezeit/ iſt rappelkoͤppiſch/ toll/ Daß niemand wiſſen kan/ wie man’s ihm machen ſoll. Milen. Ach Lycidas genung! nun kan ich leichte ſchlieſſen/ Daß dich die weiber wo beſtochen haben muͤſſen/ Weil du der maͤnner ruhm/ und ſo dich ſelbſt/ vergaͤllſt/ Auch gar vom heyrahts-gut’ auff ihre fehler faͤllſt. Lycidas. Verſteh mich recht/ Milen/ ich rede von den ſachen/ Durch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <lg> <pb facs="#f0328" n="326"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Betrachte nur einmal das manns-volck ohngefehr/</l><lb/> <l>Was die parucke nicht vor fehler muß bedecken/</l><lb/> <l>Was nicht vor maͤngel offt in ſammtnen hoſen ſtecken/</l><lb/> <l>Der hat kein eintzig haar/ dem ſtincket maul und ohr/</l><lb/> <l>Ein andrer aber iſt in ſonſten was ein thor.</l><lb/> <l>Hat ein gelehrter wo dreyhundert alte buͤcher/</l><lb/> <l>Die keinen augen-blick vor ſchab und motte ſicher/</l><lb/> <l>So ſetzet er ſie wol vor wie viel tauſend an/</l><lb/> <l>Da er den zehnten theil daraus kaum loͤſen kan.</l><lb/> <l>Nicht noͤhtig iſt’s daß’ ich auch von den andern ſage/</l><lb/> <l>Wie der und jener denn ſein gut ſo hoch anſchlage/</l><lb/> <l>Das halb ſo viel nicht werth. Was meynſt du/ lieber hirt’</l><lb/> <l>Ob da das ſrauen-volck nicht recht betrogen wird?</l><lb/> <l>Die maͤnner werden meiſt in einer ſache fehlen/</l><lb/> <l>Der fehler ſind ſo viel/ daß man ſie kaum kan zehlen:</l><lb/> <l>Der ſitzt den gantzen tag ſtudieren wie ein pferd/</l><lb/> <l>Und achtet ſeine frau kaum eines blickes werth/</l><lb/> <l>Er lieget tag und nacht bey ſeinen alten kruſten;</l><lb/> <l>Der frauen buch das moͤcht indeſſen faſt verroſten/</l><lb/> <l>Und huͤpffte manchmal nicht eine floh daruͤber her/</l><lb/> <l>So ſtuͤnd es jahr und tag/ und noch wol laͤnger leer.</l><lb/> <l>Der lauffet gar von ihr und laͤſt ſie nackend ſitzen/</l><lb/> <l>Da muß ſie dann genung verdruß und jammer ſchwitzen.</l><lb/> <l>Der ſaufft vom morgen an biß in die ſpaͤte nacht;</l><lb/> <l>Der giebt mehr auff das ſpiel als ſeine nahrung acht;</l><lb/> <l>Der pflegt den gantzen tag ſich mit toback zu tragen/</l><lb/> <l>Und durch deſſelben rauch ſein armes weib zu plagen;</l><lb/> <l>Der murret allezeit/ iſt rappelkoͤppiſch/ toll/</l><lb/> <l>Daß niemand wiſſen kan/ wie man’s ihm machen ſoll.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Milen.</hi> </l><lb/> <l>Ach Lycidas genung! nun kan ich leichte ſchlieſſen/</l><lb/> <l>Daß dich die weiber wo beſtochen haben muͤſſen/</l><lb/> <l>Weil du der maͤnner ruhm/ und ſo dich ſelbſt/ vergaͤllſt/</l><lb/> <l>Auch gar vom heyrahts-gut’ auff ihre fehler faͤllſt.</l><lb/> <l> <hi rendition="#et">Lycidas.</hi> </l><lb/> <l>Verſteh mich recht/ Milen/ ich rede von den ſachen/</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Durch</fw><lb/> </lg> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [326/0328]
Vermiſchte Gedichte.
Betrachte nur einmal das manns-volck ohngefehr/
Was die parucke nicht vor fehler muß bedecken/
Was nicht vor maͤngel offt in ſammtnen hoſen ſtecken/
Der hat kein eintzig haar/ dem ſtincket maul und ohr/
Ein andrer aber iſt in ſonſten was ein thor.
Hat ein gelehrter wo dreyhundert alte buͤcher/
Die keinen augen-blick vor ſchab und motte ſicher/
So ſetzet er ſie wol vor wie viel tauſend an/
Da er den zehnten theil daraus kaum loͤſen kan.
Nicht noͤhtig iſt’s daß’ ich auch von den andern ſage/
Wie der und jener denn ſein gut ſo hoch anſchlage/
Das halb ſo viel nicht werth. Was meynſt du/ lieber hirt’
Ob da das ſrauen-volck nicht recht betrogen wird?
Die maͤnner werden meiſt in einer ſache fehlen/
Der fehler ſind ſo viel/ daß man ſie kaum kan zehlen:
Der ſitzt den gantzen tag ſtudieren wie ein pferd/
Und achtet ſeine frau kaum eines blickes werth/
Er lieget tag und nacht bey ſeinen alten kruſten;
Der frauen buch das moͤcht indeſſen faſt verroſten/
Und huͤpffte manchmal nicht eine floh daruͤber her/
So ſtuͤnd es jahr und tag/ und noch wol laͤnger leer.
Der lauffet gar von ihr und laͤſt ſie nackend ſitzen/
Da muß ſie dann genung verdruß und jammer ſchwitzen.
Der ſaufft vom morgen an biß in die ſpaͤte nacht;
Der giebt mehr auff das ſpiel als ſeine nahrung acht;
Der pflegt den gantzen tag ſich mit toback zu tragen/
Und durch deſſelben rauch ſein armes weib zu plagen;
Der murret allezeit/ iſt rappelkoͤppiſch/ toll/
Daß niemand wiſſen kan/ wie man’s ihm machen ſoll.
Milen.
Ach Lycidas genung! nun kan ich leichte ſchlieſſen/
Daß dich die weiber wo beſtochen haben muͤſſen/
Weil du der maͤnner ruhm/ und ſo dich ſelbſt/ vergaͤllſt/
Auch gar vom heyrahts-gut’ auff ihre fehler faͤllſt.
Lycidas.
Verſteh mich recht/ Milen/ ich rede von den ſachen/
Durch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |