Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708.Galante und Ein bild/ das treflich viel bey den verliebten gilt/Und sie weit besser kan als gold und scharlach zieren. Das hertze stellte sich gantz ungestühm hierbey/ Sein uhrwerck schien' als wär es unrecht aufgezogen/ Es schlug sehr starck/ und mir das brustbein fast entzwey/ So hatt' es der verzug zur ungedult bewogen. Die adern schwollen auf von lieb' als auch von blut; Es ward der auffenthalt/ die angewiesnen gänge/ Der von dem liebes-feur so rohtgefärbten fluht/ Und ihren wendungen itzt nach und nach zu enge. Die hände griffen offt im schlaffe hin und her/ Und wusten nicht/ wo doch ihr spiel so lange bliebe/ Und ob nicht nur ein traum mit ihnen ohngefehr/ Durch falsche bildungen sein affenwercke triebe. Da kam/ ich weiß nicht was vor einer mutter-kind/ Und überschattete das mahlwerck meiner lüste; Das blumen-feld/ worauf ich vor mein wohl gegründt/ Streut dörner in mein hertz' und wird zur trauer-wüste. Ach freundinn hätte mich dein brief nicht aufgebracht! Jedoch was hilfft mich itzt mein ungereimtes klagen? Wer weiß/ wo sonsten man ein hochzeit-hembde macht/ Daß noch ein mädgen auf/ ich um den leib soll tragen. Jhr patienten schlagt dies vorspiel nicht in wind! Mein erste liebste nimmt ein fremder bey dem zopffe/ Wo meine curen nun wie meine liebe sind/ So kriegt gewiß der todt den ersten bey dem kopffe. Der flüchtige Cupido. Aus dem Griechischen des Moschi. DJe Venus ruffte nechst auf allen Ecken aus: Hat niemand meinen sohn/ die liebe/ wo gesehen? Wer's weiß/ der sag' es mir/ ja kan es gar geschehen/ So
Galante und Ein bild/ das treflich viel bey den verliebten gilt/Und ſie weit beſſer kan als gold und ſcharlach zieren. Das hertze ſtellte ſich gantz ungeſtuͤhm hierbey/ Sein uhrwerck ſchien’ als waͤr es unrecht aufgezogen/ Es ſchlug ſehr ſtarck/ und mir das bruſtbein faſt entzwey/ So hatt’ es der verzug zur ungedult bewogen. Die adern ſchwollen auf von lieb’ als auch von blut; Es ward der auffenthalt/ die angewieſnen gaͤnge/ Der von dem liebes-feur ſo rohtgefaͤrbten fluht/ Und ihren wendungen itzt nach und nach zu enge. Die haͤnde griffen offt im ſchlaffe hin und her/ Und wuſten nicht/ wo doch ihr ſpiel ſo lange bliebe/ Und ob nicht nur ein traum mit ihnen ohngefehr/ Durch falſche bildungen ſein affenwercke triebe. Da kam/ ich weiß nicht was vor einer mutter-kind/ Und uͤberſchattete das mahlwerck meiner luͤſte; Das blumen-feld/ worauf ich vor mein wohl gegruͤndt/ Streut doͤrner in mein hertz’ und wird zur trauer-wuͤſte. Ach freundinn haͤtte mich dein brief nicht aufgebracht! Jedoch was hilfft mich itzt mein ungereimtes klagen? Wer weiß/ wo ſonſten man ein hochzeit-hembde macht/ Daß noch ein maͤdgen auf/ ich um den leib ſoll tragen. Jhr patienten ſchlagt dies vorſpiel nicht in wind! Mein erſte liebſte nimmt ein fremder bey dem zopffe/ Wo meine curen nun wie meine liebe ſind/ So kriegt gewiß der todt den erſten bey dem kopffe. Der fluͤchtige Cupido. Aus dem Griechiſchen des Moſchi. DJe Venus ruffte nechſt auf allen Ecken aus: Hat niemand meinen ſohn/ die liebe/ wo geſehen? Wer’s weiß/ der ſag’ es mir/ ja kan es gar geſchehen/ So
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Galante und
Ein bild/ das treflich viel bey den verliebten gilt/
Und ſie weit beſſer kan als gold und ſcharlach zieren.
Das hertze ſtellte ſich gantz ungeſtuͤhm hierbey/
Sein uhrwerck ſchien’ als waͤr es unrecht aufgezogen/
Es ſchlug ſehr ſtarck/ und mir das bruſtbein faſt entzwey/
So hatt’ es der verzug zur ungedult bewogen.
Die adern ſchwollen auf von lieb’ als auch von blut;
Es ward der auffenthalt/ die angewieſnen gaͤnge/
Der von dem liebes-feur ſo rohtgefaͤrbten fluht/
Und ihren wendungen itzt nach und nach zu enge.
Die haͤnde griffen offt im ſchlaffe hin und her/
Und wuſten nicht/ wo doch ihr ſpiel ſo lange bliebe/
Und ob nicht nur ein traum mit ihnen ohngefehr/
Durch falſche bildungen ſein affenwercke triebe.
Da kam/ ich weiß nicht was vor einer mutter-kind/
Und uͤberſchattete das mahlwerck meiner luͤſte;
Das blumen-feld/ worauf ich vor mein wohl gegruͤndt/
Streut doͤrner in mein hertz’ und wird zur trauer-wuͤſte.
Ach freundinn haͤtte mich dein brief nicht aufgebracht!
Jedoch was hilfft mich itzt mein ungereimtes klagen?
Wer weiß/ wo ſonſten man ein hochzeit-hembde macht/
Daß noch ein maͤdgen auf/ ich um den leib ſoll tragen.
Jhr patienten ſchlagt dies vorſpiel nicht in wind!
Mein erſte liebſte nimmt ein fremder bey dem zopffe/
Wo meine curen nun wie meine liebe ſind/
So kriegt gewiß der todt den erſten bey dem kopffe.
Der fluͤchtige Cupido.
Aus dem Griechiſchen des
Moſchi.
DJe Venus ruffte nechſt auf allen Ecken aus:
Hat niemand meinen ſohn/ die liebe/ wo geſehen?
Wer’s weiß/ der ſag’ es mir/ ja kan es gar geſchehen/
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Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hoffmannswaldau und anderer Deutschen auserlesener und bißher ungedruckter Gedichte. Bd. 4. Leipzig, 1708, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte04_1708/52>, abgerufen am 16.07.2024. |