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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Ein iedes heult und klagt: der wird mir weggerissen,
Den mich der Höchste ließ als priester, eh-mann, küssen.
Es trägt ein hohes hauß mit mir den schwartzen flor,
Man sieht cypressen itzt bey seinen cedern stehen,
An statt der rosen-art die wermuth-staud aufgehen;
Wer dieses hauß nur kennt, thut sich in boy hervor,
Läst den gebrochnen thon der trauer-lieder hören,
Um des erstarrten sarg mit seuffzern zu verehren.
So lieg ich ärmste nun hier unter meiner last!
Gefoltert und geplagt mit tausend hertzens-rissen;
Jch will auch gern die schuld durch diese marter büssen,
Die du mir, großer GOtt! längst zuerkennet hast.
Jch küsse deinen schluß und die erzörnte blicke;
Doch halt vor diesesmal den untergang zurücke!
Kommt, frommen bürger! kommt, werfft weyrauch aufs altar!
Helfft mich, Betrübteste! vor dessen steine setzen,
Wir wollen GOttes zorn mit thränen lange netzen;
Damit ich einst vergnügt, wie groß auch die gefahr,
Mit frohen augen kan auf den bestürmten höhen
Jm ungewitter sehn den regen-bogen stehen.


Der irrdische verlust an baum und frucht,
und dessen himmlische ersetzung,
Bey Fr. A. S. F. beerdigung.
D. V. A.
1.
DEr rauhe herbst, so arm er sonst mag seyn,
Führt itzt viel güther ein,
Die dieses jahr Pomona hat getragen:
Wie manche schöne frucht,
Die wol ein fremder sucht,
Wird itzt daheim vom gärtner abgeschlagen?
2.
Das ist der zins, den uns die erde trägt,
Und die natur erlegt,
Wenn
Begraͤbniß-Gedichte.
Ein iedes heult und klagt: der wird mir weggeriſſen,
Den mich der Hoͤchſte ließ als prieſter, eh-mann, kuͤſſen.
Es traͤgt ein hohes hauß mit mir den ſchwartzen flor,
Man ſieht cypreſſen itzt bey ſeinen cedern ſtehen,
An ſtatt der roſen-art die wermuth-ſtaud aufgehen;
Wer dieſes hauß nur kennt, thut ſich in boy hervor,
Laͤſt den gebrochnen thon der trauer-lieder hoͤren,
Um des erſtarrten ſarg mit ſeuffzern zu verehren.
So lieg ich aͤrmſte nun hier unter meiner laſt!
Gefoltert und geplagt mit tauſend hertzens-riſſen;
Jch will auch gern die ſchuld durch dieſe marter buͤſſen,
Die du mir, großer GOtt! laͤngſt zuerkennet haſt.
Jch kuͤſſe deinen ſchluß und die erzoͤrnte blicke;
Doch halt vor dieſesmal den untergang zuruͤcke!
Kommt, frommen buͤrger! kommt, werfft weyrauch aufs altar!
Helfft mich, Betruͤbteſte! vor deſſen ſteine ſetzen,
Wir wollen GOttes zorn mit thraͤnen lange netzen;
Damit ich einſt vergnuͤgt, wie groß auch die gefahr,
Mit frohen augen kan auf den beſtuͤrmten hoͤhen
Jm ungewitter ſehn den regen-bogen ſtehen.


Der irrdiſche verluſt an baum und frucht,
und deſſen himmliſche erſetzung,
Bey Fr. A. S. F. beerdigung.
D. V. A.
1.
DEr rauhe herbſt, ſo arm er ſonſt mag ſeyn,
Fuͤhrt itzt viel guͤther ein,
Die dieſes jahr Pomona hat getragen:
Wie manche ſchoͤne frucht,
Die wol ein fremder ſucht,
Wird itzt daheim vom gaͤrtner abgeſchlagen?
2.
Das iſt der zins, den uns die erde traͤgt,
Und die natur erlegt,
Wenn
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[114/0116] Begraͤbniß-Gedichte. Ein iedes heult und klagt: der wird mir weggeriſſen, Den mich der Hoͤchſte ließ als prieſter, eh-mann, kuͤſſen. Es traͤgt ein hohes hauß mit mir den ſchwartzen flor, Man ſieht cypreſſen itzt bey ſeinen cedern ſtehen, An ſtatt der roſen-art die wermuth-ſtaud aufgehen; Wer dieſes hauß nur kennt, thut ſich in boy hervor, Laͤſt den gebrochnen thon der trauer-lieder hoͤren, Um des erſtarrten ſarg mit ſeuffzern zu verehren. So lieg ich aͤrmſte nun hier unter meiner laſt! Gefoltert und geplagt mit tauſend hertzens-riſſen; Jch will auch gern die ſchuld durch dieſe marter buͤſſen, Die du mir, großer GOtt! laͤngſt zuerkennet haſt. Jch kuͤſſe deinen ſchluß und die erzoͤrnte blicke; Doch halt vor dieſesmal den untergang zuruͤcke! Kommt, frommen buͤrger! kommt, werfft weyrauch aufs altar! Helfft mich, Betruͤbteſte! vor deſſen ſteine ſetzen, Wir wollen GOttes zorn mit thraͤnen lange netzen; Damit ich einſt vergnuͤgt, wie groß auch die gefahr, Mit frohen augen kan auf den beſtuͤrmten hoͤhen Jm ungewitter ſehn den regen-bogen ſtehen. Der irrdiſche verluſt an baum und frucht, und deſſen himmliſche erſetzung, Bey Fr. A. S. F. beerdigung. D. V. A. 1. DEr rauhe herbſt, ſo arm er ſonſt mag ſeyn, Fuͤhrt itzt viel guͤther ein, Die dieſes jahr Pomona hat getragen: Wie manche ſchoͤne frucht, Die wol ein fremder ſucht, Wird itzt daheim vom gaͤrtner abgeſchlagen? 2. Das iſt der zins, den uns die erde traͤgt, Und die natur erlegt, Wenn

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/116>, abgerufen am 27.11.2024.