Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Dein auge säumet nicht die wunder anzumercken,So mitten in der see in vielen insuln stehn, Wie noth und kunst den ort durch drücken kan bestärcken, Da seine kahue doch durch alle gassen gehn. Auf reisen kan man mehr in einem tage wissen, Als uns ein gantzes jahr aus stummen büchern lehrt. Und dis, worauf, o Printz! dein eifer war beflissen, Hat die erfahrung dir begierig zugekehrt. Doch soll ich anders nichts, als Wilhelms reisen zehlen? Nein: Ob Vlysses schon durch see und länder schweifft; So will ihm dennoch viel an seinem ruhme fehlen, Wenn seine rege faust nicht nach dem degen greifft. Jan Wilhelms ernster muth schaut endlich nach den waffen, So ihm des himmels schluß vorlängsten zuerkannt: Ein kluger printz versteht, worzu er sey erschaffen, Nicht vor sein eigen wohl, nur vor das vaterland. Der Rhein hat ihn zuerst in blanckem stahl erblicket, Der ihm beym ersten gruß den frischen lorbeer wieß. Es war das krieges-volck in ehren-furcht entzücket, Als dieser junge held den degen blincken ließ. Doch Willjam, dessen arm die schwache freyheit decket, Als ihr ein kühner feind fast an das hertze griff, Hat unsers Fürsten muth durch neue huld erwecket, So ihn ins Niederland zu großen thaten rieff. Hier war der tummel-platz, da Wilhelm seine proben Jn muntrer freudigkeit dem großen Willjam gab; Was unser Wilhelm thut, muß jener Willjam loben, Die wahrheit stattet selbst ein treues zeugniß ab. Hier hast du, Großer Printz! kein ungemach gescheuet: Was andern grauen macht, war dir ein rechtes spiel: Ob hunger, hitz und durst, ob frost und nebel dräuet: Ob die gestärckte macht der feinde schrecken will; So achtst du dieses nicht; du zeigest deine kräffte, Die GOtt und die natur dem helden-geist verliehn, Du kennest überall die wichtigsten geschäffte, Wie fern sich ieder muß um seine pflicht bemühn. Wo ein beqvemes feld, das lager abzustechen, Wie ein besetzter paß wohl anzugreiffen sey; Wie J 4
Begraͤbniß-Gedichte. Dein auge ſaͤumet nicht die wunder anzumercken,So mitten in der ſee in vielen inſuln ſtehn, Wie noth und kunſt den ort durch druͤcken kan beſtaͤrcken, Da ſeine kahue doch durch alle gaſſen gehn. Auf reiſen kan man mehr in einem tage wiſſen, Als uns ein gantzes jahr aus ſtummen buͤchern lehrt. Und dis, worauf, o Printz! dein eifer war befliſſen, Hat die erfahrung dir begierig zugekehrt. Doch ſoll ich anders nichts, als Wilhelms reiſen zehlen? Nein: Ob Vlyſſes ſchon durch ſee und laͤnder ſchweifft; So will ihm dennoch viel an ſeinem ruhme fehlen, Wenn ſeine rege fauſt nicht nach dem degen greifft. Jan Wilhelms ernſter muth ſchaut endlich nach den waffen, So ihm des himmels ſchluß vorlaͤngſten zuerkannt: Ein kluger printz verſteht, worzu er ſey erſchaffen, Nicht vor ſein eigen wohl, nur vor das vaterland. Der Rhein hat ihn zuerſt in blanckem ſtahl erblicket, Der ihm beym erſten gruß den friſchen lorbeer wieß. Es war das krieges-volck in ehren-furcht entzuͤcket, Als dieſer junge held den degen blincken ließ. Doch Willjam, deſſen arm die ſchwache freyheit decket, Als ihr ein kuͤhner feind faſt an das hertze griff, Hat unſers Fuͤrſten muth durch neue huld erwecket, So ihn ins Niederland zu großen thaten rieff. Hier war der tummel-platz, da Wilhelm ſeine proben Jn muntrer freudigkeit dem großen Willjam gab; Was unſer Wilhelm thut, muß jener Willjam loben, Die wahrheit ſtattet ſelbſt ein treues zeugniß ab. Hier haſt du, Großer Printz! kein ungemach geſcheuet: Was andern grauen macht, war dir ein rechtes ſpiel: Ob hunger, hitz und durſt, ob froſt und nebel draͤuet: Ob die geſtaͤrckte macht der feinde ſchrecken will; So achtſt du dieſes nicht; du zeigeſt deine kraͤffte, Die GOtt und die natur dem helden-geiſt verliehn, Du kenneſt uͤberall die wichtigſten geſchaͤffte, Wie fern ſich ieder muß um ſeine pflicht bemuͤhn. Wo ein beqvemes feld, das lager abzuſtechen, Wie ein beſetzter paß wohl anzugreiffen ſey; Wie J 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0137" n="135"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Begraͤbniß-Gedichte.</hi> </fw><lb/> <l>Dein auge ſaͤumet nicht die wunder anzumercken,</l><lb/> <l>So mitten in der ſee in vielen inſuln ſtehn,</l><lb/> <l>Wie noth und kunſt den ort durch druͤcken kan beſtaͤrcken,</l><lb/> <l>Da ſeine kahue doch durch alle gaſſen gehn.</l><lb/> <l>Auf reiſen kan man mehr in einem tage wiſſen,</l><lb/> <l>Als uns ein gantzes jahr aus ſtummen buͤchern lehrt.</l><lb/> <l>Und dis, worauf, o Printz! dein eifer war befliſſen,</l><lb/> <l>Hat die erfahrung dir begierig zugekehrt.</l><lb/> <l>Doch ſoll ich anders nichts, als Wilhelms reiſen zehlen?</l><lb/> <l>Nein: Ob Vlyſſes ſchon durch ſee und laͤnder ſchweifft;</l><lb/> <l>So will ihm dennoch viel an ſeinem ruhme fehlen,</l><lb/> <l>Wenn ſeine rege fauſt nicht nach dem degen greifft.</l><lb/> <l>Jan Wilhelms ernſter muth ſchaut endlich nach den waffen,</l><lb/> <l>So ihm des himmels ſchluß vorlaͤngſten zuerkannt:</l><lb/> <l>Ein kluger printz verſteht, worzu er ſey erſchaffen,</l><lb/> <l>Nicht vor ſein eigen wohl, nur vor das vaterland.</l><lb/> <l>Der Rhein hat ihn zuerſt in blanckem ſtahl erblicket,</l><lb/> <l>Der ihm beym erſten gruß den friſchen lorbeer wieß.</l><lb/> <l>Es war das krieges-volck in ehren-furcht entzuͤcket,</l><lb/> <l>Als dieſer junge held den degen blincken ließ.</l><lb/> <l>Doch Willjam, deſſen arm die ſchwache freyheit decket,</l><lb/> <l>Als ihr ein kuͤhner feind faſt an das hertze griff,</l><lb/> <l>Hat unſers Fuͤrſten muth durch neue huld erwecket,</l><lb/> <l>So ihn ins Niederland zu großen thaten rieff.</l><lb/> <l>Hier war der tummel-platz, da Wilhelm ſeine proben</l><lb/> <l>Jn muntrer freudigkeit dem großen Willjam gab;</l><lb/> <l>Was unſer Wilhelm thut, muß jener Willjam loben,</l><lb/> <l>Die wahrheit ſtattet ſelbſt ein treues zeugniß ab.</l><lb/> <l>Hier haſt du, Großer Printz! kein ungemach geſcheuet:</l><lb/> <l>Was andern grauen macht, war dir ein rechtes ſpiel:</l><lb/> <l>Ob hunger, hitz und durſt, ob froſt und nebel draͤuet:</l><lb/> <l>Ob die geſtaͤrckte macht der feinde ſchrecken will;</l><lb/> <l>So achtſt du dieſes nicht; du zeigeſt deine kraͤffte,</l><lb/> <l>Die GOtt und die natur dem helden-geiſt verliehn,</l><lb/> <l>Du kenneſt uͤberall die wichtigſten geſchaͤffte,</l><lb/> <l>Wie fern ſich ieder muß um ſeine pflicht bemuͤhn.</l><lb/> <l>Wo ein beqvemes feld, das lager abzuſtechen,</l><lb/> <l>Wie ein beſetzter paß wohl anzugreiffen ſey;</l><lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 4</fw> <fw place="bottom" type="catch">Wie</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [135/0137]
Begraͤbniß-Gedichte.
Dein auge ſaͤumet nicht die wunder anzumercken,
So mitten in der ſee in vielen inſuln ſtehn,
Wie noth und kunſt den ort durch druͤcken kan beſtaͤrcken,
Da ſeine kahue doch durch alle gaſſen gehn.
Auf reiſen kan man mehr in einem tage wiſſen,
Als uns ein gantzes jahr aus ſtummen buͤchern lehrt.
Und dis, worauf, o Printz! dein eifer war befliſſen,
Hat die erfahrung dir begierig zugekehrt.
Doch ſoll ich anders nichts, als Wilhelms reiſen zehlen?
Nein: Ob Vlyſſes ſchon durch ſee und laͤnder ſchweifft;
So will ihm dennoch viel an ſeinem ruhme fehlen,
Wenn ſeine rege fauſt nicht nach dem degen greifft.
Jan Wilhelms ernſter muth ſchaut endlich nach den waffen,
So ihm des himmels ſchluß vorlaͤngſten zuerkannt:
Ein kluger printz verſteht, worzu er ſey erſchaffen,
Nicht vor ſein eigen wohl, nur vor das vaterland.
Der Rhein hat ihn zuerſt in blanckem ſtahl erblicket,
Der ihm beym erſten gruß den friſchen lorbeer wieß.
Es war das krieges-volck in ehren-furcht entzuͤcket,
Als dieſer junge held den degen blincken ließ.
Doch Willjam, deſſen arm die ſchwache freyheit decket,
Als ihr ein kuͤhner feind faſt an das hertze griff,
Hat unſers Fuͤrſten muth durch neue huld erwecket,
So ihn ins Niederland zu großen thaten rieff.
Hier war der tummel-platz, da Wilhelm ſeine proben
Jn muntrer freudigkeit dem großen Willjam gab;
Was unſer Wilhelm thut, muß jener Willjam loben,
Die wahrheit ſtattet ſelbſt ein treues zeugniß ab.
Hier haſt du, Großer Printz! kein ungemach geſcheuet:
Was andern grauen macht, war dir ein rechtes ſpiel:
Ob hunger, hitz und durſt, ob froſt und nebel draͤuet:
Ob die geſtaͤrckte macht der feinde ſchrecken will;
So achtſt du dieſes nicht; du zeigeſt deine kraͤffte,
Die GOtt und die natur dem helden-geiſt verliehn,
Du kenneſt uͤberall die wichtigſten geſchaͤffte,
Wie fern ſich ieder muß um ſeine pflicht bemuͤhn.
Wo ein beqvemes feld, das lager abzuſtechen,
Wie ein beſetzter paß wohl anzugreiffen ſey;
Wie
J 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |