Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Begräbniß-Gedichte. Sich nur an krieg und blut nach rauher art ergetzen,Und vor dem friedens-brief den hut ins auge ziehn, Der armen leute raub vor seinen reichthum schätzen, Und sich im krieg auf krieg, im mord auf mord bemühn, Steht keinen helden an. Sie kriegen, daß sie siegen, Sie siegen, bis die ruh ein treues volck erqvickt. So kanst du, Großer Printz! den helden-muth vergnügen, Als nun ein lieber schluß das öde land beglückt. Hat schon kein Muselmann dein tapffres schwerd empfunden, Hat er doch deinen muth verwundernd angesehn; Es fühlt der Türcken heer von dir zwar keine wunden, Doch muß dein tugend-glantz ihm tieff ins hertze gehn. Die barbarn sahen dich, als sie um friede baten, Als der gesandten zunfft ins deutsche lager kam. Sie starrten über dir, daß, als sie näher traten, Dein unverzagter blick ihr hertz in fessel nahm, Doch fessel voller gunst. Du selber trugst verlangen, Das ungeschlachte volck genauer zu beschaun. Jhr lager solte dich nach ihrem wunsch empfangen, So weit ihr kühner arm kont' ihre zelter baun. Es ehrte dich das heer; die angesehne Bassen Die zogen deine zier Stamboldens printzen vor. Die frechen Thracier, die schnaubenden Circassen Die huben, Wilhelm! dich in ihrem sinn empor. Das dumme heyden-volck von Bosphors kalten sande, Von des Mäotis pful, vom Dnieper, von der Don, Von Taurus klippen her, vom heißen Nilus-strande. Bey allen trugest du den grösten preis davon. Sie schätzten sich beglückt, daß sie den printzen sahen, Der sie, doch ohne schwerd, mit stillen mienen sprach, Daß du zu ihnen kontst und sie zu dir sich nahen, Da doch kein ungestüm den umgang unterbrach. Da nun Europa sich mit friedens-palmen crönet, Und das verbrauchte schwerd zu krummen sicheln schleifft, Was ists, das ferner dir den weg zum ruhme bähnet, Wenn dein bemühter arm nicht schild und spieß ergreifft? Es schien, ob wärest du zun waffen nur geboren, Als dich der himmel selbst bisher zu felde rief, Doch J 5
Begraͤbniß-Gedichte. Sich nur an krieg und blut nach rauher art ergetzen,Und vor dem friedens-brief den hut ins auge ziehn, Der armen leute raub vor ſeinen reichthum ſchaͤtzen, Und ſich im krieg auf krieg, im mord auf mord bemuͤhn, Steht keinen helden an. Sie kriegen, daß ſie ſiegen, Sie ſiegen, bis die ruh ein treues volck erqvickt. So kanſt du, Großer Printz! den helden-muth vergnuͤgen, Als nun ein lieber ſchluß das oͤde land begluͤckt. Hat ſchon kein Muſelmann dein tapffres ſchwerd empfunden, Hat er doch deinen muth verwundernd angeſehn; Es fuͤhlt der Tuͤrcken heer von dir zwar keine wunden, Doch muß dein tugend-glantz ihm tieff ins hertze gehn. Die barbarn ſahen dich, als ſie um friede baten, Als der geſandten zunfft ins deutſche lager kam. Sie ſtarrten uͤber dir, daß, als ſie naͤher traten, Dein unverzagter blick ihr hertz in feſſel nahm, Doch feſſel voller gunſt. Du ſelber trugſt verlangen, Das ungeſchlachte volck genauer zu beſchaun. Jhr lager ſolte dich nach ihrem wunſch empfangen, So weit ihr kuͤhner arm kont’ ihre zelter baun. Es ehrte dich das heer; die angeſehne Baſſen Die zogen deine zier Stamboldens printzen vor. Die frechen Thracier, die ſchnaubenden Circaſſen Die huben, Wilhelm! dich in ihrem ſinn empor. Das dumme heyden-volck von Boſphors kalten ſande, Von des Maͤotis pful, vom Dnieper, von der Don, Von Taurus klippen her, vom heißen Nilus-ſtrande. Bey allen trugeſt du den groͤſten preis davon. Sie ſchaͤtzten ſich begluͤckt, daß ſie den printzen ſahen, Der ſie, doch ohne ſchwerd, mit ſtillen mienen ſprach, Daß du zu ihnen kontſt und ſie zu dir ſich nahen, Da doch kein ungeſtuͤm den umgang unterbrach. Da nun Europa ſich mit friedens-palmen croͤnet, Und das verbrauchte ſchwerd zu krummen ſicheln ſchleifft, Was iſts, das ferner dir den weg zum ruhme baͤhnet, Wenn dein bemuͤhter arm nicht ſchild und ſpieß ergreifft? Es ſchien, ob waͤreſt du zun waffen nur geboren, Als dich der himmel ſelbſt bisher zu felde rief, Doch J 5
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Begraͤbniß-Gedichte.
Sich nur an krieg und blut nach rauher art ergetzen,
Und vor dem friedens-brief den hut ins auge ziehn,
Der armen leute raub vor ſeinen reichthum ſchaͤtzen,
Und ſich im krieg auf krieg, im mord auf mord bemuͤhn,
Steht keinen helden an. Sie kriegen, daß ſie ſiegen,
Sie ſiegen, bis die ruh ein treues volck erqvickt.
So kanſt du, Großer Printz! den helden-muth vergnuͤgen,
Als nun ein lieber ſchluß das oͤde land begluͤckt.
Hat ſchon kein Muſelmann dein tapffres ſchwerd empfunden,
Hat er doch deinen muth verwundernd angeſehn;
Es fuͤhlt der Tuͤrcken heer von dir zwar keine wunden,
Doch muß dein tugend-glantz ihm tieff ins hertze gehn.
Die barbarn ſahen dich, als ſie um friede baten,
Als der geſandten zunfft ins deutſche lager kam.
Sie ſtarrten uͤber dir, daß, als ſie naͤher traten,
Dein unverzagter blick ihr hertz in feſſel nahm,
Doch feſſel voller gunſt. Du ſelber trugſt verlangen,
Das ungeſchlachte volck genauer zu beſchaun.
Jhr lager ſolte dich nach ihrem wunſch empfangen,
So weit ihr kuͤhner arm kont’ ihre zelter baun.
Es ehrte dich das heer; die angeſehne Baſſen
Die zogen deine zier Stamboldens printzen vor.
Die frechen Thracier, die ſchnaubenden Circaſſen
Die huben, Wilhelm! dich in ihrem ſinn empor.
Das dumme heyden-volck von Boſphors kalten ſande,
Von des Maͤotis pful, vom Dnieper, von der Don,
Von Taurus klippen her, vom heißen Nilus-ſtrande.
Bey allen trugeſt du den groͤſten preis davon.
Sie ſchaͤtzten ſich begluͤckt, daß ſie den printzen ſahen,
Der ſie, doch ohne ſchwerd, mit ſtillen mienen ſprach,
Daß du zu ihnen kontſt und ſie zu dir ſich nahen,
Da doch kein ungeſtuͤm den umgang unterbrach.
Da nun Europa ſich mit friedens-palmen croͤnet,
Und das verbrauchte ſchwerd zu krummen ſicheln ſchleifft,
Was iſts, das ferner dir den weg zum ruhme baͤhnet,
Wenn dein bemuͤhter arm nicht ſchild und ſpieß ergreifft?
Es ſchien, ob waͤreſt du zun waffen nur geboren,
Als dich der himmel ſelbſt bisher zu felde rief,
Doch
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