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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Ach! wo die liebe noch dein treues hertze rühret,
So heile diesen schlag! Hilff, daß nach dieser nacht,
Wo noch die Majestät den Vater-titul führet,
Ein froher morgen-stern auf unsern Friedrich lacht.


Die
Den 1 Sept. 1708 verblichene, und von
den Musen hertzl. beweinete
Gräfin von Neithardt,
geborne von Crane, etc.
B. N.
ES war ein tag der angst und banger finsterniß:
Der sturm, der mit gewalt aus seinen angeln riß,
Bedeckte feld und lufft mit schrecken-vollen blitzen:
Die matte taube flog in enge felsen-ritzen:
Das abgejagte reh nach seinem lager zu:
Der hirte stund erblaßt: Der jäger suchte ruh:
Der gantze Pindus war mit schwartzer nacht umzogen,
Und Phöbus stützte sich betrübt auf seinen bogen,
Betrübt auf seinen arm und auf sein flöten-spiel;
Als ihm Melpomene halb todt zu füßen fiel.
O Vater! brach sie los; was bist du doch gewesen,
Als ehmals alle welt von deiner hand genesen?
Was aber bist du nun? Ein artzt, der nur betrübt.
Es stirbet, der dich ehrt; Es stirbet, der dich liebt.
So war es nicht vor dem. Egyptens wunder-säulen,
Sind zeugen, daß durch dich man alles konte heilen.
Jtzt stirbet alles weg: Und dennoch soll der stein,
Der stein, den du beseelst, noch hier auf erden seyn.
Man sucht ihn tag und nacht auf angefeurten kohlen;
Ach! aber nur umsonst: Das wunder bleibt verholen;
Und Phöbus ist nunmehr ein bloser leyer-mann,
Ein mann, der verse macht, und nichts als spielen kan.
So
K 3
Begraͤbniß-Gedichte.
Ach! wo die liebe noch dein treues hertze ruͤhret,
So heile dieſen ſchlag! Hilff, daß nach dieſer nacht,
Wo noch die Majeſtaͤt den Vater-titul fuͤhret,
Ein froher morgen-ſtern auf unſern Friedrich lacht.


Die
Den 1 Sept. 1708 verblichene, und von
den Muſen hertzl. beweinete
Graͤfin von Neithardt,
geborne von Crane, ꝛc.
B. N.
ES war ein tag der angſt und banger finſterniß:
Der ſturm, der mit gewalt aus ſeinen angeln riß,
Bedeckte feld und lufft mit ſchrecken-vollen blitzen:
Die matte taube flog in enge felſen-ritzen:
Das abgejagte reh nach ſeinem lager zu:
Der hirte ſtund erblaßt: Der jaͤger ſuchte ruh:
Der gantze Pindus war mit ſchwartzer nacht umzogen,
Und Phoͤbus ſtuͤtzte ſich betruͤbt auf ſeinen bogen,
Betruͤbt auf ſeinen arm und auf ſein floͤten-ſpiel;
Als ihm Melpomene halb todt zu fuͤßen fiel.
O Vater! brach ſie los; was biſt du doch geweſen,
Als ehmals alle welt von deiner hand geneſen?
Was aber biſt du nun? Ein artzt, der nur betruͤbt.
Es ſtirbet, der dich ehrt; Es ſtirbet, der dich liebt.
So war es nicht vor dem. Egyptens wunder-ſaͤulen,
Sind zeugen, daß durch dich man alles konte heilen.
Jtzt ſtirbet alles weg: Und dennoch ſoll der ſtein,
Der ſtein, den du beſeelſt, noch hier auf erden ſeyn.
Man ſucht ihn tag und nacht auf angefeurten kohlen;
Ach! aber nur umſonſt: Das wunder bleibt verholen;
Und Phoͤbus iſt nunmehr ein bloſer leyer-mann,
Ein mann, der verſe macht, und nichts als ſpielen kan.
So
K 3
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[149/0151] Begraͤbniß-Gedichte. Ach! wo die liebe noch dein treues hertze ruͤhret, So heile dieſen ſchlag! Hilff, daß nach dieſer nacht, Wo noch die Majeſtaͤt den Vater-titul fuͤhret, Ein froher morgen-ſtern auf unſern Friedrich lacht. Die Den 1 Sept. 1708 verblichene, und von den Muſen hertzl. beweinete Graͤfin von Neithardt, geborne von Crane, ꝛc. B. N. ES war ein tag der angſt und banger finſterniß: Der ſturm, der mit gewalt aus ſeinen angeln riß, Bedeckte feld und lufft mit ſchrecken-vollen blitzen: Die matte taube flog in enge felſen-ritzen: Das abgejagte reh nach ſeinem lager zu: Der hirte ſtund erblaßt: Der jaͤger ſuchte ruh: Der gantze Pindus war mit ſchwartzer nacht umzogen, Und Phoͤbus ſtuͤtzte ſich betruͤbt auf ſeinen bogen, Betruͤbt auf ſeinen arm und auf ſein floͤten-ſpiel; Als ihm Melpomene halb todt zu fuͤßen fiel. O Vater! brach ſie los; was biſt du doch geweſen, Als ehmals alle welt von deiner hand geneſen? Was aber biſt du nun? Ein artzt, der nur betruͤbt. Es ſtirbet, der dich ehrt; Es ſtirbet, der dich liebt. So war es nicht vor dem. Egyptens wunder-ſaͤulen, Sind zeugen, daß durch dich man alles konte heilen. Jtzt ſtirbet alles weg: Und dennoch ſoll der ſtein, Der ſtein, den du beſeelſt, noch hier auf erden ſeyn. Man ſucht ihn tag und nacht auf angefeurten kohlen; Ach! aber nur umſonſt: Das wunder bleibt verholen; Und Phoͤbus iſt nunmehr ein bloſer leyer-mann, Ein mann, der verſe macht, und nichts als ſpielen kan. So K 3

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 149. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/151>, abgerufen am 23.11.2024.