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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Begräbniß-Gedichte.
Jch will, ich spiele schon. Ach aber! wie? und was?
Legt man zu rosen auch laub und gemeines gras?
Läßt man bey flöten auch ein haber-rohr erklingen?
Budorgis reget sich, und seine schwäne schwingen
Sich über mich empor: Der krancke Rosenroth
Beweget, ob ihn gleich der Gräfin schneller tod
So sehr, als mich erschreckt, doch die zerbrochnen glieder,
Und setzt sich gantz erblaßt bey ihrem grabe nieder.
Hier singt er, was vor dem kaum Orpheus gethan:
Der stieg zur höllen ab; er steiget himmel-an,
Und spricht: Getrost, mein Graf! ich seh' die lebens-crone,
Mit der die Todte prangt: Jch seh' sie auf dem throne
Der ehren ewig stehn. Was er im geiste sagt,
Das sag' ich frölich nach: Jch habe mich gewagt,
Dis wunder-bild zu sehn: Jch hab' es auch gehöret.
Was hat ihr frommer mund mich damals nicht gelehret!
Wie hat ihr süßes spiel mich damals nicht ergetzt!
Klagt andre, die man kaum der klage würdig schätzt!
Klagt andre, deren ruff muß wie der leib verschwinden!
Die stets unsterblich seyn, bis sie den tod empfinden,
Und ieden todes-schritt mit schwerem willen thun.
Wer in der erde kan, wie unsre Gräfin, ruhn,
Und doch auf erden läst sein stetes lob erschallen,
Dem sind mehr jahre zu, als jahre weggefallen.
Ach! könnt ihr alle doch, die ihr der stoltzen welt
Fußfällig weyrauch streut, und mehr nach guth und geld,
Als wahrer weisheit strebt, hier ein exempel fassen,
Wie man bey voller lust soll alle lust verlassen!
Was unsre Gräfin war, ist euch genug bekant.
Sie war groß an geburt, noch größer an verstand,
Und dreymal größer noch in ihrem eh-gemahle.
Jhr kostbares gemach gliech einem götter-saale,
Wo aber niemand doch, als Pallas, tafel hielt,
Die Musen sich ergetzt, und Phöbus aufgespielt.
Jhr bette war ein feld der allerschönsten früchte;
Jhr cabinet ein brunn der herrlichsten gedichte;
Jhr hauß ein freuden-hauß: Allein was andern kaum
Zu lassen möglich scheint, schien ihr ein bloser traum.
Sie
K 4
Begraͤbniß-Gedichte.
Jch will, ich ſpiele ſchon. Ach aber! wie? und was?
Legt man zu roſen auch laub und gemeines gras?
Laͤßt man bey floͤten auch ein haber-rohr erklingen?
Budorgis reget ſich, und ſeine ſchwaͤne ſchwingen
Sich uͤber mich empor: Der krancke Roſenroth
Beweget, ob ihn gleich der Graͤfin ſchneller tod
So ſehr, als mich erſchreckt, doch die zerbrochnen glieder,
Und ſetzt ſich gantz erblaßt bey ihrem grabe nieder.
Hier ſingt er, was vor dem kaum Orpheus gethan:
Der ſtieg zur hoͤllen ab; er ſteiget himmel-an,
Und ſpricht: Getroſt, mein Graf! ich ſeh’ die lebens-crone,
Mit der die Todte prangt: Jch ſeh’ ſie auf dem throne
Der ehren ewig ſtehn. Was er im geiſte ſagt,
Das ſag’ ich froͤlich nach: Jch habe mich gewagt,
Dis wunder-bild zu ſehn: Jch hab’ es auch gehoͤret.
Was hat ihr frommer mund mich damals nicht gelehret!
Wie hat ihr ſuͤßes ſpiel mich damals nicht ergetzt!
Klagt andre, die man kaum der klage wuͤrdig ſchaͤtzt!
Klagt andre, deren ruff muß wie der leib verſchwinden!
Die ſtets unſterblich ſeyn, bis ſie den tod empfinden,
Und ieden todes-ſchritt mit ſchwerem willen thun.
Wer in der erde kan, wie unſre Graͤfin, ruhn,
Und doch auf erden laͤſt ſein ſtetes lob erſchallen,
Dem ſind mehr jahre zu, als jahre weggefallen.
Ach! koͤnnt ihr alle doch, die ihr der ſtoltzen welt
Fußfaͤllig weyrauch ſtreut, und mehr nach guth und geld,
Als wahrer weisheit ſtrebt, hier ein exempel faſſen,
Wie man bey voller luſt ſoll alle luſt verlaſſen!
Was unſre Graͤfin war, iſt euch genug bekant.
Sie war groß an geburt, noch groͤßer an verſtand,
Und dreymal groͤßer noch in ihrem eh-gemahle.
Jhr koſtbares gemach gliech einem goͤtter-ſaale,
Wo aber niemand doch, als Pallas, tafel hielt,
Die Muſen ſich ergetzt, und Phoͤbus aufgeſpielt.
Jhr bette war ein feld der allerſchoͤnſten fruͤchte;
Jhr cabinet ein brunn der herrlichſten gedichte;
Jhr hauß ein freuden-hauß: Allein was andern kaum
Zu laſſen moͤglich ſcheint, ſchien ihr ein bloſer traum.
Sie
K 4
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[151/0153] Begraͤbniß-Gedichte. Jch will, ich ſpiele ſchon. Ach aber! wie? und was? Legt man zu roſen auch laub und gemeines gras? Laͤßt man bey floͤten auch ein haber-rohr erklingen? Budorgis reget ſich, und ſeine ſchwaͤne ſchwingen Sich uͤber mich empor: Der krancke Roſenroth Beweget, ob ihn gleich der Graͤfin ſchneller tod So ſehr, als mich erſchreckt, doch die zerbrochnen glieder, Und ſetzt ſich gantz erblaßt bey ihrem grabe nieder. Hier ſingt er, was vor dem kaum Orpheus gethan: Der ſtieg zur hoͤllen ab; er ſteiget himmel-an, Und ſpricht: Getroſt, mein Graf! ich ſeh’ die lebens-crone, Mit der die Todte prangt: Jch ſeh’ ſie auf dem throne Der ehren ewig ſtehn. Was er im geiſte ſagt, Das ſag’ ich froͤlich nach: Jch habe mich gewagt, Dis wunder-bild zu ſehn: Jch hab’ es auch gehoͤret. Was hat ihr frommer mund mich damals nicht gelehret! Wie hat ihr ſuͤßes ſpiel mich damals nicht ergetzt! Klagt andre, die man kaum der klage wuͤrdig ſchaͤtzt! Klagt andre, deren ruff muß wie der leib verſchwinden! Die ſtets unſterblich ſeyn, bis ſie den tod empfinden, Und ieden todes-ſchritt mit ſchwerem willen thun. Wer in der erde kan, wie unſre Graͤfin, ruhn, Und doch auf erden laͤſt ſein ſtetes lob erſchallen, Dem ſind mehr jahre zu, als jahre weggefallen. Ach! koͤnnt ihr alle doch, die ihr der ſtoltzen welt Fußfaͤllig weyrauch ſtreut, und mehr nach guth und geld, Als wahrer weisheit ſtrebt, hier ein exempel faſſen, Wie man bey voller luſt ſoll alle luſt verlaſſen! Was unſre Graͤfin war, iſt euch genug bekant. Sie war groß an geburt, noch groͤßer an verſtand, Und dreymal groͤßer noch in ihrem eh-gemahle. Jhr koſtbares gemach gliech einem goͤtter-ſaale, Wo aber niemand doch, als Pallas, tafel hielt, Die Muſen ſich ergetzt, und Phoͤbus aufgeſpielt. Jhr bette war ein feld der allerſchoͤnſten fruͤchte; Jhr cabinet ein brunn der herrlichſten gedichte; Jhr hauß ein freuden-hauß: Allein was andern kaum Zu laſſen moͤglich ſcheint, ſchien ihr ein bloſer traum. Sie K 4

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/153>, abgerufen am 23.11.2024.