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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Vermischte Gedichte.
Als Tit.
Hr. Johann Franciscus Buddeus,
S S. Theologiae Doct. und Prof. zu Jena,
an. 1708 den 9 Aug. Pro-Rector
Magnificus
wurde.
G. A. v. M.
ES scheinet zwar sehr schwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-last zugleich gewachsen seyn.
Denn muß der liebe glut nicht bey der furcht erkalten?
Die sanfftmuth stimmet schlecht mit zucht und strafen ein.
Ein lehrer herrscht ja nicht; er zeigt durch weise liebe
Und sonder allen zwanck den lernenden die bahn;
Wer aber herrscht, der zwingt durch des gesetzes triebe,
Und strengt mit straf und zucht uns zum gehorsam an.
Die strafe zeuget furcht; Mit kluger sanfftmuth lehren
Zieht lauter liebe nach, die keine furcht verträgt.
Wer herrscht, der lehret nicht; man muß sein urtheil hören,
Das allen widerspruch mit macht zu boden legt.
So scheint es denn sehr schwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-last zugleich gewachsen seyn.
Solt' aber maucher es auch vor unmöglich halten,
So trifft die mögligkeit doch mit der wahrheit ein.
Wie viele Väter sieht man lehren und regieren?
Es können lieb' und ernst gar wol beysammen stehn.
Wir dörffen nur den witz auf hohe schulen führen,
So wird der zweiffel bald als wie ein dampff vergehn.
Hier ist der weisheit quell; hier ist es, wo wir lernen,
Daß, was unmöglich scheint, wol möglich werden kan.
Wir wollen uns nicht erst bis in die fremd' entfernen,
Saline zeiget uns das schönste beyspiel an;
Saline, wo so viel berühmte Männer lehren,
Die dennoch den Parnaß mit großem ruhm regiert.
Saline, wo wir itzt Buddeens namen ehren,
Den sein verdienst zwar mehr, als alle titul ziert.
Ehr-
Vermiſchte Gedichte.
Als Tit.
Hr. Johann Franciſcus Buddeus,
S S. Theologiæ Doct. und Prof. zu Jena,
an. 1708 den 9 Aug. Pro-Rector
Magnificus
wurde.
G. A. v. M.
ES ſcheinet zwar ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn.
Denn muß der liebe glut nicht bey der furcht erkalten?
Die ſanfftmuth ſtimmet ſchlecht mit zucht und ſtrafen ein.
Ein lehrer herrſcht ja nicht; er zeigt durch weiſe liebe
Und ſonder allen zwanck den lernenden die bahn;
Wer aber herrſcht, der zwingt durch des geſetzes triebe,
Und ſtrengt mit ſtraf und zucht uns zum gehorſam an.
Die ſtrafe zeuget furcht; Mit kluger ſanfftmuth lehren
Zieht lauter liebe nach, die keine furcht vertraͤgt.
Wer herrſcht, der lehret nicht; man muß ſein urtheil hoͤren,
Das allen widerſpruch mit macht zu boden legt.
So ſcheint es denn ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten,
Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn.
Solt’ aber maucher es auch vor unmoͤglich halten,
So trifft die moͤgligkeit doch mit der wahrheit ein.
Wie viele Vaͤter ſieht man lehren und regieren?
Es koͤnnen lieb’ und ernſt gar wol beyſammen ſtehn.
Wir doͤrffen nur den witz auf hohe ſchulen fuͤhren,
So wird der zweiffel bald als wie ein dampff vergehn.
Hier iſt der weisheit quell; hier iſt es, wo wir lernen,
Daß, was unmoͤglich ſcheint, wol moͤglich werden kan.
Wir wollen uns nicht erſt bis in die fremd’ entfernen,
Saline zeiget uns das ſchoͤnſte beyſpiel an;
Saline, wo ſo viel beruͤhmte Maͤnner lehren,
Die dennoch den Parnaß mit großem ruhm regiert.
Saline, wo wir itzt Buddeens namen ehren,
Den ſein verdienſt zwar mehr, als alle titul ziert.
Ehr-
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[186/0188] Vermiſchte Gedichte. Als Tit. Hr. Johann Franciſcus Buddeus, S S. Theologiæ Doct. und Prof. zu Jena, an. 1708 den 9 Aug. Pro-Rector Magnificus wurde. G. A. v. M. ES ſcheinet zwar ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten, Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn. Denn muß der liebe glut nicht bey der furcht erkalten? Die ſanfftmuth ſtimmet ſchlecht mit zucht und ſtrafen ein. Ein lehrer herrſcht ja nicht; er zeigt durch weiſe liebe Und ſonder allen zwanck den lernenden die bahn; Wer aber herrſcht, der zwingt durch des geſetzes triebe, Und ſtrengt mit ſtraf und zucht uns zum gehorſam an. Die ſtrafe zeuget furcht; Mit kluger ſanfftmuth lehren Zieht lauter liebe nach, die keine furcht vertraͤgt. Wer herrſcht, der lehret nicht; man muß ſein urtheil hoͤren, Das allen widerſpruch mit macht zu boden legt. So ſcheint es denn ſehr ſchwer, das lehrer-amt verwalten, Und der regierungs-laſt zugleich gewachſen ſeyn. Solt’ aber maucher es auch vor unmoͤglich halten, So trifft die moͤgligkeit doch mit der wahrheit ein. Wie viele Vaͤter ſieht man lehren und regieren? Es koͤnnen lieb’ und ernſt gar wol beyſammen ſtehn. Wir doͤrffen nur den witz auf hohe ſchulen fuͤhren, So wird der zweiffel bald als wie ein dampff vergehn. Hier iſt der weisheit quell; hier iſt es, wo wir lernen, Daß, was unmoͤglich ſcheint, wol moͤglich werden kan. Wir wollen uns nicht erſt bis in die fremd’ entfernen, Saline zeiget uns das ſchoͤnſte beyſpiel an; Saline, wo ſo viel beruͤhmte Maͤnner lehren, Die dennoch den Parnaß mit großem ruhm regiert. Saline, wo wir itzt Buddeens namen ehren, Den ſein verdienſt zwar mehr, als alle titul ziert. Ehr-

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 186. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/188>, abgerufen am 23.11.2024.