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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Verliebte und Galante Gedichte.
Wer lauter tholen hört, schreyt endlich auch wie tholen,
Und wen kein muntrer trieb aus seinem schlaf erweckt,
Der sucht gewiß sein licht bey ausgelöschten kohlen,
Und macht kein süßes lied, das zarten geistern schmeckt.
Will aber Sylvia mich gleichwol singen hören,
Und meine muse sehn, wie sie vor diesem war;
So muß sie mich fein offt mit ihren blicken ehren,
Denn solcher strahlen glantz macht trübe sinnen klar.
Sobald als ich dich seh', und deiner augen sonnen
Mir im gesichte stehn, so stehn die geister auf,
Der schon erstorbne trieb hat wiederum gewonnen,
Und meine poesie beginnt den ersten lauf.
Gleichwie ein nelcken-knopff, wenn er im schatten stecket,
Geringe kräffte zeigt und zugeschlossen steht,
Dann aber offen wird und seine blätter strecket,
Wenn das gewünschte licht sich über ihn erhöht;
So weckt auch deine gunst mein schläfriges gemüthe
Durch ihre strahlen auf, und giebt den sinnen krafft:
Sie rühret und erhitzt das laugsame geblüte,
Du glaubest nimmermehr, wieviel dein anblick schafft.
Drum, Edle Sylvia! soll ich so fertig dichten,
Als ich zuvor gethan, so muß ich alsobald
Aus meiner einsamkeit in diese gegend flüchten,
Wo deine sanffte stimm, o Nachtigall! erschallt.
Wo aber Sylvia sich nicht als Phöbus zeiget,
Dein zimmer mein Parnaß, dein licht mein feuer ist,
Und Aganippens flut aus deinen lippen steiget;
So glaube, daß dein mund nichts liebliches mehr liest.
Denn ohne fremden trieb wird nichts in uns beweget,
Die verse fallen mir nicht von sich selber ein;
Allein wenn Laura kommt und unsre geister reget,
So kan ein dichter auch leicht ein Petrarcha seyn.


An Melinden wegen seiner l
DU tadelst meine lieb', unbillige Melinde!
Jhr lallen und ihr schertz erwecket dir verdruß
Hofm. w. V. Th. P
Verliebte und Galante Gedichte.
Wer lauter tholen hoͤrt, ſchreyt endlich auch wie tholen,
Und wen kein muntrer trieb aus ſeinem ſchlaf erweckt,
Der ſucht gewiß ſein licht bey ausgeloͤſchten kohlen,
Und macht kein ſuͤßes lied, das zarten geiſtern ſchmeckt.
Will aber Sylvia mich gleichwol ſingen hoͤren,
Und meine muſe ſehn, wie ſie vor dieſem war;
So muß ſie mich fein offt mit ihren blicken ehren,
Denn ſolcher ſtrahlen glantz macht truͤbe ſinnen klar.
Sobald als ich dich ſeh’, und deiner augen ſonnen
Mir im geſichte ſtehn, ſo ſtehn die geiſter auf,
Der ſchon erſtorbne trieb hat wiederum gewonnen,
Und meine poeſie beginnt den erſten lauf.
Gleichwie ein nelcken-knopff, wenn er im ſchatten ſtecket,
Geringe kraͤffte zeigt und zugeſchloſſen ſteht,
Dann aber offen wird und ſeine blaͤtter ſtrecket,
Wenn das gewuͤnſchte licht ſich uͤber ihn erhoͤht;
So weckt auch deine gunſt mein ſchlaͤfriges gemuͤthe
Durch ihre ſtrahlen auf, und giebt den ſinnen krafft:
Sie ruͤhret und erhitzt das laugſame gebluͤte,
Du glaubeſt nimmermehr, wieviel dein anblick ſchafft.
Drum, Edle Sylvia! ſoll ich ſo fertig dichten,
Als ich zuvor gethan, ſo muß ich alſobald
Aus meiner einſamkeit in dieſe gegend fluͤchten,
Wo deine ſanffte ſtimm, o Nachtigall! erſchallt.
Wo aber Sylvia ſich nicht als Phoͤbus zeiget,
Dein zimmer mein Parnaß, dein licht mein feuer iſt,
Und Aganippens flut aus deinen lippen ſteiget;
So glaube, daß dein mund nichts liebliches mehr lieſt.
Denn ohne fremden trieb wird nichts in uns beweget,
Die verſe fallen mir nicht von ſich ſelber ein;
Allein wenn Laura kommt und unſre geiſter reget,
So kan ein dichter auch leicht ein Petrarcha ſeyn.


An Melinden wegen ſeiner l
DU tadelſt meine lieb’, unbillige Melinde!
Jhr lallen und ihr ſchertz erwecket dir verdruß
Hofm. w. V. Th. P
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[225/0227] Verliebte und Galante Gedichte. Wer lauter tholen hoͤrt, ſchreyt endlich auch wie tholen, Und wen kein muntrer trieb aus ſeinem ſchlaf erweckt, Der ſucht gewiß ſein licht bey ausgeloͤſchten kohlen, Und macht kein ſuͤßes lied, das zarten geiſtern ſchmeckt. Will aber Sylvia mich gleichwol ſingen hoͤren, Und meine muſe ſehn, wie ſie vor dieſem war; So muß ſie mich fein offt mit ihren blicken ehren, Denn ſolcher ſtrahlen glantz macht truͤbe ſinnen klar. Sobald als ich dich ſeh’, und deiner augen ſonnen Mir im geſichte ſtehn, ſo ſtehn die geiſter auf, Der ſchon erſtorbne trieb hat wiederum gewonnen, Und meine poeſie beginnt den erſten lauf. Gleichwie ein nelcken-knopff, wenn er im ſchatten ſtecket, Geringe kraͤffte zeigt und zugeſchloſſen ſteht, Dann aber offen wird und ſeine blaͤtter ſtrecket, Wenn das gewuͤnſchte licht ſich uͤber ihn erhoͤht; So weckt auch deine gunſt mein ſchlaͤfriges gemuͤthe Durch ihre ſtrahlen auf, und giebt den ſinnen krafft: Sie ruͤhret und erhitzt das laugſame gebluͤte, Du glaubeſt nimmermehr, wieviel dein anblick ſchafft. Drum, Edle Sylvia! ſoll ich ſo fertig dichten, Als ich zuvor gethan, ſo muß ich alſobald Aus meiner einſamkeit in dieſe gegend fluͤchten, Wo deine ſanffte ſtimm, o Nachtigall! erſchallt. Wo aber Sylvia ſich nicht als Phoͤbus zeiget, Dein zimmer mein Parnaß, dein licht mein feuer iſt, Und Aganippens flut aus deinen lippen ſteiget; So glaube, daß dein mund nichts liebliches mehr lieſt. Denn ohne fremden trieb wird nichts in uns beweget, Die verſe fallen mir nicht von ſich ſelber ein; Allein wenn Laura kommt und unſre geiſter reget, So kan ein dichter auch leicht ein Petrarcha ſeyn. An Melinden wegen ſeiner l DU tadelſt meine lieb’, unbillige Melinde! Jhr lallen und ihr ſchertz erwecket dir verdruß Hofm. w. V. Th. P

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/227>, abgerufen am 23.11.2024.