Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Verliebte und Galante Gedichte. Und stieß am ufer ihr die wörter von dem mund:Abtrünniger, verlogner, falscher hund! Machst du nach so viel theuren schwüren, Dir kein gewissen nicht, mich hinters licht zu führen? So reisse dieser strom mich aus der angst und schande! Hiermit erhob sie sich, der fuß war schon am strande, Und zum absprung ausgestreckt; Doch als der nahe tod ein grausen ihr erweckt, So zog sie zitternde den zarten fuß zurücke, Und rief: Bin ich nicht tumm? es sind zu gutem glücke Ja noch viel hirten da, Küßt Thyrsis gleich itzund die Sylvia; Es kan vor mich noch hundert buhler geben, Jch aber habe doch mehr nicht als nur ein leben. Als er seine Liebste vor eine schö- JNdem ein edelsteinnere fahren ließ. Durch seinen süßen wunder-schein Bemühet ist mein aug' an sich zu hefften, So tritt ein andrer vor, der mit noch stärckern kräfften Demselben seinen glantz, und mir das hertz entzieht. Ach, Amor! wilst du mir einmal zu dienste leben, So mache, daß er bald in mich versetzet sey; Das gold ist meine treu, Und wenn das feuer nicht in deiner werckstatt glüht, Kan meine liebe schon hierzu die glut hergeben. Die glückliche nachtigall. Du kern der nachigallen!Mein zustand trifft fast mit dem deinen zu: Jch bin gefangen, gleichwie du: Du singst, und ich sing auch, um dieser zu gefallen, Die R 3
Verliebte und Galante Gedichte. Und ſtieß am ufer ihr die woͤrter von dem mund:Abtruͤnniger, verlogner, falſcher hund! Machſt du nach ſo viel theuren ſchwuͤren, Dir kein gewiſſen nicht, mich hinters licht zu fuͤhren? So reiſſe dieſer ſtrom mich aus der angſt und ſchande! Hiermit erhob ſie ſich, der fuß war ſchon am ſtrande, Und zum abſprung ausgeſtreckt; Doch als der nahe tod ein grauſen ihr erweckt, So zog ſie zitternde den zarten fuß zuruͤcke, Und rief: Bin ich nicht tumm? es ſind zu gutem gluͤcke Ja noch viel hirten da, Kuͤßt Thyrſis gleich itzund die Sylvia; Es kan vor mich noch hundert buhler geben, Jch aber habe doch mehr nicht als nur ein leben. Als er ſeine Liebſte vor eine ſchoͤ- JNdem ein edelſteinnere fahren ließ. Durch ſeinen ſuͤßen wunder-ſchein Bemuͤhet iſt mein aug’ an ſich zu hefften, So tritt ein andrer vor, der mit noch ſtaͤrckern kraͤfften Demſelben ſeinen glantz, und mir das hertz entzieht. Ach, Amor! wilſt du mir einmal zu dienſte leben, So mache, daß er bald in mich verſetzet ſey; Das gold iſt meine treu, Und wenn das feuer nicht in deiner werckſtatt gluͤht, Kan meine liebe ſchon hierzu die glut hergeben. Die gluͤckliche nachtigall. Du kern der nachigallen!Mein zuſtand trifft faſt mit dem deinen zu: Jch bin gefangen, gleichwie du: Du ſingſt, und ich ſing auch, um dieſer zu gefallen, Die R 3
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Verliebte und Galante Gedichte.
Und ſtieß am ufer ihr die woͤrter von dem mund:
Abtruͤnniger, verlogner, falſcher hund!
Machſt du nach ſo viel theuren ſchwuͤren,
Dir kein gewiſſen nicht, mich hinters licht zu fuͤhren?
So reiſſe dieſer ſtrom mich aus der angſt und ſchande!
Hiermit erhob ſie ſich, der fuß war ſchon am ſtrande,
Und zum abſprung ausgeſtreckt;
Doch als der nahe tod ein grauſen ihr erweckt,
So zog ſie zitternde den zarten fuß zuruͤcke,
Und rief: Bin ich nicht tumm? es ſind zu gutem gluͤcke
Ja noch viel hirten da,
Kuͤßt Thyrſis gleich itzund die Sylvia;
Es kan vor mich noch hundert buhler geben,
Jch aber habe doch mehr nicht als nur ein leben.
Als er ſeine Liebſte vor eine ſchoͤ-
nere fahren ließ.
JNdem ein edelſtein
Durch ſeinen ſuͤßen wunder-ſchein
Bemuͤhet iſt mein aug’ an ſich zu hefften,
So tritt ein andrer vor, der mit noch ſtaͤrckern kraͤfften
Demſelben ſeinen glantz, und mir das hertz entzieht.
Ach, Amor! wilſt du mir einmal zu dienſte leben,
So mache, daß er bald in mich verſetzet ſey;
Das gold iſt meine treu,
Und wenn das feuer nicht in deiner werckſtatt gluͤht,
Kan meine liebe ſchon hierzu die glut hergeben.
Die gluͤckliche nachtigall.
Du kern der nachigallen!
Mein zuſtand trifft faſt mit dem deinen zu:
Jch bin gefangen, gleichwie du:
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