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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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Vermischte Gedichte.
Wiewol die wenigsten nach dieser regel wehlen,
Weil das gehorsams-joch dem fleische bange thut.
Drum dient der gröste theil aus noth und nicht aus liebe;
Doch wer die sanffte last nicht ohne murren trägt,
Der hat ihm, wenn er sich schon vor verdruß begrübe,
Nur eine größre bürd auf seinen hals gelegt.
Drum lerne durch den Geist des fleisches hoffart stillen,
Sonst übergiebst du dich der ärgsten tyranney;
Denn wo das hertze nicht sich um des Höchsten willen
Freymüthig unterwirfft, so wirst du niemals frey.
Glaubst du es aber nicht, so lerne mit verlierung
Der allzutheuren zeit, was hier dein auge liest;
Und sage mir alsdenn, ob ausser der regierung,
Die uns in Christo führt, die ruh zu finden ist.
Der eingebildte wahn hat ihrer viel betrogen,
Denn die zufriedenheit liegt an dem orte nicht:
Ein tugendhaffter mann ruht zwischen well und wogen,
Wenn einem thoren auch in hafen ruh gebricht.
Es ist wol, leyder! wahr, daß ieder seinen willen
Und eigensinn allein vor seinen herrn erkennt;
Was die begierde sagt, das muß die hand erfüllen,
Und wer das strafen will, der wird ein feind genennt.
Doch wo wir GOttes ehr' und unsre wohlfahrt suchen,
So muß die eigenheit nicht unser abgott seyn.
Ach lerne, lieber mensch! den eigensinn verfluchen,
Und räume, was du kanst, des friedens wege ein.
Denn wo ist solch ein mensch, der alles ausstudiret,
Und der in dieser welt nichts mehr zu lernen hat?
Wer ihm alleine glaubt, wird insgemein verführet:
Wer sicher gehen will, sucht auch bey andern rath.
Jst deine meynung gut, und dein gehorsam hertze
Schlägt sie aus Gottes rath und antrieb in den wind,
So glaube, daß dein geist nach überstandnem schmertze
Vor das vermeynte gut das höchste gut gewinnt.
Wer andern rath ertheilt, geht lange nicht so sicher,
Als der sich rathen läst, wie die erfahrung zeigt.
Zucht und gehorsam macht viel klüger, als viel bücher,
Weil Gott den niedrigen nichts heilsames verschweigt.
Drum
Vermiſchte Gedichte.
Wiewol die wenigſten nach dieſer regel wehlen,
Weil das gehorſams-joch dem fleiſche bange thut.
Drum dient der groͤſte theil aus noth und nicht aus liebe;
Doch wer die ſanffte laſt nicht ohne murren traͤgt,
Der hat ihm, wenn er ſich ſchon vor verdruß begruͤbe,
Nur eine groͤßre buͤrd auf ſeinen hals gelegt.
Drum lerne durch den Geiſt des fleiſches hoffart ſtillen,
Sonſt uͤbergiebſt du dich der aͤrgſten tyranney;
Denn wo das hertze nicht ſich um des Hoͤchſten willen
Freymuͤthig unterwirfft, ſo wirſt du niemals frey.
Glaubſt du es aber nicht, ſo lerne mit verlierung
Der allzutheuren zeit, was hier dein auge lieſt;
Und ſage mir alsdenn, ob auſſer der regierung,
Die uns in Chriſto fuͤhrt, die ruh zu finden iſt.
Der eingebildte wahn hat ihrer viel betrogen,
Denn die zufriedenheit liegt an dem orte nicht:
Ein tugendhaffter mann ruht zwiſchen well und wogen,
Wenn einem thoren auch in hafen ruh gebricht.
Es iſt wol, leyder! wahr, daß ieder ſeinen willen
Und eigenſinn allein vor ſeinen herrn erkennt;
Was die begierde ſagt, das muß die hand erfuͤllen,
Und wer das ſtrafen will, der wird ein feind genennt.
Doch wo wir GOttes ehr’ und unſre wohlfahrt ſuchen,
So muß die eigenheit nicht unſer abgott ſeyn.
Ach lerne, lieber menſch! den eigenſinn verfluchen,
Und raͤume, was du kanſt, des friedens wege ein.
Denn wo iſt ſolch ein menſch, der alles ausſtudiret,
Und der in dieſer welt nichts mehr zu lernen hat?
Wer ihm alleine glaubt, wird insgemein verfuͤhret:
Wer ſicher gehen will, ſucht auch bey andern rath.
Jſt deine meynung gut, und dein gehorſam hertze
Schlaͤgt ſie aus Gottes rath und antrieb in den wind,
So glaube, daß dein geiſt nach uͤberſtandnem ſchmertze
Vor das vermeynte gut das hoͤchſte gut gewinnt.
Wer andern rath ertheilt, geht lange nicht ſo ſicher,
Als der ſich rathen laͤſt, wie die erfahrung zeigt.
Zucht und gehorſam macht viel kluͤger, als viel buͤcher,
Weil Gott den niedrigen nichts heilſames verſchweigt.
Drum
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[287/0289] Vermiſchte Gedichte. Wiewol die wenigſten nach dieſer regel wehlen, Weil das gehorſams-joch dem fleiſche bange thut. Drum dient der groͤſte theil aus noth und nicht aus liebe; Doch wer die ſanffte laſt nicht ohne murren traͤgt, Der hat ihm, wenn er ſich ſchon vor verdruß begruͤbe, Nur eine groͤßre buͤrd auf ſeinen hals gelegt. Drum lerne durch den Geiſt des fleiſches hoffart ſtillen, Sonſt uͤbergiebſt du dich der aͤrgſten tyranney; Denn wo das hertze nicht ſich um des Hoͤchſten willen Freymuͤthig unterwirfft, ſo wirſt du niemals frey. Glaubſt du es aber nicht, ſo lerne mit verlierung Der allzutheuren zeit, was hier dein auge lieſt; Und ſage mir alsdenn, ob auſſer der regierung, Die uns in Chriſto fuͤhrt, die ruh zu finden iſt. Der eingebildte wahn hat ihrer viel betrogen, Denn die zufriedenheit liegt an dem orte nicht: Ein tugendhaffter mann ruht zwiſchen well und wogen, Wenn einem thoren auch in hafen ruh gebricht. Es iſt wol, leyder! wahr, daß ieder ſeinen willen Und eigenſinn allein vor ſeinen herrn erkennt; Was die begierde ſagt, das muß die hand erfuͤllen, Und wer das ſtrafen will, der wird ein feind genennt. Doch wo wir GOttes ehr’ und unſre wohlfahrt ſuchen, So muß die eigenheit nicht unſer abgott ſeyn. Ach lerne, lieber menſch! den eigenſinn verfluchen, Und raͤume, was du kanſt, des friedens wege ein. Denn wo iſt ſolch ein menſch, der alles ausſtudiret, Und der in dieſer welt nichts mehr zu lernen hat? Wer ihm alleine glaubt, wird insgemein verfuͤhret: Wer ſicher gehen will, ſucht auch bey andern rath. Jſt deine meynung gut, und dein gehorſam hertze Schlaͤgt ſie aus Gottes rath und antrieb in den wind, So glaube, daß dein geiſt nach uͤberſtandnem ſchmertze Vor das vermeynte gut das hoͤchſte gut gewinnt. Wer andern rath ertheilt, geht lange nicht ſo ſicher, Als der ſich rathen laͤſt, wie die erfahrung zeigt. Zucht und gehorſam macht viel kluͤger, als viel buͤcher, Weil Gott den niedrigen nichts heilſames verſchweigt. Drum

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 287. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/289>, abgerufen am 23.11.2024.