Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.
Leanders aus Schlesien Leanders antwort. DJe ausflucht ist umsonst; denn was Florette dencket,Und zu papiere bringt, ist allezeit galant. Zwar wo ein bittrer schluß die süße liebe kräncket, So bin ich allerdings zu herber angst verbannt. Jndessen darff ich doch nicht ungehorsam bleiben, Drum nimm nunmehr das lied von deiner hoffnung an. Und laß den zarten kiel nur so viel antwort schreiben, Damit Leanders hertz auch etwas hoffen kan. Seladon an Leandern. SO nimm, Leander! hin, was ich im grünen schreibe,Jm grünen, wo mich nächst dein beyseyn hat ergötzt. Und glaube: daß ich dir, wie sonst, verbunden bleibe, Wenn dieses schlechte blat dich in vergnügung setzt. Jch schaue nichts um mir, als blumen, gras und bäume, Du aber bist entfernt, und doch betracht ich dich. So ists, wir schmeucheln uns durch angenehme träume, Wie aber geht es dir? gedenckst du auch an mich? Gewiß, ich wünsche dir so viel vergnügte stunden, Als jener große baum beliebte blätter nährt. Du hast den wermuth-safft schon allzu wohl empfunden, Drum hoff auch, daß das glück dir honigseim beschert. Wohl dem, der sich zuvor rechtschaffen weiß zu schmiegen. Zufriedenheit bleibt doch der edlen tugend lohn. Und wie dieselbe dich vollkommen wird vergnügen; So bleib ich unverrückt dein treuer Seladon. Leanders antwort. WEnn meine verse nicht so süß als deine klingen,So wisse, daß ich sie in meinem bette schrieb. Man hört die nachtigall in keiner kammer singen, Sie hat nur grüne gärt' und rosenthäler lieb. Jch
Leanders aus Schleſien Leanders antwort. DJe ausflucht iſt umſonſt; denn was Florette dencket,Und zu papiere bringt, iſt allezeit galant. Zwar wo ein bittrer ſchluß die ſuͤße liebe kraͤncket, So bin ich allerdings zu herber angſt verbannt. Jndeſſen darff ich doch nicht ungehorſam bleiben, Drum nimm nunmehr das lied von deiner hoffnung an. Und laß den zarten kiel nur ſo viel antwort ſchreiben, Damit Leanders hertz auch etwas hoffen kan. Seladon an Leandern. SO nimm, Leander! hin, was ich im gruͤnen ſchreibe,Jm gruͤnen, wo mich naͤchſt dein beyſeyn hat ergoͤtzt. Und glaube: daß ich dir, wie ſonſt, verbunden bleibe, Wenn dieſes ſchlechte blat dich in vergnuͤgung ſetzt. Jch ſchaue nichts um mir, als blumen, gras und baͤume, Du aber biſt entfernt, und doch betracht ich dich. So iſts, wir ſchmeucheln uns durch angenehme traͤume, Wie aber geht es dir? gedenckſt du auch an mich? Gewiß, ich wuͤnſche dir ſo viel vergnuͤgte ſtunden, Als jener große baum beliebte blaͤtter naͤhrt. Du haſt den wermuth-ſafft ſchon allzu wohl empfunden, Drum hoff auch, daß das gluͤck dir honigſeim beſchert. Wohl dem, der ſich zuvor rechtſchaffen weiß zu ſchmiegen. Zufriedenheit bleibt doch der edlen tugend lohn. Und wie dieſelbe dich vollkommen wird vergnuͤgen; So bleib ich unverruͤckt dein treuer Seladon. Leanders antwort. WEnn meine verſe nicht ſo ſuͤß als deine klingen,So wiſſe, daß ich ſie in meinem bette ſchrieb. Man hoͤrt die nachtigall in keiner kammer ſingen, Sie hat nur gruͤne gaͤrt’ und roſenthaͤler lieb. Jch
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0312" n="310"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#fr">Leanders aus Schleſien</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Leanders antwort.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">D</hi>Je ausflucht iſt umſonſt; denn was Florette dencket,</l><lb/> <l>Und zu papiere bringt, iſt allezeit galant.</l><lb/> <l>Zwar wo ein bittrer ſchluß die ſuͤße liebe kraͤncket,</l><lb/> <l>So bin ich allerdings zu herber angſt verbannt.</l><lb/> <l>Jndeſſen darff ich doch nicht ungehorſam bleiben,</l><lb/> <l>Drum nimm nunmehr das lied von deiner hoffnung an.</l><lb/> <l>Und laß den zarten kiel nur ſo viel antwort ſchreiben,</l><lb/> <l>Damit Leanders hertz auch etwas hoffen kan.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Seladon an Leandern.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">S</hi>O nimm, Leander! hin, was ich im gruͤnen ſchreibe,</l><lb/> <l>Jm gruͤnen, wo mich naͤchſt dein beyſeyn hat ergoͤtzt.</l><lb/> <l>Und glaube: daß ich dir, wie ſonſt, verbunden bleibe,</l><lb/> <l>Wenn dieſes ſchlechte blat dich in vergnuͤgung ſetzt.</l><lb/> <l>Jch ſchaue nichts um mir, als blumen, gras und baͤume,</l><lb/> <l>Du aber biſt entfernt, und doch betracht ich dich.</l><lb/> <l>So iſts, wir ſchmeucheln uns durch angenehme traͤume,</l><lb/> <l>Wie aber geht es dir? gedenckſt du auch an mich?</l><lb/> <l>Gewiß, ich wuͤnſche dir ſo viel vergnuͤgte ſtunden,</l><lb/> <l>Als jener große baum beliebte blaͤtter naͤhrt.</l><lb/> <l>Du haſt den wermuth-ſafft ſchon allzu wohl empfunden,</l><lb/> <l>Drum hoff auch, daß das gluͤck dir honigſeim beſchert.</l><lb/> <l>Wohl dem, der ſich zuvor rechtſchaffen weiß zu ſchmiegen.</l><lb/> <l>Zufriedenheit bleibt doch der edlen tugend lohn.</l><lb/> <l>Und wie dieſelbe dich vollkommen wird vergnuͤgen;</l><lb/> <l>So bleib ich unverruͤckt dein treuer Seladon.</l> </lg><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Leanders antwort.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">W</hi>Enn meine verſe nicht ſo ſuͤß als deine klingen,</l><lb/> <l>So wiſſe, daß ich ſie in meinem bette ſchrieb.</l><lb/> <l>Man hoͤrt die nachtigall in keiner kammer ſingen,</l><lb/> <l>Sie hat nur gruͤne gaͤrt’ und roſenthaͤler lieb.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jch</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [310/0312]
Leanders aus Schleſien
Leanders antwort.
DJe ausflucht iſt umſonſt; denn was Florette dencket,
Und zu papiere bringt, iſt allezeit galant.
Zwar wo ein bittrer ſchluß die ſuͤße liebe kraͤncket,
So bin ich allerdings zu herber angſt verbannt.
Jndeſſen darff ich doch nicht ungehorſam bleiben,
Drum nimm nunmehr das lied von deiner hoffnung an.
Und laß den zarten kiel nur ſo viel antwort ſchreiben,
Damit Leanders hertz auch etwas hoffen kan.
Seladon an Leandern.
SO nimm, Leander! hin, was ich im gruͤnen ſchreibe,
Jm gruͤnen, wo mich naͤchſt dein beyſeyn hat ergoͤtzt.
Und glaube: daß ich dir, wie ſonſt, verbunden bleibe,
Wenn dieſes ſchlechte blat dich in vergnuͤgung ſetzt.
Jch ſchaue nichts um mir, als blumen, gras und baͤume,
Du aber biſt entfernt, und doch betracht ich dich.
So iſts, wir ſchmeucheln uns durch angenehme traͤume,
Wie aber geht es dir? gedenckſt du auch an mich?
Gewiß, ich wuͤnſche dir ſo viel vergnuͤgte ſtunden,
Als jener große baum beliebte blaͤtter naͤhrt.
Du haſt den wermuth-ſafft ſchon allzu wohl empfunden,
Drum hoff auch, daß das gluͤck dir honigſeim beſchert.
Wohl dem, der ſich zuvor rechtſchaffen weiß zu ſchmiegen.
Zufriedenheit bleibt doch der edlen tugend lohn.
Und wie dieſelbe dich vollkommen wird vergnuͤgen;
So bleib ich unverruͤckt dein treuer Seladon.
Leanders antwort.
WEnn meine verſe nicht ſo ſuͤß als deine klingen,
So wiſſe, daß ich ſie in meinem bette ſchrieb.
Man hoͤrt die nachtigall in keiner kammer ſingen,
Sie hat nur gruͤne gaͤrt’ und roſenthaͤler lieb.
Jch
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/312 |
| Zitationshilfe: | Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 310. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/312>, abgerufen am 24.11.2024. |
