Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.Galante und An zwo Schwestern. EJn ungewaschen mund soll unsern thau begrüßen?Der frevel muß gewiß nicht sonder strafe seyn: Ein fleck-und kleck-papier soll lilgen-hände küssen? Diß ist vor göttinnen gewiß was ungemein. Der reichthum unsrer gunst steht, sclave! dir verschlossen, Vor solche, gleich wie du, sind unsre perlen nicht: Der götter alicant wird nicht dahin gegossen, Wo den gefäßen glantz und kostbar ertzt gebricht. Dein eisen reimt sich nicht vor unsre zug-magneten, Wir ziehen nur den sirahl der göttlichkeit uns zu, Wer nicht durch tugend kan die groben sitten töden, Und fürstlich uns bedient, hat vor uns gute ruh; Und du, du kahler knecht! der arm von allen schätzen, Die sonsten die natur den andern beygelegt, Du darffst dich unterstehn den fuß zu uns zu setzen, Wo schönheit und verstand zusammen sind geprägt? Kein blödes auge kan der strahlen gluth vertragen, Ein ungemeiner blitz verblendet das gesicht, Und deiner reime wachs will sich zur sonnen wagen? Erwehle dir davor ein dunckel schwefel-licht. So führet ihr vielleicht, ihr edlen Venus-töchter! Aus rechter eifersucht mich und mein schreiben an; Doch eure demuth macht das zörnen zum gelächter, Und ist deu thälern so, wie bergen, zugethan. Der hochmuth ist euch gifft, die hoffart lauter galle, Jhr seyd, wie götter thun, dem ehr-geitz schlangen feind, Doch also, daß euch auch zuweilen wohlgefalle, Wenn man euch sonne nennt, die vor dem pöbel scheint. Und das ist rühmenswerth, wer selbst nichts von sich halten, Nicht den verdienten preiß der tugend achten will, Muß endlich unterm eiß gemeiner leut erkalten: Sind waaren wo gemein, da gelten sie nicht viel. Jch unterstehe mich, gesteh ich, grosser sachen, Jndem mein schlechter brief, der kein gewürtze kennt, Und den kein balsam-fach noch rosen riechend machen, Blind hin, unangesagt auf eure tafel rennt. Jhr
Galante und An zwo Schweſtern. EJn ungewaſchen mund ſoll unſern thau begruͤßen?Der frevel muß gewiß nicht ſonder ſtrafe ſeyn: Ein fleck-und kleck-papier ſoll lilgen-haͤnde kuͤſſen? Diß iſt vor goͤttinnen gewiß was ungemein. Der reichthum unſrer gunſt ſteht, ſclave! dir verſchloſſen, Vor ſolche, gleich wie du, ſind unſre perlen nicht: Der goͤtter alicant wird nicht dahin gegoſſen, Wo den gefaͤßen glantz und koſtbar ertzt gebricht. Dein eiſen reimt ſich nicht vor unſre zug-magneten, Wir ziehen nur den ſirahl der goͤttlichkeit uns zu, Wer nicht durch tugend kan die groben ſitten toͤden, Und fuͤrſtlich uns bedient, hat vor uns gute ruh; Und du, du kahler knecht! der arm von allen ſchaͤtzen, Die ſonſten die natur den andern beygelegt, Du darffſt dich unterſtehn den fuß zu uns zu ſetzen, Wo ſchoͤnheit und verſtand zuſammen ſind gepraͤgt? Kein bloͤdes auge kan der ſtrahlen gluth vertragen, Ein ungemeiner blitz verblendet das geſicht, Und deiner reime wachs will ſich zur ſonnen wagen? Erwehle dir davor ein dunckel ſchwefel-licht. So fuͤhret ihr vielleicht, ihr edlen Venus-toͤchter! Aus rechter eiferſucht mich und mein ſchreiben an; Doch eure demuth macht das zoͤrnen zum gelaͤchter, Und iſt deu thaͤlern ſo, wie bergen, zugethan. Der hochmuth iſt euch gifft, die hoffart lauter galle, Jhr ſeyd, wie goͤtter thun, dem ehr-geitz ſchlangen feind, Doch alſo, daß euch auch zuweilen wohlgefalle, Wenn man euch ſonne nennt, die vor dem poͤbel ſcheint. Und das iſt ruͤhmenswerth, wer ſelbſt nichts von ſich halten, Nicht den verdienten preiß der tugend achten will, Muß endlich unterm eiß gemeiner leut erkalten: Sind waaren wo gemein, da gelten ſie nicht viel. Jch unterſtehe mich, geſteh ich, groſſer ſachen, Jndem mein ſchlechter brief, der kein gewuͤrtze kennt, Und den kein balſam-fach noch roſen riechend machen, Blind hin, unangeſagt auf eure tafel rennt. Jhr
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <pb facs="#f0004" n="2"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Galante und</hi> </fw><lb/> <lg type="poem"> <head> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">An zwo Schweſtern.</hi> </hi> </head><lb/> <l><hi rendition="#in">E</hi>Jn ungewaſchen mund ſoll unſern thau begruͤßen?</l><lb/> <l>Der frevel muß gewiß nicht ſonder ſtrafe ſeyn:</l><lb/> <l>Ein fleck-und kleck-papier ſoll lilgen-haͤnde kuͤſſen?</l><lb/> <l>Diß iſt vor goͤttinnen gewiß was ungemein.</l><lb/> <l>Der reichthum unſrer gunſt ſteht, ſclave! dir verſchloſſen,</l><lb/> <l>Vor ſolche, gleich wie du, ſind unſre perlen nicht:</l><lb/> <l>Der goͤtter alicant wird nicht dahin gegoſſen,</l><lb/> <l>Wo den gefaͤßen glantz und koſtbar ertzt gebricht.</l><lb/> <l>Dein eiſen reimt ſich nicht vor unſre zug-magneten,</l><lb/> <l>Wir ziehen nur den ſirahl der goͤttlichkeit uns zu,</l><lb/> <l>Wer nicht durch tugend kan die groben ſitten toͤden,</l><lb/> <l>Und fuͤrſtlich uns bedient, hat vor uns gute ruh;</l><lb/> <l>Und du, du kahler knecht! der arm von allen ſchaͤtzen,</l><lb/> <l>Die ſonſten die natur den andern beygelegt,</l><lb/> <l>Du darffſt dich unterſtehn den fuß zu uns zu ſetzen,</l><lb/> <l>Wo ſchoͤnheit und verſtand zuſammen ſind gepraͤgt?</l><lb/> <l>Kein bloͤdes auge kan der ſtrahlen gluth vertragen,</l><lb/> <l>Ein ungemeiner blitz verblendet das geſicht,</l><lb/> <l>Und deiner reime wachs will ſich zur ſonnen wagen?</l><lb/> <l>Erwehle dir davor ein dunckel ſchwefel-licht.</l><lb/> <l>So fuͤhret ihr vielleicht, ihr edlen Venus-toͤchter!</l><lb/> <l>Aus rechter eiferſucht mich und mein ſchreiben an;</l><lb/> <l>Doch eure demuth macht das zoͤrnen zum gelaͤchter,</l><lb/> <l>Und iſt deu thaͤlern ſo, wie bergen, zugethan.</l><lb/> <l>Der hochmuth iſt euch gifft, die hoffart lauter galle,</l><lb/> <l>Jhr ſeyd, wie goͤtter thun, dem ehr-geitz ſchlangen feind,</l><lb/> <l>Doch alſo, daß euch auch zuweilen wohlgefalle,</l><lb/> <l>Wenn man euch ſonne nennt, die vor dem poͤbel ſcheint.</l><lb/> <l>Und das iſt ruͤhmenswerth, wer ſelbſt nichts von ſich halten,</l><lb/> <l>Nicht den verdienten preiß der tugend achten will,</l><lb/> <l>Muß endlich unterm eiß gemeiner leut erkalten:</l><lb/> <l>Sind waaren wo gemein, da gelten ſie nicht viel.</l><lb/> <l>Jch unterſtehe mich, geſteh ich, groſſer ſachen,</l><lb/> <l>Jndem mein ſchlechter brief, der kein gewuͤrtze kennt,</l><lb/> <l>Und den kein balſam-fach noch roſen riechend machen,</l><lb/> <l>Blind hin, unangeſagt auf eure tafel rennt.</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Jhr</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [2/0004]
Galante und
An zwo Schweſtern.
EJn ungewaſchen mund ſoll unſern thau begruͤßen?
Der frevel muß gewiß nicht ſonder ſtrafe ſeyn:
Ein fleck-und kleck-papier ſoll lilgen-haͤnde kuͤſſen?
Diß iſt vor goͤttinnen gewiß was ungemein.
Der reichthum unſrer gunſt ſteht, ſclave! dir verſchloſſen,
Vor ſolche, gleich wie du, ſind unſre perlen nicht:
Der goͤtter alicant wird nicht dahin gegoſſen,
Wo den gefaͤßen glantz und koſtbar ertzt gebricht.
Dein eiſen reimt ſich nicht vor unſre zug-magneten,
Wir ziehen nur den ſirahl der goͤttlichkeit uns zu,
Wer nicht durch tugend kan die groben ſitten toͤden,
Und fuͤrſtlich uns bedient, hat vor uns gute ruh;
Und du, du kahler knecht! der arm von allen ſchaͤtzen,
Die ſonſten die natur den andern beygelegt,
Du darffſt dich unterſtehn den fuß zu uns zu ſetzen,
Wo ſchoͤnheit und verſtand zuſammen ſind gepraͤgt?
Kein bloͤdes auge kan der ſtrahlen gluth vertragen,
Ein ungemeiner blitz verblendet das geſicht,
Und deiner reime wachs will ſich zur ſonnen wagen?
Erwehle dir davor ein dunckel ſchwefel-licht.
So fuͤhret ihr vielleicht, ihr edlen Venus-toͤchter!
Aus rechter eiferſucht mich und mein ſchreiben an;
Doch eure demuth macht das zoͤrnen zum gelaͤchter,
Und iſt deu thaͤlern ſo, wie bergen, zugethan.
Der hochmuth iſt euch gifft, die hoffart lauter galle,
Jhr ſeyd, wie goͤtter thun, dem ehr-geitz ſchlangen feind,
Doch alſo, daß euch auch zuweilen wohlgefalle,
Wenn man euch ſonne nennt, die vor dem poͤbel ſcheint.
Und das iſt ruͤhmenswerth, wer ſelbſt nichts von ſich halten,
Nicht den verdienten preiß der tugend achten will,
Muß endlich unterm eiß gemeiner leut erkalten:
Sind waaren wo gemein, da gelten ſie nicht viel.
Jch unterſtehe mich, geſteh ich, groſſer ſachen,
Jndem mein ſchlechter brief, der kein gewuͤrtze kennt,
Und den kein balſam-fach noch roſen riechend machen,
Blind hin, unangeſagt auf eure tafel rennt.
Jhr
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |