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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710.

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verliebte Gedichte.
Jhr fluthen! bleibt ihr stehn? was soll doch dieses seyn?
Was dringt ihr euch denn so um dieses bloße bein?
Jch schwer euch bey dem schlaf, in dem die Göttin lieget,
Wofern ihr euch nicht bald von hinnen weg verfüget,
Es soll euch denn gereun, zumal wenn sie erwacht,
Da weiß ich allbereit, was sie vor blicke macht.
O ungeschlachte zeit! wie ist man nicht geplaget,
Wenn man ein mädgen hat, die einem wohl behaget!
So thät es warlich noth, man setzte wachen hin,
Sonst sucht ein jeder da den süßen liebs-gewinn.
Man kan vor andern fast itzund nichts mehr behalten,
Darzu so will die treu der mädgen auch veralten,
Die goldne zeit ist weg, da zwey sich recht gemeynt,
Man spürt nicht mehr, daß itzt die treu so helle scheint.
Doch wo verfall ich hin? ich bin ja bey dem beine,
Jch bin, ja ja ich bin, bey diesem nur alleine,
Was übermannet mich denn hier die eifersucht?
Jch habe ja ihr garn zu aller zeit verflucht.
Was bild ich mir denn ein, als giengen auch die flüsse
Zu meiner schönsten hin, und sammleten da küsse,
Die mir gehörig seyn? ach das ein kalter fluß
Mich doch zur eifersucht itzund bewegen muß!
Das wasser weiß ja nichts von schönheit und von lieben,
Noch wie es soll das thun der liebenden verüben,
Es fehlt ihm ja verstand! doch nein, itzt fällt mirs ein,
Daß die gewässer auch verliebet können seyn.
Verliebte thränen giebts, die uns weit mehr entzünden,
Als wenn durch flammen man uns sucht zu überwinden,
Die augen brennen mehr, wenn sie voll wasser stehn,
Als wenn sie ohne das herum im kopffe gehn.
Drum bin, und hab ich recht, daß ich den fluß beneide,
Damit er seine fluth nicht an der schönsten weide,
Es ist gar leicht geschehn, daß man ein bündniß macht,
Dabey der dritte man wird hönisch ausgelacht.
Das graß hier wird mich auch bald eifersüchtig machen,
Es scheint, als säh ich es vor lauter hochmuth lachen,
Weil Celie diß drückt, und hier ihr lager hält,
So meynts, es sey dis ihm zu ehren angestellt.
Wie?
A 3
verliebte Gedichte.
Jhr fluthen! bleibt ihr ſtehn? was ſoll doch dieſes ſeyn?
Was dringt ihr euch denn ſo um dieſes bloße bein?
Jch ſchwer euch bey dem ſchlaf, in dem die Goͤttin lieget,
Wofern ihr euch nicht bald von hinnen weg verfuͤget,
Es ſoll euch denn gereun, zumal wenn ſie erwacht,
Da weiß ich allbereit, was ſie vor blicke macht.
O ungeſchlachte zeit! wie iſt man nicht geplaget,
Wenn man ein maͤdgen hat, die einem wohl behaget!
So thaͤt es warlich noth, man ſetzte wachen hin,
Sonſt ſucht ein jeder da den ſuͤßen liebs-gewinn.
Man kan vor andern faſt itzund nichts mehr behalten,
Darzu ſo will die treu der maͤdgen auch veralten,
Die goldne zeit iſt weg, da zwey ſich recht gemeynt,
Man ſpuͤrt nicht mehr, daß itzt die treu ſo helle ſcheint.
Doch wo verfall ich hin? ich bin ja bey dem beine,
Jch bin, ja ja ich bin, bey dieſem nur alleine,
Was uͤbermannet mich denn hier die eiferſucht?
Jch habe ja ihr garn zu aller zeit verflucht.
Was bild ich mir denn ein, als giengen auch die fluͤſſe
Zu meiner ſchoͤnſten hin, und ſammleten da kuͤſſe,
Die mir gehoͤrig ſeyn? ach das ein kalter fluß
Mich doch zur eiferſucht itzund bewegen muß!
Das waſſer weiß ja nichts von ſchoͤnheit und von lieben,
Noch wie es ſoll das thun der liebenden veruͤben,
Es fehlt ihm ja verſtand! doch nein, itzt faͤllt mirs ein,
Daß die gewaͤſſer auch verliebet koͤnnen ſeyn.
Verliebte thraͤnen giebts, die uns weit mehr entzuͤnden,
Als wenn durch flammen man uns ſucht zu uͤberwinden,
Die augen brennen mehr, wenn ſie voll waſſer ſtehn,
Als wenn ſie ohne das herum im kopffe gehn.
Drum bin, und hab ich recht, daß ich den fluß beneide,
Damit er ſeine fluth nicht an der ſchoͤnſten weide,
Es iſt gar leicht geſchehn, daß man ein buͤndniß macht,
Dabey der dritte man wird hoͤniſch ausgelacht.
Das graß hier wird mich auch bald eiferſuͤchtig machen,
Es ſcheint, als ſaͤh ich es vor lauter hochmuth lachen,
Weil Celie diß druͤckt, und hier ihr lager haͤlt,
So meynts, es ſey dis ihm zu ehren angeſtellt.
Wie?
A 3
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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 5. Leipzig, 1710, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte05_1710/7>, abgerufen am 21.11.2024.