Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Hochzeit-Getichte. Zwar sie trifft ein gewünschtes loß; Sie kehrt in Hessens stamm zurücke, Und macht mit sich und ihrem glücke Auch zweyer völcker hoffnung groß. Sie wird durch ein gemahl erfreut, Der mehr verdienst als jahre zehlet, Und dem nichts zur vollkommenheit, Als eine solche fürstin, fehlet. Doch dieses, was ihr ruh gebiehrt, Heißt mich zum theil in unruh stehen. Jch seh', und kan doch auch nicht sehen, Wieviel mein hof dabey verliehrt. Es ist auf einmal tag und nacht: Man singt und jauchtzt, man seufftzt und zaget: Kein hauß ist, das nicht heute lacht; Allein auch keines, das nicht klaget. Du selbst, mein theurer Friderich! Gehst gleichsam bey der lust im leide: Louisens bindniß macht dir freude; Jhr abzug aber jammert dich. Du zeigst in beyden muth und hertz; Dort aber frey, und hier gezwungen: Was ist denn wunder, daß der schmertz Mir auch die thränen abgedrungen? So weit vertieffte sich Berlin: Gleich aber ward des himmels bogen Mit licht und klarheit überzogen: Die wolcken fiengen an zu fliehn: Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie? Sich in der Spree beschilfften röhren, Zu tilgung aller angst und müh, Gantz deutlich diese stimme hören: Halt
Hochzeit-Getichte. Zwar ſie trifft ein gewuͤnſchtes loß; Sie kehrt in Heſſens ſtamm zuruͤcke, Und macht mit ſich und ihrem gluͤcke Auch zweyer voͤlcker hoffnung groß. Sie wird durch ein gemahl erfreut, Der mehr verdienſt als jahre zehlet, Und dem nichts zur vollkommenheit, Als eine ſolche fuͤrſtin, fehlet. Doch dieſes, was ihr ruh gebiehrt, Heißt mich zum theil in unruh ſtehen. Jch ſeh’, und kan doch auch nicht ſehen, Wieviel mein hof dabey verliehrt. Es iſt auf einmal tag und nacht: Man ſingt und jauchtzt, man ſeufftzt und zaget: Kein hauß iſt, das nicht heute lacht; Allein auch keines, das nicht klaget. Du ſelbſt, mein theurer Friderich! Gehſt gleichſam bey der luſt im leide: Louiſens bindniß macht dir freude; Jhr abzug aber jammert dich. Du zeigſt in beyden muth und hertz; Dort aber frey, und hier gezwungen: Was iſt denn wunder, daß der ſchmertz Mir auch die thraͤnen abgedrungen? So weit vertieffte ſich Berlin: Gleich aber ward des himmels bogen Mit licht und klarheit uͤberzogen: Die wolcken fiengen an zu fliehn: Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie? Sich in der Spree beſchilfften roͤhren, Zu tilgung aller angſt und muͤh, Gantz deutlich dieſe ſtimme hoͤren: Halt
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0124" n="100"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Hochzeit-Getichte.</hi> </fw><lb/> <lg n="10"> <l>Zwar ſie trifft ein gewuͤnſchtes loß;</l><lb/> <l>Sie kehrt in Heſſens ſtamm zuruͤcke,</l><lb/> <l>Und macht mit ſich und ihrem gluͤcke</l><lb/> <l>Auch zweyer voͤlcker hoffnung groß.</l><lb/> <l>Sie wird durch ein gemahl erfreut,</l><lb/> <l>Der mehr verdienſt als jahre zehlet,</l><lb/> <l>Und dem nichts zur vollkommenheit,</l><lb/> <l>Als eine ſolche fuͤrſtin, fehlet.</l> </lg><lb/> <lg n="11"> <l>Doch dieſes, was ihr ruh gebiehrt,</l><lb/> <l>Heißt mich zum theil in unruh ſtehen.</l><lb/> <l>Jch ſeh’, und kan doch auch nicht ſehen,</l><lb/> <l>Wieviel mein hof dabey verliehrt.</l><lb/> <l>Es iſt auf einmal tag und nacht:</l><lb/> <l>Man ſingt und jauchtzt, man ſeufftzt und zaget:</l><lb/> <l>Kein hauß iſt, das nicht heute lacht;</l><lb/> <l>Allein auch keines, das nicht klaget.</l> </lg><lb/> <lg n="12"> <l>Du ſelbſt, mein theurer Friderich!</l><lb/> <l>Gehſt gleichſam bey der luſt im leide:</l><lb/> <l>Louiſens bindniß macht dir freude;</l><lb/> <l>Jhr abzug aber jammert dich.</l><lb/> <l>Du zeigſt in beyden muth und hertz;</l><lb/> <l>Dort aber frey, und hier gezwungen:</l><lb/> <l>Was iſt denn wunder, daß der ſchmertz</l><lb/> <l>Mir auch die thraͤnen abgedrungen?</l> </lg><lb/> <lg n="13"> <l>So weit vertieffte ſich Berlin:</l><lb/> <l>Gleich aber ward des himmels bogen</l><lb/> <l>Mit licht und klarheit uͤberzogen:</l><lb/> <l>Die wolcken fiengen an zu fliehn:</l><lb/> <l>Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie?</l><lb/> <l>Sich in der Spree beſchilfften roͤhren,</l><lb/> <l>Zu tilgung aller angſt und muͤh,</l><lb/> <l>Gantz deutlich dieſe ſtimme hoͤren:</l> </lg><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Halt</fw><lb/> </lg> </div> </body> </text> </TEI> [100/0124]
Hochzeit-Getichte.
Zwar ſie trifft ein gewuͤnſchtes loß;
Sie kehrt in Heſſens ſtamm zuruͤcke,
Und macht mit ſich und ihrem gluͤcke
Auch zweyer voͤlcker hoffnung groß.
Sie wird durch ein gemahl erfreut,
Der mehr verdienſt als jahre zehlet,
Und dem nichts zur vollkommenheit,
Als eine ſolche fuͤrſtin, fehlet.
Doch dieſes, was ihr ruh gebiehrt,
Heißt mich zum theil in unruh ſtehen.
Jch ſeh’, und kan doch auch nicht ſehen,
Wieviel mein hof dabey verliehrt.
Es iſt auf einmal tag und nacht:
Man ſingt und jauchtzt, man ſeufftzt und zaget:
Kein hauß iſt, das nicht heute lacht;
Allein auch keines, das nicht klaget.
Du ſelbſt, mein theurer Friderich!
Gehſt gleichſam bey der luſt im leide:
Louiſens bindniß macht dir freude;
Jhr abzug aber jammert dich.
Du zeigſt in beyden muth und hertz;
Dort aber frey, und hier gezwungen:
Was iſt denn wunder, daß der ſchmertz
Mir auch die thraͤnen abgedrungen?
So weit vertieffte ſich Berlin:
Gleich aber ward des himmels bogen
Mit licht und klarheit uͤberzogen:
Die wolcken fiengen an zu fliehn:
Und endlich ließ, ich weiß nicht, wie?
Sich in der Spree beſchilfften roͤhren,
Zu tilgung aller angſt und muͤh,
Gantz deutlich dieſe ſtimme hoͤren:
Halt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |