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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Hochzeit-Getichte.
Denn beyde wissen schon, wie man sich muß vermählen;
Drum brauchen sie kein kind zum führer zu erwehlen.
Ja, sprichst du, ist es wahr? so sind sie nicht verliebt.
Sie sind es und weit mehr, als andre, die betrübt
Und voller herben quaal in Venus hölle schwitzen,
Die bey der grösten freud in tausend sorgen sitzen,
Des morgens halb verrückt, des abends närrisch seyn,
Von ihrer Margaris auf allen gassen schreyn:
Und dennoch weder sie, noch auch sich selber kennen.
Ach! solche leute sind ja billich arm zu nennen,
Denn sie verhandeln offt, o trauriger gewinn!
Für eine kleine lust ihr gantzes glücke hin.
Hochwerth-geschätzte braut! wie wohl ist ihr geschehen,
Daß sie in ihrer lieb auf nichts, als GOtt, gesehen.
Er that allein den spruch bey ihrer ersten wahl;
Er thut, nach allem schein, es auch das zweyte mahl.
Cupid und Venus sind gemahlte fabel-götzen,
Die wir, ich weiß nicht wie, in unsre lieder setzen,
Offt aber nicht verstehn. Sie sind die böse lust,
Wenn ich es sagen soll, die manchen unbewust
Aus seinen schrancken reißt. Und doch will man sich mühen,
Durch weit-gesuchten ruhm sie allem vorzuziehen.
Es wird kein paar getraut, sie haben es entzündt;
Wie aber schickt sich GOtt, wo Belial sich sindt?
Bey heyden gieng es hin, weil doch die gantzen schaaren
Der götter halb erticht und halb von menschen waren:
Allein nachdem die schrifft sie alle längst zerstreut,
So sind wir ja wohl blind, daß uns ihr lob erfreut.
Wir siegen über sie und treten sie mit füssen,
Weil wir nunmehr den weg zur liebe besser wissen.
Geehrt'ster bräutigam! ich weiß, er fällt mir bey:
Denn sein exempel zeigt, was kluge liebe sey.
Es war in einer frau viel gutes ihm verschwunden;
Heut hat er alles das in seiner braut gefunden,
Und warlich noch weit mehr. Denn wer ist, der nicht spührt,
Daß sie der himmel selbst mit seinen händen führt?
Als
G 4
Hochzeit-Getichte.
Denn beyde wiſſen ſchon, wie man ſich muß vermaͤhlen;
Drum brauchen ſie kein kind zum fuͤhrer zu erwehlen.
Ja, ſprichſt du, iſt es wahr? ſo ſind ſie nicht verliebt.
Sie ſind es und weit mehr, als andre, die betruͤbt
Und voller herben quaal in Venus hoͤlle ſchwitzen,
Die bey der groͤſten freud in tauſend ſorgen ſitzen,
Des morgens halb verruͤckt, des abends naͤrriſch ſeyn,
Von ihrer Margaris auf allen gaſſen ſchreyn:
Und dennoch weder ſie, noch auch ſich ſelber kennen.
Ach! ſolche leute ſind ja billich arm zu nennen,
Denn ſie verhandeln offt, o trauriger gewinn!
Fuͤr eine kleine luſt ihr gantzes gluͤcke hin.
Hochwerth-geſchaͤtzte braut! wie wohl iſt ihr geſchehen,
Daß ſie in ihrer lieb auf nichts, als GOtt, geſehen.
Er that allein den ſpruch bey ihrer erſten wahl;
Er thut, nach allem ſchein, es auch das zweyte mahl.
Cupid und Venus ſind gemahlte fabel-goͤtzen,
Die wir, ich weiß nicht wie, in unſre lieder ſetzen,
Offt aber nicht verſtehn. Sie ſind die boͤſe luſt,
Wenn ich es ſagen ſoll, die manchen unbewuſt
Aus ſeinen ſchrancken reißt. Und doch will man ſich muͤhen,
Durch weit-geſuchten ruhm ſie allem vorzuziehen.
Es wird kein paar getraut, ſie haben es entzuͤndt;
Wie aber ſchickt ſich GOtt, wo Belial ſich ſindt?
Bey heyden gieng es hin, weil doch die gantzen ſchaaren
Der goͤtter halb erticht und halb von menſchen waren:
Allein nachdem die ſchrifft ſie alle laͤngſt zerſtreut,
So ſind wir ja wohl blind, daß uns ihr lob erfreut.
Wir ſiegen uͤber ſie und treten ſie mit fuͤſſen,
Weil wir nunmehr den weg zur liebe beſſer wiſſen.
Geehrt’ſter braͤutigam! ich weiß, er faͤllt mir bey:
Denn ſein exempel zeigt, was kluge liebe ſey.
Es war in einer frau viel gutes ihm verſchwunden;
Heut hat er alles das in ſeiner braut gefunden,
Und warlich noch weit mehr. Denn wer iſt, der nicht ſpuͤhrt,
Daß ſie der himmel ſelbſt mit ſeinen haͤnden fuͤhrt?
Als
G 4
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[103/0127] Hochzeit-Getichte. Denn beyde wiſſen ſchon, wie man ſich muß vermaͤhlen; Drum brauchen ſie kein kind zum fuͤhrer zu erwehlen. Ja, ſprichſt du, iſt es wahr? ſo ſind ſie nicht verliebt. Sie ſind es und weit mehr, als andre, die betruͤbt Und voller herben quaal in Venus hoͤlle ſchwitzen, Die bey der groͤſten freud in tauſend ſorgen ſitzen, Des morgens halb verruͤckt, des abends naͤrriſch ſeyn, Von ihrer Margaris auf allen gaſſen ſchreyn: Und dennoch weder ſie, noch auch ſich ſelber kennen. Ach! ſolche leute ſind ja billich arm zu nennen, Denn ſie verhandeln offt, o trauriger gewinn! Fuͤr eine kleine luſt ihr gantzes gluͤcke hin. Hochwerth-geſchaͤtzte braut! wie wohl iſt ihr geſchehen, Daß ſie in ihrer lieb auf nichts, als GOtt, geſehen. Er that allein den ſpruch bey ihrer erſten wahl; Er thut, nach allem ſchein, es auch das zweyte mahl. Cupid und Venus ſind gemahlte fabel-goͤtzen, Die wir, ich weiß nicht wie, in unſre lieder ſetzen, Offt aber nicht verſtehn. Sie ſind die boͤſe luſt, Wenn ich es ſagen ſoll, die manchen unbewuſt Aus ſeinen ſchrancken reißt. Und doch will man ſich muͤhen, Durch weit-geſuchten ruhm ſie allem vorzuziehen. Es wird kein paar getraut, ſie haben es entzuͤndt; Wie aber ſchickt ſich GOtt, wo Belial ſich ſindt? Bey heyden gieng es hin, weil doch die gantzen ſchaaren Der goͤtter halb erticht und halb von menſchen waren: Allein nachdem die ſchrifft ſie alle laͤngſt zerſtreut, So ſind wir ja wohl blind, daß uns ihr lob erfreut. Wir ſiegen uͤber ſie und treten ſie mit fuͤſſen, Weil wir nunmehr den weg zur liebe beſſer wiſſen. Geehrt’ſter braͤutigam! ich weiß, er faͤllt mir bey: Denn ſein exempel zeigt, was kluge liebe ſey. Es war in einer frau viel gutes ihm verſchwunden; Heut hat er alles das in ſeiner braut gefunden, Und warlich noch weit mehr. Denn wer iſt, der nicht ſpuͤhrt, Daß ſie der himmel ſelbſt mit ſeinen haͤnden fuͤhrt? Als G 4

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 103. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/127>, abgerufen am 27.11.2024.