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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Begräbniß-Getichte.
Der meister muste schon die dornen-crone tragen,
Was wunder, wenn den knecht die scharffe spitze sticht?
Und endlich ist es klar, weßwegen es geschicht,
Daß welt und satan stets der lehrer seelen plagen.
Es sieht der höllen-wolff, daß treuer hirten wacht
Schon manches schäfgen hat aus seinem rachen bracht:
Nächst diesem kan die welt sie darum nicht vertragen,
Weil sie mehr weh als sanfft mit ihrem stabe schlagen.
Jch schweige, daß der haß offt nach dem tode lebt:
Denn wie des baumes fall die früchte selbsten fühlen,
So will die welt den muth an weib und kindern kühlen,
Zu derer unglücks-fall sie fleißig gruben gräbt.
Jch melde nicht, was sonst vor trübsal und vor jammer
Der treuen lehrer hertz in scharffe disteln legt,
Und ihnen auf die brust des creutzes wappen prägt;
Der himmel höret es, es weiß es ihre kammer,
Wie offt gefahr und angst um ihre scheitel streicht,
Wenn ein verführisch wolff um ihren schaf-stall schleicht:
Wenn sie offt müd und matt bey solchen elends-tagen,
Nur aufgelöst zu sehn, ein sanfft verlangen tragen.
Sie streuen in geduld des wortes milde saat,
Da sie doch heerlinge vor gute trauben lesen:
Ja wenn die erndte groß und wohl bestellt gewesen,
Sind doch die wenigsten, die GOtt gewehlet hat.
Wenn sie die gläubigen mit angst gebähren müssen,
Und aber manches kind die mutter selber haßt:
Wenn offt ein zarter baum kaum eine wurtzel faßt,
Den sie mit schweiß und fleiß verbinden und begiessen,
Da er doch einen wurm in seiner rinde heckt,
Und mit vergifftem thau das junge blut befleckt:
Das heist vergebne müh, das sind beschwerlichkeiten,
Die eines lehrers amt biß in das grab begleiten.
Was ist ein prediger? Ein hell-beflammtes licht,
Das selbsten sich verzehrt, indem es andern leuchtet;
Die lippen sind ein brunn, der vieler hertz befeuchtet,
Jndessen auf sein haupt des creutzes sonne sticht.
Wie
Begraͤbniß-Getichte.
Der meiſter muſte ſchon die dornen-crone tragen,
Was wunder, wenn den knecht die ſcharffe ſpitze ſticht?
Und endlich iſt es klar, weßwegen es geſchicht,
Daß welt und ſatan ſtets der lehrer ſeelen plagen.
Es ſieht der hoͤllen-wolff, daß treuer hirten wacht
Schon manches ſchaͤfgen hat aus ſeinem rachen bracht:
Naͤchſt dieſem kan die welt ſie darum nicht vertragen,
Weil ſie mehr weh als ſanfft mit ihrem ſtabe ſchlagen.
Jch ſchweige, daß der haß offt nach dem tode lebt:
Denn wie des baumes fall die fruͤchte ſelbſten fuͤhlen,
So will die welt den muth an weib und kindern kuͤhlen,
Zu derer ungluͤcks-fall ſie fleißig gruben graͤbt.
Jch melde nicht, was ſonſt vor truͤbſal und vor jammer
Der treuen lehrer hertz in ſcharffe diſteln legt,
Und ihnen auf die bruſt des creutzes wappen praͤgt;
Der himmel hoͤret es, es weiß es ihre kammer,
Wie offt gefahr und angſt um ihre ſcheitel ſtreicht,
Wenn ein verfuͤhriſch wolff um ihren ſchaf-ſtall ſchleicht:
Wenn ſie offt muͤd und matt bey ſolchen elends-tagen,
Nur aufgeloͤſt zu ſehn, ein ſanfft verlangen tragen.
Sie ſtreuen in geduld des wortes milde ſaat,
Da ſie doch heerlinge vor gute trauben leſen:
Ja wenn die erndte groß und wohl beſtellt geweſen,
Sind doch die wenigſten, die GOtt gewehlet hat.
Wenn ſie die glaͤubigen mit angſt gebaͤhren muͤſſen,
Und aber manches kind die mutter ſelber haßt:
Wenn offt ein zarter baum kaum eine wurtzel faßt,
Den ſie mit ſchweiß und fleiß verbinden und begieſſen,
Da er doch einen wurm in ſeiner rinde heckt,
Und mit vergifftem thau das junge blut befleckt:
Das heiſt vergebne muͤh, das ſind beſchwerlichkeiten,
Die eines lehrers amt biß in das grab begleiten.
Was iſt ein prediger? Ein hell-beflammtes licht,
Das ſelbſten ſich verzehrt, indem es andern leuchtet;
Die lippen ſind ein brunn, der vieler hertz befeuchtet,
Jndeſſen auf ſein haupt des creutzes ſonne ſticht.
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[182/0206] Begraͤbniß-Getichte. Der meiſter muſte ſchon die dornen-crone tragen, Was wunder, wenn den knecht die ſcharffe ſpitze ſticht? Und endlich iſt es klar, weßwegen es geſchicht, Daß welt und ſatan ſtets der lehrer ſeelen plagen. Es ſieht der hoͤllen-wolff, daß treuer hirten wacht Schon manches ſchaͤfgen hat aus ſeinem rachen bracht: Naͤchſt dieſem kan die welt ſie darum nicht vertragen, Weil ſie mehr weh als ſanfft mit ihrem ſtabe ſchlagen. Jch ſchweige, daß der haß offt nach dem tode lebt: Denn wie des baumes fall die fruͤchte ſelbſten fuͤhlen, So will die welt den muth an weib und kindern kuͤhlen, Zu derer ungluͤcks-fall ſie fleißig gruben graͤbt. Jch melde nicht, was ſonſt vor truͤbſal und vor jammer Der treuen lehrer hertz in ſcharffe diſteln legt, Und ihnen auf die bruſt des creutzes wappen praͤgt; Der himmel hoͤret es, es weiß es ihre kammer, Wie offt gefahr und angſt um ihre ſcheitel ſtreicht, Wenn ein verfuͤhriſch wolff um ihren ſchaf-ſtall ſchleicht: Wenn ſie offt muͤd und matt bey ſolchen elends-tagen, Nur aufgeloͤſt zu ſehn, ein ſanfft verlangen tragen. Sie ſtreuen in geduld des wortes milde ſaat, Da ſie doch heerlinge vor gute trauben leſen: Ja wenn die erndte groß und wohl beſtellt geweſen, Sind doch die wenigſten, die GOtt gewehlet hat. Wenn ſie die glaͤubigen mit angſt gebaͤhren muͤſſen, Und aber manches kind die mutter ſelber haßt: Wenn offt ein zarter baum kaum eine wurtzel faßt, Den ſie mit ſchweiß und fleiß verbinden und begieſſen, Da er doch einen wurm in ſeiner rinde heckt, Und mit vergifftem thau das junge blut befleckt: Das heiſt vergebne muͤh, das ſind beſchwerlichkeiten, Die eines lehrers amt biß in das grab begleiten. Was iſt ein prediger? Ein hell-beflammtes licht, Das ſelbſten ſich verzehrt, indem es andern leuchtet; Die lippen ſind ein brunn, der vieler hertz befeuchtet, Jndeſſen auf ſein haupt des creutzes ſonne ſticht. Wie

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 182. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/206>, abgerufen am 27.11.2024.