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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Begräbniß-Getichte.
Auf das absterben der hoch-gebohrnen
Frauen, Frauen Reginen Jsabellen,
vermählter Gräfin von
Hohberg, etc. etc.

B. S.
BEthränter Fürstenstein! es schallet noch die stimme,
Die dir vor kurtzer zeit ein harter bote war.
Es zittert dein pallast noch vor des todes grimme,
Entsetzen, furcht und angst stellt dir ein Nebo dar.
Auch deine herrlichkeit ward durch die trauer-wolcke
Jn tieffstes leid verhüllt, in eitel nacht versenckt.
Dein gipffel, der zuvor mit frölichkeit getränckt,
Ward bald in thränennaß; ja du mit deinem volcke
Stundst, wie durch einen blitz verstarret und gerührt,
Weil dir der frühe tod ach! gar zu viel entführt.
Man hört das echo noch in deinen thälern weinen:
O schmertzlicher verlust nach kurtzen sonnen-scheinen!
Dein Hohberg satzte sich tieff in den staub darnieder;
Bey dieser leiche starb, was vor sein leben hieß.
Der schmertz gieng biß ins hertz durch die erstarrten glieder;
Es ward ein thränen-feld, wo vor ein paradies.
Und welche feder mag so eine schrifft verfassen,
Ob blut und zähren gleich zur dinte worden seyn,
Die uns ein solches leid und solche hertzens-pein
Nach ihrer hefftigkeit kan deutlich lesen lassen?
Schreib an, o Fürstenstein! den tag als einen tag,
Den keine schwartze schrifft nicht gnug bezeichnen mag.
Wie solte nicht ein flor um deine scheitel hangen,
Weil deine sonne dir im mittag untergangen?
Wie Welschland itzt erstaunt der berge riß beschauet,
Wie Napoli bestürtzt die felsen beben hört,
Wenn dorten Gibellin nur pech und schwefel thauet,
Und seines nachbars land mit asch und graus zerstört:
So sieht man auch um dich der unterthauen hütten
Voll angst und traurigkeit, da so ein riß geschieht,
Jn
VI. Theil. N
Begraͤbniß-Getichte.
Auf das abſterben der hoch-gebohrnen
Frauen, Frauen Reginen Jſabellen,
vermaͤhlter Graͤfin von
Hohberg, ꝛc. ꝛc.

B. S.
BEthraͤnter Fuͤrſtenſtein! es ſchallet noch die ſtimme,
Die dir vor kurtzer zeit ein harter bote war.
Es zittert dein pallaſt noch vor des todes grimme,
Entſetzen, furcht und angſt ſtellt dir ein Nebo dar.
Auch deine herꝛlichkeit ward durch die trauer-wolcke
Jn tieffſtes leid verhuͤllt, in eitel nacht verſenckt.
Dein gipffel, der zuvor mit froͤlichkeit getraͤnckt,
Ward bald in thraͤnennaß; ja du mit deinem volcke
Stundſt, wie durch einen blitz verſtarret und geruͤhrt,
Weil dir der fruͤhe tod ach! gar zu viel entfuͤhrt.
Man hoͤrt das echo noch in deinen thaͤlern weinen:
O ſchmertzlicher verluſt nach kurtzen ſonnen-ſcheinen!
Dein Hohberg ſatzte ſich tieff in den ſtaub darnieder;
Bey dieſer leiche ſtarb, was vor ſein leben hieß.
Der ſchmertz gieng biß ins hertz durch die erſtarꝛten glieder;
Es ward ein thraͤnen-feld, wo vor ein paradies.
Und welche feder mag ſo eine ſchrifft verfaſſen,
Ob blut und zaͤhren gleich zur dinte worden ſeyn,
Die uns ein ſolches leid und ſolche hertzens-pein
Nach ihrer hefftigkeit kan deutlich leſen laſſen?
Schreib an, o Fuͤrſtenſtein! den tag als einen tag,
Den keine ſchwartze ſchrifft nicht gnug bezeichnen mag.
Wie ſolte nicht ein flor um deine ſcheitel hangen,
Weil deine ſonne dir im mittag untergangen?
Wie Welſchland itzt erſtaunt der berge riß beſchauet,
Wie Napoli beſtuͤrtzt die felſen beben hoͤrt,
Wenn dorten Gibellin nur pech und ſchwefel thauet,
Und ſeines nachbars land mit aſch und graus zerſtoͤrt:
So ſieht man auch um dich der unterthauen huͤtten
Voll angſt und traurigkeit, da ſo ein riß geſchieht,
Jn
VI. Theil. N
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[193/0217] Begraͤbniß-Getichte. Auf das abſterben der hoch-gebohrnen Frauen, Frauen Reginen Jſabellen, vermaͤhlter Graͤfin von Hohberg, ꝛc. ꝛc. B. S. BEthraͤnter Fuͤrſtenſtein! es ſchallet noch die ſtimme, Die dir vor kurtzer zeit ein harter bote war. Es zittert dein pallaſt noch vor des todes grimme, Entſetzen, furcht und angſt ſtellt dir ein Nebo dar. Auch deine herꝛlichkeit ward durch die trauer-wolcke Jn tieffſtes leid verhuͤllt, in eitel nacht verſenckt. Dein gipffel, der zuvor mit froͤlichkeit getraͤnckt, Ward bald in thraͤnennaß; ja du mit deinem volcke Stundſt, wie durch einen blitz verſtarret und geruͤhrt, Weil dir der fruͤhe tod ach! gar zu viel entfuͤhrt. Man hoͤrt das echo noch in deinen thaͤlern weinen: O ſchmertzlicher verluſt nach kurtzen ſonnen-ſcheinen! Dein Hohberg ſatzte ſich tieff in den ſtaub darnieder; Bey dieſer leiche ſtarb, was vor ſein leben hieß. Der ſchmertz gieng biß ins hertz durch die erſtarꝛten glieder; Es ward ein thraͤnen-feld, wo vor ein paradies. Und welche feder mag ſo eine ſchrifft verfaſſen, Ob blut und zaͤhren gleich zur dinte worden ſeyn, Die uns ein ſolches leid und ſolche hertzens-pein Nach ihrer hefftigkeit kan deutlich leſen laſſen? Schreib an, o Fuͤrſtenſtein! den tag als einen tag, Den keine ſchwartze ſchrifft nicht gnug bezeichnen mag. Wie ſolte nicht ein flor um deine ſcheitel hangen, Weil deine ſonne dir im mittag untergangen? Wie Welſchland itzt erſtaunt der berge riß beſchauet, Wie Napoli beſtuͤrtzt die felſen beben hoͤrt, Wenn dorten Gibellin nur pech und ſchwefel thauet, Und ſeines nachbars land mit aſch und graus zerſtoͤrt: So ſieht man auch um dich der unterthauen huͤtten Voll angſt und traurigkeit, da ſo ein riß geſchieht, Jn VI. Theil. N

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 193. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/217>, abgerufen am 16.05.2024.