Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Schäfer-gedancken bey einer jagt Seiner Königl. Majestät in Preussen. B. N. Dametas. Corydon. DAmetas setzte sich, und warff die müden glieder, Und seinen hirten-stock bey einer buche nieder, Und endlich hub er an: Was meinst du, Corydon? Was will diß wald-geschrey und dieser helle thon? Jst etwan Sylvius heut auf die jagt gezogen? Der grosse Sylvius, von dessen arm' und bogen Ein jeder schäfer spricht? Corydon. So ist es: Feld und wald Sind frölich, daß einmahl sein holes ertz erschallt. Wir selber freuen uns. Warum? Darff man nicht fragen, Wer uns ergetzen will, mag nur das wild verjagen. Dametas. O armer Corydon! Du kennst die helden nicht: Das ist das g'ringste nur, was Sylvius verricht. Geh nur in jene stadt! da hört man andre thaten. Europens glücke baun, zu Teutschlands wohlfarth rathen, Und dennoch auch zugleich auf schäfer-hütten sehn: Jst mehr, als du gedenckst. Wie leicht kan es geschehn, Daß man das wild verscheucht? Allein den feind zertheilen, Und bald von hie, bald da, der noth entgegen eilen: Sind dinge, die man zwar von helden hoffen muß; Doch thut sie keiner so, wie unser Sylvius. Corydon. Wie unser Sylvius? Es ist mir unverborgen. Mein treuer Dorylas erzehlt mir alle morgen, Was man bey hofe sagt. Jch hör es zitternd an, Und dencke, wenn ein held allein so viel gethan, Wo wird doch endlich noch der kreis der erden bleiben? Pan sorge für mein vieh, hilff meine lämmer treiben! Du
Vermiſchte Getichte. Schaͤfer-gedancken bey einer jagt Seiner Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen. B. N. Dametas. Corydon. DAmetas ſetzte ſich, und warff die muͤden glieder, Und ſeinen hirten-ſtock bey einer buche nieder, Und endlich hub er an: Was meinſt du, Corydon? Was will diß wald-geſchrey und dieſer helle thon? Jſt etwan Sylvius heut auf die jagt gezogen? Der groſſe Sylvius, von deſſen arm’ und bogen Ein jeder ſchaͤfer ſpricht? Corydon. So iſt es: Feld und wald Sind froͤlich, daß einmahl ſein holes ertz erſchallt. Wir ſelber freuen uns. Warum? Darff man nicht fragen, Wer uns ergetzen will, mag nur das wild verjagen. Dametas. O armer Corydon! Du kennſt die helden nicht: Das iſt das g’ringſte nur, was Sylvius verricht. Geh nur in jene ſtadt! da hoͤrt man andre thaten. Europens gluͤcke baun, zu Teutſchlands wohlfarth rathen, Und dennoch auch zugleich auf ſchaͤfer-huͤtten ſehn: Jſt mehr, als du gedenckſt. Wie leicht kan es geſchehn, Daß man das wild verſcheucht? Allein den feind zertheilen, Und bald von hie, bald da, der noth entgegen eilen: Sind dinge, die man zwar von helden hoffen muß; Doch thut ſie keiner ſo, wie unſer Sylvius. Corydon. Wie unſer Sylvius? Es iſt mir unverborgen. Mein treuer Dorylas erzehlt mir alle morgen, Was man bey hofe ſagt. Jch hoͤr es zitternd an, Und dencke, wenn ein held allein ſo viel gethan, Wo wird doch endlich noch der kreis der erden bleiben? Pan ſorge fuͤr mein vieh, hilff meine laͤmmer treiben! Du
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Vermiſchte Getichte.
Schaͤfer-gedancken bey einer jagt Seiner
Koͤnigl. Majeſtaͤt in Preuſſen.
B. N.
Dametas. Corydon.
DAmetas ſetzte ſich, und warff die muͤden glieder,
Und ſeinen hirten-ſtock bey einer buche nieder,
Und endlich hub er an: Was meinſt du, Corydon?
Was will diß wald-geſchrey und dieſer helle thon?
Jſt etwan Sylvius heut auf die jagt gezogen?
Der groſſe Sylvius, von deſſen arm’ und bogen
Ein jeder ſchaͤfer ſpricht?
Corydon.
So iſt es: Feld und wald
Sind froͤlich, daß einmahl ſein holes ertz erſchallt.
Wir ſelber freuen uns. Warum? Darff man nicht fragen,
Wer uns ergetzen will, mag nur das wild verjagen.
Dametas.
O armer Corydon! Du kennſt die helden nicht:
Das iſt das g’ringſte nur, was Sylvius verricht.
Geh nur in jene ſtadt! da hoͤrt man andre thaten.
Europens gluͤcke baun, zu Teutſchlands wohlfarth rathen,
Und dennoch auch zugleich auf ſchaͤfer-huͤtten ſehn:
Jſt mehr, als du gedenckſt. Wie leicht kan es geſchehn,
Daß man das wild verſcheucht? Allein den feind zertheilen,
Und bald von hie, bald da, der noth entgegen eilen:
Sind dinge, die man zwar von helden hoffen muß;
Doch thut ſie keiner ſo, wie unſer Sylvius.
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Wie unſer Sylvius? Es iſt mir unverborgen.
Mein treuer Dorylas erzehlt mir alle morgen,
Was man bey hofe ſagt. Jch hoͤr es zitternd an,
Und dencke, wenn ein held allein ſo viel gethan,
Wo wird doch endlich noch der kreis der erden bleiben?
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