Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Man siehet offtermahls, daß da cypressen stehn,Allwo die lorbeer-bäum ihr grünes haupt erhöhn: Daß auf den hellen klang der schallenden trompeten Bisweilen uns gefällt der thon der sanfften flöten. Beglückter Leopold! wer dein verhängniß kennt, Muß sagen, daß dich GOtt zum muster hat ernennt, Der lasterhafften welt in deinem glück zu zeigen: Daß nur die tugend kan das unglück übersteigen. Durch diesen wunder-glantz, der deine seele ziert, Wird jedes hertz entzündt, wird jeder geist gerührt, Und dein beruffnes lob so weit und hoch getrieben, Daß man gezwungen ist, o Kayser! dich zu lieben. Wo wär am Donau-strom ein Protestanten-heer, Wenn diese liebe nicht sein nord-gestirne wär? Will ein verblendter fürst der crone dich berauben, So gilt kein unterschied, kein zancken mehr im glauben. Hier stirbt der unterthan, dort der getreue freund Mit solcher lust vor dich, daß der und jener meint: Er könne löblicher sein leben nicht beschliessen. Ein jeder sucht den tod; so daß man nicht kan wissen, Was auf dem sieges-platz mehr zu bedauren sey: Ob deiner freunde lieb? ob deiner knechte treu? Was kan ich weiter mehr von dir, o Kayser! sagen? Als daß mein fremdes volck, durch tapfferkeit getragen, Von hundert meilen kommt, zu stützen deinen thron, Und nichts als deine huld vor sich begehrt zum lohn. Dort schreibt ein weiser mann: Daß es nicht einen giebet, Der sonder eigen-nutz allein die tugend liebet; Und der im gegentheil den lastern widersteht, Wenn ihr vergiffter lohn uns in der welt erhöht. Ach! soltest du itzund, o kluger Römer! leben! Jch weiß, du würdest selbst diß schöne zeugniß geben: Daß, wenn ein Leopold das kayserthum regiert, Die tugend nur allein uns zu der tugend führt. Wer aber ist einmahl zu deinem thron getreten, Und hat vergebens dich, o Kayser! was gebeten? Was
Vermiſchte Getichte. Man ſiehet offtermahls, daß da cypreſſen ſtehn,Allwo die lorbeer-baͤum ihr gruͤnes haupt erhoͤhn: Daß auf den hellen klang der ſchallenden trompeten Bisweilen uns gefaͤllt der thon der ſanfften floͤten. Begluͤckter Leopold! wer dein verhaͤngniß kennt, Muß ſagen, daß dich GOtt zum muſter hat ernennt, Der laſterhafften welt in deinem gluͤck zu zeigen: Daß nur die tugend kan das ungluͤck uͤberſteigen. Durch dieſen wunder-glantz, der deine ſeele ziert, Wird jedes hertz entzuͤndt, wird jeder geiſt geruͤhrt, Und dein beruffnes lob ſo weit und hoch getrieben, Daß man gezwungen iſt, o Kayſer! dich zu lieben. Wo waͤr am Donau-ſtrom ein Proteſtanten-heer, Wenn dieſe liebe nicht ſein nord-geſtirne waͤr? Will ein verblendter fuͤrſt der crone dich berauben, So gilt kein unterſchied, kein zancken mehr im glauben. Hier ſtirbt der unterthan, dort der getreue freund Mit ſolcher luſt vor dich, daß der und jener meint: Er koͤnne loͤblicher ſein leben nicht beſchlieſſen. Ein jeder ſucht den tod; ſo daß man nicht kan wiſſen, Was auf dem ſieges-platz mehr zu bedauren ſey: Ob deiner freunde lieb? ob deiner knechte treu? Was kan ich weiter mehr von dir, o Kayſer! ſagen? Als daß mein fremdes volck, durch tapfferkeit getragen, Von hundert meilen kommt, zu ſtuͤtzen deinen thron, Und nichts als deine huld vor ſich begehrt zum lohn. Dort ſchreibt ein weiſer mann: Daß es nicht einen giebet, Der ſonder eigen-nutz allein die tugend liebet; Und der im gegentheil den laſtern widerſteht, Wenn ihr vergiffter lohn uns in der welt erhoͤht. Ach! ſolteſt du itzund, o kluger Roͤmer! leben! Jch weiß, du wuͤrdeſt ſelbſt diß ſchoͤne zeugniß geben: Daß, wenn ein Leopold das kayſerthum regiert, Die tugend nur allein uns zu der tugend fuͤhrt. Wer aber iſt einmahl zu deinem thron getreten, Und hat vergebens dich, o Kayſer! was gebeten? Was
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <lg type="poem"> <pb facs="#f0256" n="232"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vermiſchte Getichte.</hi> </fw><lb/> <l>Man ſiehet offtermahls, daß da cypreſſen ſtehn,</l><lb/> <l>Allwo die lorbeer-baͤum ihr gruͤnes haupt erhoͤhn:</l><lb/> <l>Daß auf den hellen klang der ſchallenden trompeten</l><lb/> <l>Bisweilen uns gefaͤllt der thon der ſanfften floͤten.</l><lb/> <l>Begluͤckter Leopold! wer dein verhaͤngniß kennt,</l><lb/> <l>Muß ſagen, daß dich GOtt zum muſter hat ernennt,</l><lb/> <l>Der laſterhafften welt in deinem gluͤck zu zeigen:</l><lb/> <l>Daß nur die tugend kan das ungluͤck uͤberſteigen.</l><lb/> <l>Durch dieſen wunder-glantz, der deine ſeele ziert,</l><lb/> <l>Wird jedes hertz entzuͤndt, wird jeder geiſt geruͤhrt,</l><lb/> <l>Und dein beruffnes lob ſo weit und hoch getrieben,</l><lb/> <l>Daß man gezwungen iſt, o Kayſer! dich zu lieben.</l><lb/> <l>Wo waͤr am Donau-ſtrom ein Proteſtanten-heer,</l><lb/> <l>Wenn dieſe liebe nicht ſein nord-geſtirne waͤr?</l><lb/> <l>Will ein verblendter fuͤrſt der crone dich berauben,</l><lb/> <l>So gilt kein unterſchied, kein zancken mehr im glauben.</l><lb/> <l>Hier ſtirbt der unterthan, dort der getreue freund</l><lb/> <l>Mit ſolcher luſt vor dich, daß der und jener meint:</l><lb/> <l>Er koͤnne loͤblicher ſein leben nicht beſchlieſſen.</l><lb/> <l>Ein jeder ſucht den tod; ſo daß man nicht kan wiſſen,</l><lb/> <l>Was auf dem ſieges-platz mehr zu bedauren ſey:</l><lb/> <l>Ob deiner freunde lieb? ob deiner knechte treu?</l><lb/> <l>Was kan ich weiter mehr von dir, o Kayſer! ſagen?</l><lb/> <l>Als daß mein fremdes volck, durch tapfferkeit getragen,</l><lb/> <l>Von hundert meilen kommt, zu ſtuͤtzen deinen thron,</l><lb/> <l>Und nichts als deine huld vor ſich begehrt zum lohn.</l><lb/> <l>Dort ſchreibt ein weiſer mann: Daß es nicht einen giebet,</l><lb/> <l>Der ſonder eigen-nutz allein die tugend liebet;</l><lb/> <l>Und der im gegentheil den laſtern widerſteht,</l><lb/> <l>Wenn ihr vergiffter lohn uns in der welt erhoͤht.</l><lb/> <l>Ach! ſolteſt du itzund, o kluger Roͤmer! leben!</l><lb/> <l>Jch weiß, du wuͤrdeſt ſelbſt diß ſchoͤne zeugniß geben:</l><lb/> <l>Daß, wenn ein Leopold das kayſerthum regiert,</l><lb/> <l>Die tugend nur allein uns zu der tugend fuͤhrt.</l><lb/> <l>Wer aber iſt einmahl zu deinem thron getreten,</l><lb/> <l>Und hat vergebens dich, o Kayſer! was gebeten?</l><lb/> <fw place="bottom" type="catch">Was</fw><lb/> </lg> </div> </div> </body> </text> </TEI> [232/0256]
Vermiſchte Getichte.
Man ſiehet offtermahls, daß da cypreſſen ſtehn,
Allwo die lorbeer-baͤum ihr gruͤnes haupt erhoͤhn:
Daß auf den hellen klang der ſchallenden trompeten
Bisweilen uns gefaͤllt der thon der ſanfften floͤten.
Begluͤckter Leopold! wer dein verhaͤngniß kennt,
Muß ſagen, daß dich GOtt zum muſter hat ernennt,
Der laſterhafften welt in deinem gluͤck zu zeigen:
Daß nur die tugend kan das ungluͤck uͤberſteigen.
Durch dieſen wunder-glantz, der deine ſeele ziert,
Wird jedes hertz entzuͤndt, wird jeder geiſt geruͤhrt,
Und dein beruffnes lob ſo weit und hoch getrieben,
Daß man gezwungen iſt, o Kayſer! dich zu lieben.
Wo waͤr am Donau-ſtrom ein Proteſtanten-heer,
Wenn dieſe liebe nicht ſein nord-geſtirne waͤr?
Will ein verblendter fuͤrſt der crone dich berauben,
So gilt kein unterſchied, kein zancken mehr im glauben.
Hier ſtirbt der unterthan, dort der getreue freund
Mit ſolcher luſt vor dich, daß der und jener meint:
Er koͤnne loͤblicher ſein leben nicht beſchlieſſen.
Ein jeder ſucht den tod; ſo daß man nicht kan wiſſen,
Was auf dem ſieges-platz mehr zu bedauren ſey:
Ob deiner freunde lieb? ob deiner knechte treu?
Was kan ich weiter mehr von dir, o Kayſer! ſagen?
Als daß mein fremdes volck, durch tapfferkeit getragen,
Von hundert meilen kommt, zu ſtuͤtzen deinen thron,
Und nichts als deine huld vor ſich begehrt zum lohn.
Dort ſchreibt ein weiſer mann: Daß es nicht einen giebet,
Der ſonder eigen-nutz allein die tugend liebet;
Und der im gegentheil den laſtern widerſteht,
Wenn ihr vergiffter lohn uns in der welt erhoͤht.
Ach! ſolteſt du itzund, o kluger Roͤmer! leben!
Jch weiß, du wuͤrdeſt ſelbſt diß ſchoͤne zeugniß geben:
Daß, wenn ein Leopold das kayſerthum regiert,
Die tugend nur allein uns zu der tugend fuͤhrt.
Wer aber iſt einmahl zu deinem thron getreten,
Und hat vergebens dich, o Kayſer! was gebeten?
Was
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |