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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.

Jndeß will ja jemand die wahrheit klärer sehn,
Und denckt, man wolle nur die welt vergebens schmähn:
Der kan zum überfluß auf viel gelehrte schauen,
Die thürm und schlösser offt auf wahn und meinung bauen.



Jtzt langt die dinte nicht, es fehlt papier und zeit,
Das alte wespen-nest der meinungen zu stören:
Wenn deun' des himmels-glantz kohl-schwartze flocken schneyt:
Und andre affen gern die gänse reden hören:
Ja wenn Democritus bey leid und trauren lacht:
Leucipp der erden ball zu einer trommel macht:
Wenn der Cleanthes sie will statt der kegel brauchen:
Und andre sich den kopff in nasse lusst eintauchen.


Diß alles hat bereits das alterthum verdeckt;
Allein man darff nicht erst in jene zeiten lauffen,
Weil man zu unsrer zeit auch grillen ausgeheckt.
Man kan pedanterie noch aller orten kauffen.
Wie wird die stirne nicht in falten eingelegt,
Wenn ein ertichtes bild auf das gehirne schlägt:
Es strotzt der weißheits-sack, und zieht den kopff zur erden,
Als wolte mancher noch zum karrn-gespane werden.


Darbey hefft man den mund mit hundert klammern an,
Wie die beschwerer thun, wann sie die geister bannen;
Kommt aber eine zeit, da man nicht schweigen kan,
So möchte man ein pferd vor jede silbe spannen.
Wer fällt nunmehr mit mir nicht auch der meinung bey?
Daß der Pythagoras noch nicht gestorben sey.
Ja wenn gelehrte sich vor aller welt verschliessen:
So wird Diogeues auch wohl noch leben müssen.


Was bildet mancher sich nicht auf den mantel ein!
Bald will der kragen sich nicht auf die schulter schmiegen:
Bald fehlet sonsten was: Da muß man ernsthafft seyn,
Als hätte man bereits den freyheits-brief zum lügen:
Dabey

Vermiſchte Getichte.

Jndeß will ja jemand die wahrheit klaͤrer ſehn,
Und denckt, man wolle nur die welt vergebens ſchmaͤhn:
Der kan zum uͤberfluß auf viel gelehrte ſchauen,
Die thuͤrm und ſchloͤſſer offt auf wahn und meinung bauen.



Jtzt langt die dinte nicht, es fehlt papier und zeit,
Das alte weſpen-neſt der meinungen zu ſtoͤren:
Wenn deun’ des himmels-glantz kohl-ſchwartze flocken ſchneyt:
Und andre affen gern die gaͤnſe reden hoͤren:
Ja wenn Democritus bey leid und trauren lacht:
Leucipp der erden ball zu einer trommel macht:
Wenn der Cleanthes ſie will ſtatt der kegel brauchen:
Und andre ſich den kopff in naſſe luſſt eintauchen.


Diß alles hat bereits das alterthum verdeckt;
Allein man darff nicht erſt in jene zeiten lauffen,
Weil man zu unſrer zeit auch grillen ausgeheckt.
Man kan pedanterie noch aller orten kauffen.
Wie wird die ſtirne nicht in falten eingelegt,
Wenn ein ertichtes bild auf das gehirne ſchlaͤgt:
Es ſtrotzt der weißheits-ſack, und zieht den kopff zur erden,
Als wolte mancher noch zum karꝛn-geſpane werden.


Darbey hefft man den mund mit hundert klammern an,
Wie die beſchwerer thun, wann ſie die geiſter bannen;
Kommt aber eine zeit, da man nicht ſchweigen kan,
So moͤchte man ein pferd vor jede ſilbe ſpannen.
Wer faͤllt nunmehr mit mir nicht auch der meinung bey?
Daß der Pythagoras noch nicht geſtorben ſey.
Ja wenn gelehrte ſich vor aller welt verſchlieſſen:
So wird Diogeues auch wohl noch leben muͤſſen.


Was bildet mancher ſich nicht auf den mantel ein!
Bald will der kragen ſich nicht auf die ſchulter ſchmiegen:
Bald fehlet ſonſten was: Da muß man ernſthafft ſeyn,
Als haͤtte man bereits den freyheits-brief zum luͤgen:
Dabey
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[246/0270] Vermiſchte Getichte. Jndeß will ja jemand die wahrheit klaͤrer ſehn, Und denckt, man wolle nur die welt vergebens ſchmaͤhn: Der kan zum uͤberfluß auf viel gelehrte ſchauen, Die thuͤrm und ſchloͤſſer offt auf wahn und meinung bauen. Jtzt langt die dinte nicht, es fehlt papier und zeit, Das alte weſpen-neſt der meinungen zu ſtoͤren: Wenn deun’ des himmels-glantz kohl-ſchwartze flocken ſchneyt: Und andre affen gern die gaͤnſe reden hoͤren: Ja wenn Democritus bey leid und trauren lacht: Leucipp der erden ball zu einer trommel macht: Wenn der Cleanthes ſie will ſtatt der kegel brauchen: Und andre ſich den kopff in naſſe luſſt eintauchen. Diß alles hat bereits das alterthum verdeckt; Allein man darff nicht erſt in jene zeiten lauffen, Weil man zu unſrer zeit auch grillen ausgeheckt. Man kan pedanterie noch aller orten kauffen. Wie wird die ſtirne nicht in falten eingelegt, Wenn ein ertichtes bild auf das gehirne ſchlaͤgt: Es ſtrotzt der weißheits-ſack, und zieht den kopff zur erden, Als wolte mancher noch zum karꝛn-geſpane werden. Darbey hefft man den mund mit hundert klammern an, Wie die beſchwerer thun, wann ſie die geiſter bannen; Kommt aber eine zeit, da man nicht ſchweigen kan, So moͤchte man ein pferd vor jede ſilbe ſpannen. Wer faͤllt nunmehr mit mir nicht auch der meinung bey? Daß der Pythagoras noch nicht geſtorben ſey. Ja wenn gelehrte ſich vor aller welt verſchlieſſen: So wird Diogeues auch wohl noch leben muͤſſen. Was bildet mancher ſich nicht auf den mantel ein! Bald will der kragen ſich nicht auf die ſchulter ſchmiegen: Bald fehlet ſonſten was: Da muß man ernſthafft ſeyn, Als haͤtte man bereits den freyheits-brief zum luͤgen: Dabey

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 246. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/270>, abgerufen am 22.11.2024.