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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Vermischte Getichte.
Nicht nehmen gar dahin? Schon zweymahl ists ge-
schehn,
Daß man bey einem haar mich untergehen sehn.
Der hencker hat sein spiel, wie balde kan sichs fügen,
Daß mir ein grosser storch kan an die scheune fliegen.
Wie wenn mein kleinster sohn ein schwalben-nest zer-
bricht,
Und diese schwalbe mir hernach die kühe sticht:
So könt ich ja fürwahr bey so gestalten sachen
Gar keine butter nicht, und wenig käse machen.
Diß sey von diesem gnung. Kommt dann die erndte-zeit,
Die sonsten jedermann vergnüget und erfreut,
So hast du deine last, durchrennest felder, fluhren,
Besiehst der menschen tritt, und zehlst der mäuse spuhren.
An deinem acker ist fürwahr kein leerer rein,
Er muß, wie du vermeinst, gantz abgeschnitten seyn;
Wird denn nach deinem wunsch, und über sein verhoffen,
Ein solcher armer dieb erhascht und angetroffen,
Jst keine gnade da, er muß mit dir herein,
Und kan nach deinem sinn nicht gnung bestrafet seyn.
Will sich das feder-vieh nur etwan unterstehen,
Aus bloser unvernunfft auf deine saat zu gehen:
So schwingest du den stock, und wirffst aus aller macht,
So lange, biß davon etwas ist umgebracht:
Du rupffst die federn aus, die rache zu vollenden,
Und streust sie hier und da herum an allen enden,
Damit daß huhn und ganß zu ihrem schrecken sehn,
Was hier mit ihnen sey vor eine schlacht geschehn.
Fängt das getreide nun allmählich an zu reiffen,
Dann pflegst du stück vor stück gar fleißig durchzustreiffen:
Und daß du wissen kanst, ob halm und korn gesund,
So ziehst du beyde sie gar zierlich durch den mund.
Kommt denn die zeit heran, zur erndte selbst zu schreiten,
Wie bist du denn bemüht, die seile auszubreiten:
Und wenn nun diß geschehn, vermeinest du, du hast
Getragen allzustarck des tages hitz und last.
Ent-
R 4
Vermiſchte Getichte.
Nicht nehmen gar dahin? Schon zweymahl iſts ge-
ſchehn,
Daß man bey einem haar mich untergehen ſehn.
Der hencker hat ſein ſpiel, wie balde kan ſichs fuͤgen,
Daß mir ein groſſer ſtorch kan an die ſcheune fliegen.
Wie wenn mein kleinſter ſohn ein ſchwalben-neſt zer-
bricht,
Und dieſe ſchwalbe mir hernach die kuͤhe ſticht:
So koͤnt ich ja fuͤrwahr bey ſo geſtalten ſachen
Gar keine butter nicht, und wenig kaͤſe machen.
Diß ſey von dieſem gnung. Kommt dann die erndte-zeit,
Die ſonſten jedermann vergnuͤget und erfreut,
So haſt du deine laſt, durchrenneſt felder, fluhren,
Beſiehſt der menſchen tritt, und zehlſt der maͤuſe ſpuhren.
An deinem acker iſt fuͤrwahr kein leerer rein,
Er muß, wie du vermeinſt, gantz abgeſchnitten ſeyn;
Wird denn nach deinem wunſch, und uͤber ſein verhoffen,
Ein ſolcher armer dieb erhaſcht und angetroffen,
Jſt keine gnade da, er muß mit dir herein,
Und kan nach deinem ſinn nicht gnung beſtrafet ſeyn.
Will ſich das feder-vieh nur etwan unterſtehen,
Aus bloſer unvernunfft auf deine ſaat zu gehen:
So ſchwingeſt du den ſtock, und wirffſt aus aller macht,
So lange, biß davon etwas iſt umgebracht:
Du rupffſt die federn aus, die rache zu vollenden,
Und ſtreuſt ſie hier und da herum an allen enden,
Damit daß huhn und ganß zu ihrem ſchrecken ſehn,
Was hier mit ihnen ſey vor eine ſchlacht geſchehn.
Faͤngt das getreide nun allmaͤhlich an zu reiffen,
Dann pflegſt du ſtuͤck vor ſtuͤck gar fleißig durchzuſtreiffen:
Und daß du wiſſen kanſt, ob halm und korn geſund,
So ziehſt du beyde ſie gar zierlich durch den mund.
Kommt denn die zeit heran, zur erndte ſelbſt zu ſchreiten,
Wie biſt du denn bemuͤht, die ſeile auszubreiten:
Und wenn nun diß geſchehn, vermeineſt du, du haſt
Getragen allzuſtarck des tages hitz und laſt.
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[263/0287] Vermiſchte Getichte. Nicht nehmen gar dahin? Schon zweymahl iſts ge- ſchehn, Daß man bey einem haar mich untergehen ſehn. Der hencker hat ſein ſpiel, wie balde kan ſichs fuͤgen, Daß mir ein groſſer ſtorch kan an die ſcheune fliegen. Wie wenn mein kleinſter ſohn ein ſchwalben-neſt zer- bricht, Und dieſe ſchwalbe mir hernach die kuͤhe ſticht: So koͤnt ich ja fuͤrwahr bey ſo geſtalten ſachen Gar keine butter nicht, und wenig kaͤſe machen. Diß ſey von dieſem gnung. Kommt dann die erndte-zeit, Die ſonſten jedermann vergnuͤget und erfreut, So haſt du deine laſt, durchrenneſt felder, fluhren, Beſiehſt der menſchen tritt, und zehlſt der maͤuſe ſpuhren. An deinem acker iſt fuͤrwahr kein leerer rein, Er muß, wie du vermeinſt, gantz abgeſchnitten ſeyn; Wird denn nach deinem wunſch, und uͤber ſein verhoffen, Ein ſolcher armer dieb erhaſcht und angetroffen, Jſt keine gnade da, er muß mit dir herein, Und kan nach deinem ſinn nicht gnung beſtrafet ſeyn. Will ſich das feder-vieh nur etwan unterſtehen, Aus bloſer unvernunfft auf deine ſaat zu gehen: So ſchwingeſt du den ſtock, und wirffſt aus aller macht, So lange, biß davon etwas iſt umgebracht: Du rupffſt die federn aus, die rache zu vollenden, Und ſtreuſt ſie hier und da herum an allen enden, Damit daß huhn und ganß zu ihrem ſchrecken ſehn, Was hier mit ihnen ſey vor eine ſchlacht geſchehn. Faͤngt das getreide nun allmaͤhlich an zu reiffen, Dann pflegſt du ſtuͤck vor ſtuͤck gar fleißig durchzuſtreiffen: Und daß du wiſſen kanſt, ob halm und korn geſund, So ziehſt du beyde ſie gar zierlich durch den mund. Kommt denn die zeit heran, zur erndte ſelbſt zu ſchreiten, Wie biſt du denn bemuͤht, die ſeile auszubreiten: Und wenn nun diß geſchehn, vermeineſt du, du haſt Getragen allzuſtarck des tages hitz und laſt. Ent- R 4

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/287>, abgerufen am 21.11.2024.