Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Vermischte Getichte. Jst es unmöglich, dieses hertze,Das über des Myrtillus schmertze Sich nicht erbarmen will, noch endlich zu erweichen? So lescht zum wenigsten durch eure milde fluth, O thränen! meine gluth! Oder wachset so weit an, Damit ich und mein schmertz in euch ertrincken kan! Vermischte Getichte. Von dem elende des menschlichen lebens. 1. ARmseeliges gelücke!Das auf der welt des menschen hertze trifft! Der donner unterbricht die schönsten sonnen-blicke: Und was man zucker nennt, ist offt das ärgste gifft: Die sterne werden uns zu feurigen cometen, Und die erfahrung zeigt: Daß auch wohl engel töden. 2. Was sind die süssen rosen,Wenn sie der dorn vor unsern händen schützt? Der himmel pflegt uns zwar von ferne zu liebkosen; Kommt man ihm aber nah, so fühlt man, daß er blitzt. Es baut der selbst-betrug nur schlösser in die lüffte: Denn, eh' man es bedenckt, so sind es todten-grüffte. 3. Des lebens erster morgenHebt sich bey uns mit bittren thränen an. Ein ausgekrochner wurm weiß vor sich selbst zu sorgen; Da der gebohrne mensch ihm gar nicht helffen kan: Er lernt mit fallen gehn, und wird, wenn falsche freunde Nicht seine hencker sind, ihm endlich selbst zum feinde. 4. Man
Vermiſchte Getichte. Jſt es unmoͤglich, dieſes hertze,Das uͤber des Myrtillus ſchmertze Sich nicht erbarmen will, noch endlich zu erweichen? So leſcht zum wenigſten durch eure milde fluth, O thraͤnen! meine gluth! Oder wachſet ſo weit an, Damit ich und mein ſchmertz in euch ertrincken kan! Vermiſchte Getichte. Von dem elende des menſchlichen lebens. 1. ARmſeeliges geluͤcke!Das auf der welt des menſchen hertze trifft! Der donner unterbricht die ſchoͤnſten ſonnen-blicke: Und was man zucker nennt, iſt offt das aͤrgſte gifft: Die ſterne werden uns zu feurigen cometen, Und die erfahrung zeigt: Daß auch wohl engel toͤden. 2. Was ſind die ſuͤſſen roſen,Wenn ſie der dorn vor unſern haͤnden ſchuͤtzt? Der himmel pflegt uns zwar von ferne zu liebkoſen; Kommt man ihm aber nah, ſo fuͤhlt man, daß er blitzt. Es baut der ſelbſt-betrug nur ſchloͤſſer in die luͤffte: Denn, eh’ man es bedenckt, ſo ſind es todten-gruͤffte. 3. Des lebens erſter morgenHebt ſich bey uns mit bittren thraͤnen an. Ein ausgekrochner wurm weiß vor ſich ſelbſt zu ſorgen; Da der gebohrne menſch ihm gar nicht helffen kan: Er lernt mit fallen gehn, und wird, wenn falſche freunde Nicht ſeine hencker ſind, ihm endlich ſelbſt zum feinde. 4. Man
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Vermiſchte Getichte.
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Sich nicht erbarmen will, noch endlich zu erweichen?
So leſcht zum wenigſten durch eure milde fluth,
O thraͤnen! meine gluth!
Oder wachſet ſo weit an,
Damit ich und mein ſchmertz in euch ertrincken kan!
Vermiſchte Getichte.
Von dem elende des menſchlichen lebens.
1.
ARmſeeliges geluͤcke!
Das auf der welt des menſchen hertze trifft!
Der donner unterbricht die ſchoͤnſten ſonnen-blicke:
Und was man zucker nennt, iſt offt das aͤrgſte gifft:
Die ſterne werden uns zu feurigen cometen,
Und die erfahrung zeigt: Daß auch wohl engel toͤden.
2.
Was ſind die ſuͤſſen roſen,
Wenn ſie der dorn vor unſern haͤnden ſchuͤtzt?
Der himmel pflegt uns zwar von ferne zu liebkoſen;
Kommt man ihm aber nah, ſo fuͤhlt man, daß er blitzt.
Es baut der ſelbſt-betrug nur ſchloͤſſer in die luͤffte:
Denn, eh’ man es bedenckt, ſo ſind es todten-gruͤffte.
3.
Des lebens erſter morgen
Hebt ſich bey uns mit bittren thraͤnen an.
Ein ausgekrochner wurm weiß vor ſich ſelbſt zu ſorgen;
Da der gebohrne menſch ihm gar nicht helffen kan:
Er lernt mit fallen gehn, und wird, wenn falſche freunde
Nicht ſeine hencker ſind, ihm endlich ſelbſt zum feinde.
4. Man
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