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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und
Der dritte brief.
JCh schicke dir, mein schatz! kein eingebisamt schreiben,
Nachdem du eckel selbst vor lieb und bisam hast:
Jch kan in unsrer eh nicht länger eh-los bleiben;
Diß ist es, was in sich mein gantzes schreiben faßt.
Wie schwer kommt mich es an, die schwartze tinte brauchen!
Ach möchte diese schrifft durchaus zinober seyn!
Allein mein hertz und wunsch muß wie der berg verrauchen,
Der in Jßländisch eiß hüllt seine flammen ein.
Die winde, die in mir der liebe feur auffachen,
Führ'n eitel unmuths-schnee aus deiner brust empor.
Nichts kan dich zorniger als meine liebe machen,
Ja unser sauer-sehn zeuchst du dem liebreitz vor.
Dein demant-hertze wird dir mein betrübnis sagen,
Wie dir ein löffel lust um nichts nicht feil gewest,
Wie du offt einen kuß dem eh-herrn abgeschlagen,
Und seinen mund geflohn mehr als ein wespen-nest,
Den speichel ängstlicher als tödtend gifft verschmähet,
Dich aber selbst dadurch zur natter nur gemacht,
Den spinnen das gesicht, den rücken mir gedrehet,
Dein bett und zimmer mir verschlossen jede nacht.
Erwege deinen grimm nur selbst, und meine schmertzen,
Dein schön-seyn locket mich, dein gram-seyn stößt mich weg,
Magnet beseelt dein aug', und demant steckt im hertzen,
Dein arm verrücket mir den selbst gesetzten zweck.
Du fleuchst für meiner gunst, wie schatten vor den füssen,
Doch schwermt dein bild um mich, wie motten um das
licht;
So offt ich aber dich umfangen will und küssen,
Kan irrwisch und gespenst so bald verschwinden nicht.
Ein amboß härtet sich nur von den hammer-schlägen;
Je mehr mein hertze klopfft, je eiserner wirst du.
Stein-eichen geben nach den winden und dem regen;
Mein thräuend seufftzen legt dir nur mehr härte zu.
So
Verliebte und
Der dritte brief.
JCh ſchicke dir, mein ſchatz! kein eingebiſamt ſchreiben,
Nachdem du eckel ſelbſt vor lieb und biſam haſt:
Jch kan in unſrer eh nicht laͤnger eh-los bleiben;
Diß iſt es, was in ſich mein gantzes ſchreiben faßt.
Wie ſchwer kommt mich es an, die ſchwartze tinte brauchen!
Ach moͤchte dieſe ſchrifft durchaus zinober ſeyn!
Allein mein hertz und wunſch muß wie der berg verrauchen,
Der in Jßlaͤndiſch eiß huͤllt ſeine flammen ein.
Die winde, die in mir der liebe feur auffachen,
Fuͤhr’n eitel unmuths-ſchnee aus deiner bruſt empor.
Nichts kan dich zorniger als meine liebe machen,
Ja unſer ſauer-ſehn zeuchſt du dem liebreitz vor.
Dein demant-hertze wird dir mein betruͤbnis ſagen,
Wie dir ein loͤffel luſt um nichts nicht feil geweſt,
Wie du offt einen kuß dem eh-herꝛn abgeſchlagen,
Und ſeinen mund geflohn mehr als ein weſpen-neſt,
Den ſpeichel aͤngſtlicher als toͤdtend gifft verſchmaͤhet,
Dich aber ſelbſt dadurch zur natter nur gemacht,
Den ſpinnen das geſicht, den ruͤcken mir gedrehet,
Dein bett und zimmer mir verſchloſſen jede nacht.
Erwege deinen grimm nur ſelbſt, und meine ſchmertzen,
Dein ſchoͤn-ſeyn locket mich, dein gram-ſeyn ſtoͤßt mich weg,
Magnet beſeelt dein aug’, und demant ſteckt im hertzen,
Dein arm verruͤcket mir den ſelbſt geſetzten zweck.
Du fleuchſt fuͤr meiner gunſt, wie ſchatten vor den fuͤſſen,
Doch ſchwermt dein bild um mich, wie motten um das
licht;
So offt ich aber dich umfangen will und kuͤſſen,
Kan irꝛwiſch und geſpenſt ſo bald verſchwinden nicht.
Ein amboß haͤrtet ſich nur von den hammer-ſchlaͤgen;
Je mehr mein hertze klopfft, je eiſerner wirſt du.
Stein-eichen geben nach den winden und dem regen;
Mein thraͤuend ſeufftzen legt dir nur mehr haͤrte zu.
So
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[10/0034] Verliebte und Der dritte brief. JCh ſchicke dir, mein ſchatz! kein eingebiſamt ſchreiben, Nachdem du eckel ſelbſt vor lieb und biſam haſt: Jch kan in unſrer eh nicht laͤnger eh-los bleiben; Diß iſt es, was in ſich mein gantzes ſchreiben faßt. Wie ſchwer kommt mich es an, die ſchwartze tinte brauchen! Ach moͤchte dieſe ſchrifft durchaus zinober ſeyn! Allein mein hertz und wunſch muß wie der berg verrauchen, Der in Jßlaͤndiſch eiß huͤllt ſeine flammen ein. Die winde, die in mir der liebe feur auffachen, Fuͤhr’n eitel unmuths-ſchnee aus deiner bruſt empor. Nichts kan dich zorniger als meine liebe machen, Ja unſer ſauer-ſehn zeuchſt du dem liebreitz vor. Dein demant-hertze wird dir mein betruͤbnis ſagen, Wie dir ein loͤffel luſt um nichts nicht feil geweſt, Wie du offt einen kuß dem eh-herꝛn abgeſchlagen, Und ſeinen mund geflohn mehr als ein weſpen-neſt, Den ſpeichel aͤngſtlicher als toͤdtend gifft verſchmaͤhet, Dich aber ſelbſt dadurch zur natter nur gemacht, Den ſpinnen das geſicht, den ruͤcken mir gedrehet, Dein bett und zimmer mir verſchloſſen jede nacht. Erwege deinen grimm nur ſelbſt, und meine ſchmertzen, Dein ſchoͤn-ſeyn locket mich, dein gram-ſeyn ſtoͤßt mich weg, Magnet beſeelt dein aug’, und demant ſteckt im hertzen, Dein arm verruͤcket mir den ſelbſt geſetzten zweck. Du fleuchſt fuͤr meiner gunſt, wie ſchatten vor den fuͤſſen, Doch ſchwermt dein bild um mich, wie motten um das licht; So offt ich aber dich umfangen will und kuͤſſen, Kan irꝛwiſch und geſpenſt ſo bald verſchwinden nicht. Ein amboß haͤrtet ſich nur von den hammer-ſchlaͤgen; Je mehr mein hertze klopfft, je eiſerner wirſt du. Stein-eichen geben nach den winden und dem regen; Mein thraͤuend ſeufftzen legt dir nur mehr haͤrte zu. So

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 10. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/34>, abgerufen am 21.11.2024.