Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.Leanders aus Schlesien Gedancken des gefallenen und wieder durch Christum erlösten menschen. 1. O Heilige Dreyeinigkeit!Wie seelig war ich doch, als ich zur göldnen zeit Dein theures ebenbild, so würcklich war, als hieß! Da warest du mein gut, mein ruhm, mein paradies. 2. Ach aber! ach die goldne zeitWard bald zu finstrem bley, als ich der unschuld kleid So liederlich verschertzt, das wahre gut verflucht, Und in des satans hand gut, ehr und lust gesucht. 3. Da gieng dein ebenbild dahin;Daß ich itzund ein bild der bösen schlange bin, Weil ich ihr lügen-wort der wahrheit vorgesetzt, Und den, der alles ist, als lauter nichts geschätzt. 4. Ach! wär ich nichts, ich sünden-knecht!So wär ich, als ein nichts, von dem erzürnten recht Und von dem urtheil frey, das der, so alles ist, Jtzt, leider! über mich verdammten sünder liest. 5. Werd ich von deinem zorn erwürgt?Jst nirgends keine klufft, die mich vor dir verbirgt? Ach nein! Dein donner schlägt auch in den abgrund ein, Und wen du treffen wilst, kan nirgend sicher seyn. 6. Der grimm hat seinen freyen lauff.Weh mir! wo soll ich hin? Der himmel thut sich auf. Weh mir! nun bin ich hin! Nun muß ich untergehn! Denn welch geschöpffe kan vor seinem schöpffer stehn? 7. Doch irr ich? oder seh ich recht?Mich deucht, (o süsser blick vor mich verworffnen knecht!) Des
Leanders aus Schleſien Gedancken des gefallenen und wieder durch Chriſtum erloͤſten menſchen. 1. O Heilige Dreyeinigkeit!Wie ſeelig war ich doch, als ich zur goͤldnen zeit Dein theures ebenbild, ſo wuͤrcklich war, als hieß! Da wareſt du mein gut, mein ruhm, mein paradies. 2. Ach aber! ach die goldne zeitWard bald zu finſtrem bley, als ich der unſchuld kleid So liederlich verſchertzt, das wahre gut verflucht, Und in des ſatans hand gut, ehr und luſt geſucht. 3. Da gieng dein ebenbild dahin;Daß ich itzund ein bild der boͤſen ſchlange bin, Weil ich ihr luͤgen-wort der wahrheit vorgeſetzt, Und den, der alles iſt, als lauter nichts geſchaͤtzt. 4. Ach! waͤr ich nichts, ich ſuͤnden-knecht!So waͤr ich, als ein nichts, von dem erzuͤrnten recht Und von dem urtheil frey, das der, ſo alles iſt, Jtzt, leider! uͤber mich verdammten ſuͤnder lieſt. 5. Werd ich von deinem zorn erwuͤrgt?Jſt nirgends keine klufft, die mich vor dir verbirgt? Ach nein! Dein donner ſchlaͤgt auch in den abgrund ein, Und wen du treffen wilſt, kan nirgend ſicher ſeyn. 6. Der grimm hat ſeinen freyen lauff.Weh mir! wo ſoll ich hin? Der himmel thut ſich auf. Weh mir! nun bin ich hin! Nun muß ich untergehn! Denn welch geſchoͤpffe kan vor ſeinem ſchoͤpffer ſtehn? 7. Doch irꝛ ich? oder ſeh ich recht?Mich deucht, (o ſuͤſſer blick vor mich verworffnen knecht!) Des
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Leanders aus Schleſien
Gedancken des gefallenen und wieder
durch Chriſtum erloͤſten menſchen.
1.
O Heilige Dreyeinigkeit!
Wie ſeelig war ich doch, als ich zur goͤldnen zeit
Dein theures ebenbild, ſo wuͤrcklich war, als hieß!
Da wareſt du mein gut, mein ruhm, mein paradies.
2.
Ach aber! ach die goldne zeit
Ward bald zu finſtrem bley, als ich der unſchuld kleid
So liederlich verſchertzt, das wahre gut verflucht,
Und in des ſatans hand gut, ehr und luſt geſucht.
3.
Da gieng dein ebenbild dahin;
Daß ich itzund ein bild der boͤſen ſchlange bin,
Weil ich ihr luͤgen-wort der wahrheit vorgeſetzt,
Und den, der alles iſt, als lauter nichts geſchaͤtzt.
4.
Ach! waͤr ich nichts, ich ſuͤnden-knecht!
So waͤr ich, als ein nichts, von dem erzuͤrnten recht
Und von dem urtheil frey, das der, ſo alles iſt,
Jtzt, leider! uͤber mich verdammten ſuͤnder lieſt.
5.
Werd ich von deinem zorn erwuͤrgt?
Jſt nirgends keine klufft, die mich vor dir verbirgt?
Ach nein! Dein donner ſchlaͤgt auch in den abgrund ein,
Und wen du treffen wilſt, kan nirgend ſicher ſeyn.
6.
Der grimm hat ſeinen freyen lauff.
Weh mir! wo ſoll ich hin? Der himmel thut ſich auf.
Weh mir! nun bin ich hin! Nun muß ich untergehn!
Denn welch geſchoͤpffe kan vor ſeinem ſchoͤpffer ſtehn?
7.
Doch irꝛ ich? oder ſeh ich recht?
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