Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.
8. O gewünschtes paradies!Wo uns keine böse schlange Und kein schrecken-bild macht bange: Wie vergnügt ist dein genieß! Denn der zucker deiner früchte Macht alle saure pein durch seine krafft zu nichte. 9. Schwermuth, unruh, grimm und spottMachen hier gantz kein getümmel: Friede bauet hier den himmel, Denn, wo fried ist, da ist GOtt, Der auch unter schlechten kiefern Den schatten sauffter ruh uns häuffig weiß zu liefern. 10. O vergnügtes einsam-seyn!Deine grotten, deine hölen Flösen den gelassnen seelen Lauter tugend-balsam ein; Und was ich am höchsten schätze: Die freyheit kennet hier kein knechtisches gesetze. 11. Drum ade! verhaßte stadt!Du gefängniß der gemüther! Wo man, statt der wahren güter, Nichts als dunst und firniß hat. Hertze, fuß und alle glieder Gehn nach der einsamkeit, und kommen schwerlich wieder. War- Y 2
8. O gewuͤnſchtes paradies!Wo uns keine boͤſe ſchlange Und kein ſchrecken-bild macht bange: Wie vergnuͤgt iſt dein genieß! Denn der zucker deiner fruͤchte Macht alle ſaure pein durch ſeine krafft zu nichte. 9. Schwermuth, unruh, grimm und ſpottMachen hier gantz kein getuͤmmel: Friede bauet hier den himmel, Denn, wo fried iſt, da iſt GOtt, Der auch unter ſchlechten kiefern Den ſchatten ſauffter ruh uns haͤuffig weiß zu liefern. 10. O vergnuͤgtes einſam-ſeyn!Deine grotten, deine hoͤlen Floͤſen den gelaſſnen ſeelen Lauter tugend-balſam ein; Und was ich am hoͤchſten ſchaͤtze: Die freyheit kennet hier kein knechtiſches geſetze. 11. Drum ade! verhaßte ſtadt!Du gefaͤngniß der gemuͤther! Wo man, ſtatt der wahren guͤter, Nichts als dunſt und firniß hat. Hertze, fuß und alle glieder Gehn nach der einſamkeit, und kommen ſchwerlich wieder. War- Y 2
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Vermiſchte Getichte.
Und ihm ſelber obzuſiegen,
Lernt ſich nirgends ſonſt ſo gut,
Als in abgelegnen buͤſchen,
Wo keine ſchmeichler uns was in die ohren ziſchen.
8.
O gewuͤnſchtes paradies!
Wo uns keine boͤſe ſchlange
Und kein ſchrecken-bild macht bange:
Wie vergnuͤgt iſt dein genieß!
Denn der zucker deiner fruͤchte
Macht alle ſaure pein durch ſeine krafft zu nichte.
9.
Schwermuth, unruh, grimm und ſpott
Machen hier gantz kein getuͤmmel:
Friede bauet hier den himmel,
Denn, wo fried iſt, da iſt GOtt,
Der auch unter ſchlechten kiefern
Den ſchatten ſauffter ruh uns haͤuffig weiß zu liefern.
10.
O vergnuͤgtes einſam-ſeyn!
Deine grotten, deine hoͤlen
Floͤſen den gelaſſnen ſeelen
Lauter tugend-balſam ein;
Und was ich am hoͤchſten ſchaͤtze:
Die freyheit kennet hier kein knechtiſches geſetze.
11.
Drum ade! verhaßte ſtadt!
Du gefaͤngniß der gemuͤther!
Wo man, ſtatt der wahren guͤter,
Nichts als dunſt und firniß hat.
Hertze, fuß und alle glieder
Gehn nach der einſamkeit, und kommen ſchwerlich
wieder.
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