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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Galante Getichte.
Die gezwungene heyrath.
C. H.
1.
MEin leben ist mir abgesagt,
Jch soll und muß den tod umfassen:
Celinde hat mich angeklagt,
Und den proceß mir machen lassen,
Weil ich die freyheit ihr entführt,
Und sie berührt
Fast mehr, als mir zu thun gebührt.
2.
Jch solte zwar, man rieth es mir,
Von hier nach Flandern appelliren,
Celinde möcht alsdenn allhier
Mit mir dorthin processe führen;
Allein ich war etwas zu frey,
Und blieb dabey,
Daß ich die unschuld selber sey.
3.
Nun ist mein ende diese nacht,
Da man mich ärmsten will begraben;
Mein testament ist schon gemacht:
Celinde soll die erbschafft haben
So, wie bey mir es steht und liegt.
Sie ist vergnügt,
Weil sie mein gantz vermögen kriegt.
4.
Ach! seht, nun führt man mich hinaus:
Hier bringt man mich, den armen sünder.
Jch zieh, wie die gebadte mauß;
Es lachen drüber alt' und kinder.
Der mantel hängt mir wunderlich,
Und zolckert sich,
Jch aber bin selbst böß' auf mich.
5. Jch
B 4
Galante Getichte.
Die gezwungene heyrath.
C. H.
1.
MEin leben iſt mir abgeſagt,
Jch ſoll und muß den tod umfaſſen:
Celinde hat mich angeklagt,
Und den proceß mir machen laſſen,
Weil ich die freyheit ihr entfuͤhrt,
Und ſie beruͤhrt
Faſt mehr, als mir zu thun gebuͤhrt.
2.
Jch ſolte zwar, man rieth es mir,
Von hier nach Flandern appelliren,
Celinde moͤcht alsdenn allhier
Mit mir dorthin proceſſe fuͤhren;
Allein ich war etwas zu frey,
Und blieb dabey,
Daß ich die unſchuld ſelber ſey.
3.
Nun iſt mein ende dieſe nacht,
Da man mich aͤrmſten will begraben;
Mein teſtament iſt ſchon gemacht:
Celinde ſoll die erbſchafft haben
So, wie bey mir es ſteht und liegt.
Sie iſt vergnuͤgt,
Weil ſie mein gantz vermoͤgen kriegt.
4.
Ach! ſeht, nun fuͤhrt man mich hinaus:
Hier bringt man mich, den armen ſuͤnder.
Jch zieh, wie die gebadte mauß;
Es lachen druͤber alt’ und kinder.
Der mantel haͤngt mir wunderlich,
Und zolckert ſich,
Jch aber bin ſelbſt boͤß’ auf mich.
5. Jch
B 4
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[23/0047] Galante Getichte. Die gezwungene heyrath. C. H. 1. MEin leben iſt mir abgeſagt, Jch ſoll und muß den tod umfaſſen: Celinde hat mich angeklagt, Und den proceß mir machen laſſen, Weil ich die freyheit ihr entfuͤhrt, Und ſie beruͤhrt Faſt mehr, als mir zu thun gebuͤhrt. 2. Jch ſolte zwar, man rieth es mir, Von hier nach Flandern appelliren, Celinde moͤcht alsdenn allhier Mit mir dorthin proceſſe fuͤhren; Allein ich war etwas zu frey, Und blieb dabey, Daß ich die unſchuld ſelber ſey. 3. Nun iſt mein ende dieſe nacht, Da man mich aͤrmſten will begraben; Mein teſtament iſt ſchon gemacht: Celinde ſoll die erbſchafft haben So, wie bey mir es ſteht und liegt. Sie iſt vergnuͤgt, Weil ſie mein gantz vermoͤgen kriegt. 4. Ach! ſeht, nun fuͤhrt man mich hinaus: Hier bringt man mich, den armen ſuͤnder. Jch zieh, wie die gebadte mauß; Es lachen druͤber alt’ und kinder. Der mantel haͤngt mir wunderlich, Und zolckert ſich, Jch aber bin ſelbſt boͤß’ auf mich. 5. Jch B 4

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 23. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/47>, abgerufen am 21.11.2024.