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Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709.

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Verliebte und
Drum wenn das amen kommt, so schein ich gantz bethöret,
Und habe viel gesehn, doch nichts dabey gehöret;
Jn vorbitt und gebet seufftzt meine brust allein:
GOtt lasse Silvien vollkommen glücklich seyn!
Daher geschicht es auch, daß ihr nicht etwas fehlet,
Und daß kein schwacher geist die muntre seele quälet.
Wiewohl, wenn Silvia gleich nicht so glücklich wär,
So würde doch dabey ihr lustiger humeur
Gantz unverändert stehn. Wie sie bey guten tagen
Die zugedachte lust weiß mäßig zu vertragen;
So wird im trauren auch nichts übriges gespührt,
Kein unfall geht so weit, daß er ihr hertz berührt.
Sie stemmt den matten leib auf seine sorgen-säulen,
Der geist hingegen mag die himmels-lufft zertheilen.
Jhr sinnbild ist ein schiff, das zwischen wellen steht,
Und selbsten noch nicht weiß, wohin sein lauffen geht;
Darinnen sitzt ein kind, das keine ruder lencket,
Auf keine winde sieht, an keine nothdurfft dencket,
Mit dieser überschrifft: Wohin der himmel will!
Erleuchte Silvia! hierinnen thust du viel.
Die feder ist zu schlecht, dich gnug heraus zu streichen,
Du hast darinnen wohl gar wenig deines gleichen.
Hier aber stock' ich fast, galaute Silvia!
Jch suche noch etwas, doch dieses ist nicht da.
Und meinest du vielleicht, daß ich blos mit dir schertze,
So sage mir doch nur, wo hast du denn dein hertze?
Jch habe dich nun fast fünff jahre schon gekannt,
Auch andre haben dich viel tausendmahl genannt.
Doch niemand unter uns erkühnt sich zu beschreiben,
Wie du im hertzen siehst, es will verborgen bleiben.
Heißt es etwan mit dir, wie man sonst öffters spricht:
Mein kind ist gut, allein ihr hertze tauget nicht?
Nein, nein! wie reimt sich das zu deinen andern thaten?
Jch werde, wie mich deucht, die sache so errathen:
Dein hertz verbleibt ein schatz, der fast verriegelt ist,
Und den kein bloses wort, kein bloser blick aufschließt.
Es
Verliebte und
Drum wenn das amen kommt, ſo ſchein ich gantz bethoͤret,
Und habe viel geſehn, doch nichts dabey gehoͤret;
Jn vorbitt und gebet ſeufftzt meine bruſt allein:
GOtt laſſe Silvien vollkommen gluͤcklich ſeyn!
Daher geſchicht es auch, daß ihr nicht etwas fehlet,
Und daß kein ſchwacher geiſt die muntre ſeele quaͤlet.
Wiewohl, wenn Silvia gleich nicht ſo gluͤcklich waͤr,
So wuͤrde doch dabey ihr luſtiger humeur
Gantz unveraͤndert ſtehn. Wie ſie bey guten tagen
Die zugedachte luſt weiß maͤßig zu vertragen;
So wird im trauren auch nichts uͤbriges geſpuͤhrt,
Kein unfall geht ſo weit, daß er ihr hertz beruͤhrt.
Sie ſtemmt den matten leib auf ſeine ſorgen-ſaͤulen,
Der geiſt hingegen mag die himmels-lufft zertheilen.
Jhr ſinnbild iſt ein ſchiff, das zwiſchen wellen ſteht,
Und ſelbſten noch nicht weiß, wohin ſein lauffen geht;
Darinnen ſitzt ein kind, das keine ruder lencket,
Auf keine winde ſieht, an keine nothdurfft dencket,
Mit dieſer uͤberſchrifft: Wohin der himmel will!
Erleuchte Silvia! hierinnen thuſt du viel.
Die feder iſt zu ſchlecht, dich gnug heraus zu ſtreichen,
Du haſt darinnen wohl gar wenig deines gleichen.
Hier aber ſtock’ ich faſt, galaute Silvia!
Jch ſuche noch etwas, doch dieſes iſt nicht da.
Und meineſt du vielleicht, daß ich blos mit dir ſchertze,
So ſage mir doch nur, wo haſt du denn dein hertze?
Jch habe dich nun faſt fuͤnff jahre ſchon gekannt,
Auch andre haben dich viel tauſendmahl genannt.
Doch niemand unter uns erkuͤhnt ſich zu beſchreiben,
Wie du im hertzen ſiehſt, es will verborgen bleiben.
Heißt es etwan mit dir, wie man ſonſt oͤffters ſpricht:
Mein kind iſt gut, allein ihr hertze tauget nicht?
Nein, nein! wie reimt ſich das zu deinen andern thaten?
Jch werde, wie mich deucht, die ſache ſo errathen:
Dein hertz verbleibt ein ſchatz, der faſt verriegelt iſt,
Und den kein bloſes wort, kein bloſer blick aufſchließt.
Es
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[36/0060] Verliebte und Drum wenn das amen kommt, ſo ſchein ich gantz bethoͤret, Und habe viel geſehn, doch nichts dabey gehoͤret; Jn vorbitt und gebet ſeufftzt meine bruſt allein: GOtt laſſe Silvien vollkommen gluͤcklich ſeyn! Daher geſchicht es auch, daß ihr nicht etwas fehlet, Und daß kein ſchwacher geiſt die muntre ſeele quaͤlet. Wiewohl, wenn Silvia gleich nicht ſo gluͤcklich waͤr, So wuͤrde doch dabey ihr luſtiger humeur Gantz unveraͤndert ſtehn. Wie ſie bey guten tagen Die zugedachte luſt weiß maͤßig zu vertragen; So wird im trauren auch nichts uͤbriges geſpuͤhrt, Kein unfall geht ſo weit, daß er ihr hertz beruͤhrt. Sie ſtemmt den matten leib auf ſeine ſorgen-ſaͤulen, Der geiſt hingegen mag die himmels-lufft zertheilen. Jhr ſinnbild iſt ein ſchiff, das zwiſchen wellen ſteht, Und ſelbſten noch nicht weiß, wohin ſein lauffen geht; Darinnen ſitzt ein kind, das keine ruder lencket, Auf keine winde ſieht, an keine nothdurfft dencket, Mit dieſer uͤberſchrifft: Wohin der himmel will! Erleuchte Silvia! hierinnen thuſt du viel. Die feder iſt zu ſchlecht, dich gnug heraus zu ſtreichen, Du haſt darinnen wohl gar wenig deines gleichen. Hier aber ſtock’ ich faſt, galaute Silvia! Jch ſuche noch etwas, doch dieſes iſt nicht da. Und meineſt du vielleicht, daß ich blos mit dir ſchertze, So ſage mir doch nur, wo haſt du denn dein hertze? Jch habe dich nun faſt fuͤnff jahre ſchon gekannt, Auch andre haben dich viel tauſendmahl genannt. Doch niemand unter uns erkuͤhnt ſich zu beſchreiben, Wie du im hertzen ſiehſt, es will verborgen bleiben. Heißt es etwan mit dir, wie man ſonſt oͤffters ſpricht: Mein kind iſt gut, allein ihr hertze tauget nicht? Nein, nein! wie reimt ſich das zu deinen andern thaten? Jch werde, wie mich deucht, die ſache ſo errathen: Dein hertz verbleibt ein ſchatz, der faſt verriegelt iſt, Und den kein bloſes wort, kein bloſer blick aufſchließt. Es

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Zitationshilfe: Hofmannswaldau, Christian Hofmann von: Herrn von Hofmannswaldau und andrer Deutschen auserlesene und bißher ungedruckte Gedichte. Bd. 6. Leipzig, 1709, S. 36. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hoffmannswaldau_gedichte06_1709/60>, abgerufen am 18.12.2024.