Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Fünfter Auftritt. "Was Freud und Leid sich nennt/ das kömt von oben her/"Was hier in dieser Welt offt unsre Geister drücket/ "Das hat der gute Qvell von oben zugeschicket. Der grosse Jupiter, der alles weiß und kennt/ Ja dieser Göttin reines Wesen/ Der ich zum Priester bin erlesen/ Die wissen/ wie mich itzt dein Unfall hat berennt. Hat mein Gespräche dich verletzet/ So folgt ich hier der Aertzte Hand/ Die offtermals mit grausamen Erbarmen Das Eisen läst in einer Wund' erwarmen/ Und es in die Oerter setzt/ Wo sich der gröste Schmertzen fandt; Ach stelle dich zur Ruh/ und laß dir dis belieben Was in dem Himmel ist geschrieben. Amar. O rauher Spruch! er komm aus Himmel oder Erden; Doch weiß ich wohl/ er kömt vom Himmel nicht/ Weil ihm ja von meiner Unschuld itzt nicht Wissenschafft gebricht/ Er kennt mich: doch mir kan so nicht geholffen werden/ Dieweil ich sterben soll. Ach schwerer Gang! Ach herber Trunck! Und wilstu mir/ wie du gesagt/ noch wohl/ So verweile noch ein wenig. Ach! es ist ja Zeit genug! "Nican. Der/ so nicht gerne stirbt/ schmeckt stündlich seinen Tod: "Nicht gerne sterben ist die gröste Todes-Noth/ "Wer sterben soll und muß/ wird zeitlich überwinden/ "Wenn er sich zeitlich wird zu seinem Tode finden. Amar. Vielleichte wird mir wol noch etwan Hülffe kommen. Ach Vater! wie verlästu mich/ Bin ich dann nicht dein Kind/ Wie bistu gegen mich gesinnt? Werd ich ohne deinen Kuß in das kalte Reich genommen? Ach Vater dieser Schlag verletzet mich und dich. Die Wunde/ so itzund der Tochter wird gerissen/ Heist auch des Vatern Blut mit reichen Ströhmen fliessen. Liebster Vater/ süstes Wort/ dem der Nectar muste weichen/ Wie daß du mich itzund mit Schmertzen sterben läst? Der meinen Nöthen stets hat wollen Hülffe reichen/ Be- J 3
Fuͤnfter Auftritt. „Was Freud und Leid ſich nennt/ das koͤmt von oben her/„Was hier in dieſer Welt offt unſre Geiſter druͤcket/ „Das hat der gute Qvell von oben zugeſchicket. Der groſſe Jupiter, der alles weiß und kennt/ Ja dieſer Goͤttin reines Weſen/ Der ich zum Prieſter bin erleſen/ Die wiſſen/ wie mich itzt dein Unfall hat berennt. Hat mein Geſpraͤche dich verletzet/ So folgt ich hier der Aertzte Hand/ Die offtermals mit grauſamen Erbarmen Das Eiſen laͤſt in einer Wund’ erwarmen/ Und es in die Oerter ſetzt/ Wo ſich der groͤſte Schmertzen fandt; Ach ſtelle dich zur Ruh/ und laß dir dis belieben Was in dem Himmel iſt geſchrieben. Amar. O rauher Spruch! er komm aus Himmel oder Erden; Doch weiß ich wohl/ er koͤmt vom Himmel nicht/ Weil ihm ja von meiner Unſchuld itzt nicht Wiſſenſchafft gebricht/ Er kennt mich: doch mir kan ſo nicht geholffen werden/ Dieweil ich ſterben ſoll. Ach ſchwerer Gang! Ach herber Trunck! Und wilſtu mir/ wie du geſagt/ noch wohl/ So verweile noch ein wenig. Ach! es iſt ja Zeit genug! „Nican. Der/ ſo nicht gerne ſtirbt/ ſchmeckt ſtuͤndlich ſeinen Tod: „Nicht gerne ſterben iſt die groͤſte Todes-Noth/ „Wer ſterben ſoll und muß/ wird zeitlich uͤberwinden/ „Wenn er ſich zeitlich wird zu ſeinem Tode finden. Amar. Vielleichte wird mir wol noch etwan Huͤlffe kommen. Ach Vater! wie verlaͤſtu mich/ Bin ich dann nicht dein Kind/ Wie biſtu gegen mich geſinnt? Werd ich ohne deinen Kuß in das kalte Reich genommen? Ach Vater dieſer Schlag verletzet mich und dich. Die Wunde/ ſo itzund der Tochter wird geriſſen/ Heiſt auch des Vatern Blut mit reichen Stroͤhmen flieſſen. Liebſter Vater/ ſuͤſtes Wort/ dem der Nectar muſte weichen/ Wie daß du mich itzund mit Schmertzen ſterben laͤſt? Der meinen Noͤthen ſtets hat wollen Huͤlffe reichen/ Be- J 3
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#NIC"> <p><pb facs="#f0179" n="133"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fuͤnfter Auftritt.</hi></fw><lb/> „Was Freud und Leid ſich nennt/ das koͤmt von oben her/<lb/> „Was hier in dieſer Welt offt unſre Geiſter druͤcket/<lb/> „Das hat der gute Qvell von oben zugeſchicket.<lb/> Der groſſe <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Jupiter,</hi></hi> der alles weiß und kennt/<lb/> Ja dieſer Goͤttin reines Weſen/<lb/> Der ich zum Prieſter bin erleſen/<lb/> Die wiſſen/ wie mich itzt dein Unfall hat berennt.<lb/> Hat mein Geſpraͤche dich verletzet/<lb/> So folgt ich hier der Aertzte Hand/<lb/> Die offtermals mit grauſamen Erbarmen<lb/> Das Eiſen laͤſt in einer Wund’ erwarmen/<lb/> Und es in die Oerter ſetzt/<lb/> Wo ſich der groͤſte Schmertzen fandt;<lb/> Ach ſtelle dich zur Ruh/ und laß dir dis belieben<lb/> Was in dem Himmel iſt geſchrieben.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Amar.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>O rauher Spruch! er komm aus Himmel oder Erden;<lb/> Doch weiß ich wohl/ er koͤmt vom Himmel nicht/<lb/> Weil ihm ja von meiner Unſchuld itzt nicht Wiſſenſchafft gebricht/<lb/> Er kennt mich: doch mir kan ſo nicht geholffen werden/<lb/> Dieweil ich ſterben ſoll.<lb/> Ach ſchwerer Gang! Ach herber Trunck!<lb/> Und wilſtu mir/ wie du geſagt/ noch wohl/<lb/> So verweile noch ein wenig. Ach! es iſt ja Zeit genug!</p> </sp><lb/> <sp who="#NIC"> <speaker>„<hi rendition="#aq"><hi rendition="#g"><hi rendition="#i">Nican.</hi></hi></hi></speaker> <p>Der/ ſo nicht gerne ſtirbt/ ſchmeckt ſtuͤndlich ſeinen Tod:<lb/> „Nicht gerne ſterben iſt die groͤſte Todes-Noth/<lb/> „Wer ſterben ſoll und muß/ wird zeitlich uͤberwinden/<lb/> „Wenn er ſich zeitlich wird zu ſeinem Tode finden.</p> </sp><lb/> <sp who="#AMA"> <speaker> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"> <hi rendition="#i">Amar.</hi> </hi> </hi> </speaker> <p>Vielleichte wird mir wol noch etwan Huͤlffe kommen.<lb/> Ach Vater! wie verlaͤſtu mich/<lb/> Bin ich dann nicht dein Kind/<lb/> Wie biſtu gegen mich geſinnt?<lb/> Werd ich ohne deinen Kuß in das kalte Reich genommen?<lb/> Ach Vater dieſer Schlag verletzet mich und dich.<lb/> Die Wunde/ ſo itzund der Tochter wird geriſſen/<lb/> Heiſt auch des Vatern Blut mit reichen Stroͤhmen flieſſen.<lb/> Liebſter Vater/ ſuͤſtes Wort/ dem der <hi rendition="#aq"><hi rendition="#g">Nectar</hi></hi> muſte weichen/<lb/> Wie daß du mich itzund mit Schmertzen ſterben laͤſt?<lb/> Der meinen Noͤthen ſtets hat wollen Huͤlffe reichen/<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 3</fw><fw place="bottom" type="catch">Be-</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [133/0179]
Fuͤnfter Auftritt.
„Was Freud und Leid ſich nennt/ das koͤmt von oben her/
„Was hier in dieſer Welt offt unſre Geiſter druͤcket/
„Das hat der gute Qvell von oben zugeſchicket.
Der groſſe Jupiter, der alles weiß und kennt/
Ja dieſer Goͤttin reines Weſen/
Der ich zum Prieſter bin erleſen/
Die wiſſen/ wie mich itzt dein Unfall hat berennt.
Hat mein Geſpraͤche dich verletzet/
So folgt ich hier der Aertzte Hand/
Die offtermals mit grauſamen Erbarmen
Das Eiſen laͤſt in einer Wund’ erwarmen/
Und es in die Oerter ſetzt/
Wo ſich der groͤſte Schmertzen fandt;
Ach ſtelle dich zur Ruh/ und laß dir dis belieben
Was in dem Himmel iſt geſchrieben.
Amar. O rauher Spruch! er komm aus Himmel oder Erden;
Doch weiß ich wohl/ er koͤmt vom Himmel nicht/
Weil ihm ja von meiner Unſchuld itzt nicht Wiſſenſchafft gebricht/
Er kennt mich: doch mir kan ſo nicht geholffen werden/
Dieweil ich ſterben ſoll.
Ach ſchwerer Gang! Ach herber Trunck!
Und wilſtu mir/ wie du geſagt/ noch wohl/
So verweile noch ein wenig. Ach! es iſt ja Zeit genug!
„Nican. Der/ ſo nicht gerne ſtirbt/ ſchmeckt ſtuͤndlich ſeinen Tod:
„Nicht gerne ſterben iſt die groͤſte Todes-Noth/
„Wer ſterben ſoll und muß/ wird zeitlich uͤberwinden/
„Wenn er ſich zeitlich wird zu ſeinem Tode finden.
Amar. Vielleichte wird mir wol noch etwan Huͤlffe kommen.
Ach Vater! wie verlaͤſtu mich/
Bin ich dann nicht dein Kind/
Wie biſtu gegen mich geſinnt?
Werd ich ohne deinen Kuß in das kalte Reich genommen?
Ach Vater dieſer Schlag verletzet mich und dich.
Die Wunde/ ſo itzund der Tochter wird geriſſen/
Heiſt auch des Vatern Blut mit reichen Stroͤhmen flieſſen.
Liebſter Vater/ ſuͤſtes Wort/ dem der Nectar muſte weichen/
Wie daß du mich itzund mit Schmertzen ſterben laͤſt?
Der meinen Noͤthen ſtets hat wollen Huͤlffe reichen/
Be-
J 3
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |