Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679.Der sterbende sam angebohren ist; Wist ihr denn nicht/ daß manmit Freuden von hinnen scheiden muß. So haltet doch ein wenig inne/ und habet Gedult. Dieser Verweiß machte uns alle roth/ und weineten darauf nicht mehr. Er gieng allbereit auff und nieder/ und weil er eine Müdigkeit in den Schen- ckeln empfand/ so legte er sich laut gethaner Erin- nerung des Scharffrichters/ etwas nieder/ wel- cher dann auch bald herzu tratt/ und auf des So- crates Beine genau Achtung gab. Er druckte ihm erstlich die Füsse starck/ und fragte/ ob er nichts fühlete. Nicht das geringste antwortete Socrates. Darauf schloß er ihm die Schenckel zusammen/ und zeigte uns allezeit mit der Hand hoher auffahrende/ daß sie gantz kalt und erstar- ret wären/ mit Vermelden: daß es/ wenn der Frost zum Hertzen steigen würde/ auch mit ihme gethan seyn würde. Desselben Augenblicks betratt ihn der Frost. Damit stieß Socrates den Rock/ darein er sich gehüllet/ etwas von sich/ und schloß mit diesen Worten: O Criton/ ich bin dem Eßculapius einen Hahn schuldig/ führe du ihn ab/ und schaue daß nichts daran ermangele. Es sol unfehlbar geschehen/ antwortete Criton. Begehrest du a- ber über dieses nichts. Darauf gab Socrates nichts zur Antwort/ sondern zuckte/ als er etwas stille gelegen/ ein wenig/ und der Scharffrichter deckte ihn auf/ hiemit erstarreten ihm die Augen/ und
Der ſterbende ſam angebohren iſt; Wiſt ihr denn nicht/ daß manmit Freuden von hinnen ſcheiden muß. So haltet doch ein wenig inne/ und habet Gedult. Dieſer Verweiß machte uns alle roth/ und weineten darauf nicht mehr. Er gieng allbereit auff und nieder/ und weil er eine Muͤdigkeit in den Schen- ckeln empfand/ ſo legte er ſich laut gethaner Erin- nerung des Scharffrichters/ etwas nieder/ wel- cher dann auch bald herzu tratt/ und auf des So- crates Beine genau Achtung gab. Er druckte ihm erſtlich die Fuͤſſe ſtarck/ und fragte/ ob er nichts fuͤhlete. Nicht das geringſte antwortete Socrates. Darauf ſchloß er ihm die Schenckel zuſammen/ und zeigte uns allezeit mit der Hand hoher auffahrende/ daß ſie gantz kalt und erſtar- ret waͤren/ mit Vermelden: daß es/ wenn der Froſt zum Hertzen ſteigen wuͤrde/ auch mit ihme gethan ſeyn wuͤrde. Deſſelben Augenblicks betratt ihn der Froſt. Damit ſtieß Socrates den Rock/ darein er ſich gehuͤllet/ etwas von ſich/ und ſchloß mit dieſen Worten: O Criton/ ich bin dem Eßculapius einen Hahn ſchuldig/ fuͤhre du ihn ab/ und ſchaue daß nichts daran ermangele. Es ſol unfehlbar geſchehen/ antwortete Criton. Begehreſt du a- ber uͤber dieſes nichts. Darauf gab Socrates nichts zur Antwort/ ſondern zuckte/ als er etwas ſtille gelegen/ ein wenig/ und der Scharffrichter deckte ihn auf/ hiemit erſtarreten ihm die Augen/ und
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Der ſterbende
ſam angebohren iſt; Wiſt ihr denn nicht/ daß man
mit Freuden von hinnen ſcheiden muß. So haltet
doch ein wenig inne/ und habet Gedult. Dieſer
Verweiß machte uns alle roth/ und weineten
darauf nicht mehr. Er gieng allbereit auff und
nieder/ und weil er eine Muͤdigkeit in den Schen-
ckeln empfand/ ſo legte er ſich laut gethaner Erin-
nerung des Scharffrichters/ etwas nieder/ wel-
cher dann auch bald herzu tratt/ und auf des So-
crates Beine genau Achtung gab. Er druckte
ihm erſtlich die Fuͤſſe ſtarck/ und fragte/ ob er
nichts fuͤhlete. Nicht das geringſte antwortete
Socrates. Darauf ſchloß er ihm die Schenckel
zuſammen/ und zeigte uns allezeit mit der Hand
hoher auffahrende/ daß ſie gantz kalt und erſtar-
ret waͤren/ mit Vermelden: daß es/ wenn der
Froſt zum Hertzen ſteigen wuͤrde/ auch mit ihme
gethan ſeyn wuͤrde.
Deſſelben Augenblicks betratt ihn der Froſt.
Damit ſtieß Socrates den Rock/ darein er ſich
gehuͤllet/ etwas von ſich/ und ſchloß mit dieſen
Worten: O Criton/ ich bin dem Eßculapius
einen Hahn ſchuldig/ fuͤhre du ihn ab/ und ſchaue
daß nichts daran ermangele. Es ſol unfehlbar
geſchehen/ antwortete Criton. Begehreſt du a-
ber uͤber dieſes nichts. Darauf gab Socrates
nichts zur Antwort/ ſondern zuckte/ als er etwas
ſtille gelegen/ ein wenig/ und der Scharffrichter
deckte ihn auf/ hiemit erſtarreten ihm die Augen/
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Zitationshilfe: | Hofmann von Hofmannswaldau, Christian: Deutsche Ubersetzungen und Gedichte. Breslau, 1679, S. 150. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hofmannswaldau_uebersetzungen_1679/408>, abgerufen am 16.07.2024. |