Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.Drittes Buch/ Haus-Mutter.
[Abbildung]
[Spaltenumbruch]
gibt besser aus im Gebäche/ als das neu-gemahlene.Das Mehl/ so bald es von der Mühlen kommt/ muß man sieben/ das gröbere kan man unter des Gesinds Brod mischen. Das Brod/ so aus erst neulich gedroschenen Korn und jüngst-gemahlten Mehl gebacken wird/ ist bes- ser/ kräfftiger und säfftiger/ als was von alten abgeleg- nem Getrayd oder Mehl herkommt. Welches aber das beste und gesündeste Brod sey/ das
Drittes Buch/ Haus-Mutter.
[Abbildung]
[Spaltenumbruch]
gibt beſſer aus im Gebaͤche/ als das neu-gemahlene.Das Mehl/ ſo bald es von der Muͤhlen kommt/ muß man ſieben/ das groͤbere kan man unter des Geſinds Brod miſchen. Das Brod/ ſo aus erſt neulich gedroſchenen Korn und juͤngſt-gemahlten Mehl gebacken wird/ iſt beſ- ſer/ kraͤfftiger und ſaͤfftiger/ als was von alten abgeleg- nem Getrayd oder Mehl herkommt. Welches aber das beſte und geſuͤndeſte Brod ſey/ das
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0217" n="199"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Drittes Buch/ Haus-Mutter.</hi></fw><lb/><figure/><cb/> gibt beſſer aus im Gebaͤche/ als das neu-gemahlene.<lb/> Das Mehl/ ſo bald es von der Muͤhlen kommt/ muß man<lb/> ſieben/ das groͤbere kan man unter des Geſinds Brod<lb/> miſchen. Das Brod/ ſo aus erſt neulich gedroſchenen<lb/> Korn und juͤngſt-gemahlten Mehl gebacken wird/ iſt beſ-<lb/> ſer/ kraͤfftiger und ſaͤfftiger/ als was von alten abgeleg-<lb/> nem Getrayd oder Mehl herkommt.</p><lb/> <p>Welches aber das beſte und geſuͤndeſte Brod ſey/<lb/> wollen wir jedem ſeine Meinung laſſen. Die meiſten<lb/> Franzoſen und Welſchen vermeinen/ das Waitzen-<lb/> Brod ſey das beſte; und darff gar einer ſagen/ daß<lb/> man zu Pariß das beſte Brod in der gantzen Welt eſſe/<lb/> welches wir ihme wol goͤnnen moͤgen; halte aber dafuͤr/<lb/> wann ſie in Ungern die Zipolten/ zu Wien die Medlinger<lb/> Semmel und Kuͤpffel/ und ſonſt hin und wieder in<lb/> Teutſchland das ſchoͤne Duͤnckel-Brod koſten ſollten/ ſie<lb/> wuͤrden des Pariſer-Brods wol dabey vergeſſen koͤnnen;<lb/><hi rendition="#aq">ſed, cuiq́; eſt ſua Patria dulcis.</hi> Und wañ man mich fra-<lb/> gen ſollte/ waͤre ich meines theils des alten Herrn Car-<lb/> richters/ weyland Keyſers <hi rendition="#aq">Maximiliani II.</hi> hochloͤblich-<lb/> ſter Gedaͤchtniß/ wolverdienten und beruͤhmten Hof-<lb/><hi rendition="#aq">Medici,</hi> in ſeiner Teutſchen Speis-Kammer gegebenen<lb/> Meinung/ da er ſagt: das allerbeſte und fuͤrnehmſte<lb/> Brod haben die alten aus zartem/ reinem/ gebeuteltem<lb/> Rocken-Mehl/ zu Latein <hi rendition="#aq">flos ſiliginis</hi> genannt/ bereiten<lb/> laſſen/ das muſte mit Sauer-Taig und Saltz wol ge-<lb/> backen werden. <hi rendition="#aq">Joſephus Quercetanus</hi> ſagt: <hi rendition="#aq">Ex ori-<lb/> baſio optimus panis & ſaluberrimus eſt, qui pluri-<lb/> mum fermenti, plurimumquè ſalis habet, quiquè<lb/> plurimũ ſit ſubactus & elaboratus, ac in Clybano mo-<lb/> deratè calido ſit aſſatus.</hi> Darum ſollẽ die ohne Sauerteig<lb/> gemachte Kuchen und Krapffen ungeſund ſeyn/ und ſich in<lb/> einen harten Leim gleichſam verkehren/ und alſo uͤbel ver-<lb/> daulich ſeyn. Wahr iſt es/ wann das Rocken-Brod grob<lb/><cb/> gemahlen uñ nicht gebeutelt wird/ daß es beſſer fuͤr ſtarcke<lb/> Bauren/ uñ arbeitſame Leute gehoͤret/ als muͤſſige/ weil es<lb/> hart zu verdauen/ und dieſen das weitzene weiſſe Brod<lb/> beſſer anſtaͤndig. Doch muß ſich jedes Land nach der<lb/> Frucht/ die ihnen GOtt beſchert hat/ richten/ und wach-<lb/> ſen weder Waitz noch Korn an einem Ort ſo ſchoͤn/ wol-<lb/> geſchmack/ weiß uñ Meel-reich/ als an dem andern; wie<lb/> man an denen Orten/ wo man den Pumpernickel/ uñ das<lb/> ſchwartz-blaulechte Heiden-Brod eſſen muß/ genugſam<lb/> erfaͤhret; ſo iſt auch in Oeſterreich ſelbſt ein groſſer<lb/> Unterſcheid zwiſchen den Unter- und Ob der Ennß gele-<lb/> genen Provintzen; im Unter-Oeſterreich verbachen ſie<lb/> aus lauterm Korn gemahltes Meel/ zu ihrer taͤglichen<lb/> Haus-Nothdurfft; im Land ob der Ennß aber/ und de-<lb/> nen naͤchſt unter der Ennß und Steyer-Fluß benach-<lb/> barten Orten/ wird das Brod aus Korn/ und ver-<lb/> miſchten Linß- und Gerſten-Trayd/ bißweilen wol gar<lb/> die Helffte/ meiſtens aber mit einem Drittel Zuſatz ge-<lb/> woͤhnlich gebachen. Derhalben wird eine ſorgfaͤltige<lb/> Haus-Mutter/ in ihrer wolbeſtellten Wirthſchafft/ den<lb/> Unterſchied zwiſchen ihrem Tafel-Brod/ und was vor<lb/> das Geſind/ Tagwercker/ Robather und Bettler geba-<lb/> chen wird/ ſelbſt wol wiſſen anzuordnen. Das iſt ge-<lb/> wiß/ daß alles Getrayd/ was aus leichtem und duͤrren<lb/> Erdreich waͤchſet/ viel beſſer und geſunder iſt/ als was<lb/> im fetten und feuchten Boden geſtanden; ſo iſt auch<lb/> diß wahr/ daß ein Brod/ das aus erſtgedroſchenem und<lb/> ſtracks an die Muͤhl gebrachtem Getrayd gemacht wird/<lb/> weiſſer und ſchmackhaffter iſt/ als wann das Korn<lb/> ſchon lang vorher auf dem Kaſten gelegen; welches ih-<lb/> nen die Becken in groſſen Staͤdten wol wiſſen zu Nutz<lb/> zu machen. Es ſey ihm aber/ wie ihm wolle/ iſt das Ge-<lb/> trayd/ es ſey im Stroh oder ausgedroſchẽ/ vor des Herrn<lb/> Tiſch beſonders zu legen/ wol und ſauber zu reutern/<lb/> <fw place="bottom" type="catch">das</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [199/0217]
Drittes Buch/ Haus-Mutter.
[Abbildung]
gibt beſſer aus im Gebaͤche/ als das neu-gemahlene.
Das Mehl/ ſo bald es von der Muͤhlen kommt/ muß man
ſieben/ das groͤbere kan man unter des Geſinds Brod
miſchen. Das Brod/ ſo aus erſt neulich gedroſchenen
Korn und juͤngſt-gemahlten Mehl gebacken wird/ iſt beſ-
ſer/ kraͤfftiger und ſaͤfftiger/ als was von alten abgeleg-
nem Getrayd oder Mehl herkommt.
Welches aber das beſte und geſuͤndeſte Brod ſey/
wollen wir jedem ſeine Meinung laſſen. Die meiſten
Franzoſen und Welſchen vermeinen/ das Waitzen-
Brod ſey das beſte; und darff gar einer ſagen/ daß
man zu Pariß das beſte Brod in der gantzen Welt eſſe/
welches wir ihme wol goͤnnen moͤgen; halte aber dafuͤr/
wann ſie in Ungern die Zipolten/ zu Wien die Medlinger
Semmel und Kuͤpffel/ und ſonſt hin und wieder in
Teutſchland das ſchoͤne Duͤnckel-Brod koſten ſollten/ ſie
wuͤrden des Pariſer-Brods wol dabey vergeſſen koͤnnen;
ſed, cuiq́; eſt ſua Patria dulcis. Und wañ man mich fra-
gen ſollte/ waͤre ich meines theils des alten Herrn Car-
richters/ weyland Keyſers Maximiliani II. hochloͤblich-
ſter Gedaͤchtniß/ wolverdienten und beruͤhmten Hof-
Medici, in ſeiner Teutſchen Speis-Kammer gegebenen
Meinung/ da er ſagt: das allerbeſte und fuͤrnehmſte
Brod haben die alten aus zartem/ reinem/ gebeuteltem
Rocken-Mehl/ zu Latein flos ſiliginis genannt/ bereiten
laſſen/ das muſte mit Sauer-Taig und Saltz wol ge-
backen werden. Joſephus Quercetanus ſagt: Ex ori-
baſio optimus panis & ſaluberrimus eſt, qui pluri-
mum fermenti, plurimumquè ſalis habet, quiquè
plurimũ ſit ſubactus & elaboratus, ac in Clybano mo-
deratè calido ſit aſſatus. Darum ſollẽ die ohne Sauerteig
gemachte Kuchen und Krapffen ungeſund ſeyn/ und ſich in
einen harten Leim gleichſam verkehren/ und alſo uͤbel ver-
daulich ſeyn. Wahr iſt es/ wann das Rocken-Brod grob
gemahlen uñ nicht gebeutelt wird/ daß es beſſer fuͤr ſtarcke
Bauren/ uñ arbeitſame Leute gehoͤret/ als muͤſſige/ weil es
hart zu verdauen/ und dieſen das weitzene weiſſe Brod
beſſer anſtaͤndig. Doch muß ſich jedes Land nach der
Frucht/ die ihnen GOtt beſchert hat/ richten/ und wach-
ſen weder Waitz noch Korn an einem Ort ſo ſchoͤn/ wol-
geſchmack/ weiß uñ Meel-reich/ als an dem andern; wie
man an denen Orten/ wo man den Pumpernickel/ uñ das
ſchwartz-blaulechte Heiden-Brod eſſen muß/ genugſam
erfaͤhret; ſo iſt auch in Oeſterreich ſelbſt ein groſſer
Unterſcheid zwiſchen den Unter- und Ob der Ennß gele-
genen Provintzen; im Unter-Oeſterreich verbachen ſie
aus lauterm Korn gemahltes Meel/ zu ihrer taͤglichen
Haus-Nothdurfft; im Land ob der Ennß aber/ und de-
nen naͤchſt unter der Ennß und Steyer-Fluß benach-
barten Orten/ wird das Brod aus Korn/ und ver-
miſchten Linß- und Gerſten-Trayd/ bißweilen wol gar
die Helffte/ meiſtens aber mit einem Drittel Zuſatz ge-
woͤhnlich gebachen. Derhalben wird eine ſorgfaͤltige
Haus-Mutter/ in ihrer wolbeſtellten Wirthſchafft/ den
Unterſchied zwiſchen ihrem Tafel-Brod/ und was vor
das Geſind/ Tagwercker/ Robather und Bettler geba-
chen wird/ ſelbſt wol wiſſen anzuordnen. Das iſt ge-
wiß/ daß alles Getrayd/ was aus leichtem und duͤrren
Erdreich waͤchſet/ viel beſſer und geſunder iſt/ als was
im fetten und feuchten Boden geſtanden; ſo iſt auch
diß wahr/ daß ein Brod/ das aus erſtgedroſchenem und
ſtracks an die Muͤhl gebrachtem Getrayd gemacht wird/
weiſſer und ſchmackhaffter iſt/ als wann das Korn
ſchon lang vorher auf dem Kaſten gelegen; welches ih-
nen die Becken in groſſen Staͤdten wol wiſſen zu Nutz
zu machen. Es ſey ihm aber/ wie ihm wolle/ iſt das Ge-
trayd/ es ſey im Stroh oder ausgedroſchẽ/ vor des Herrn
Tiſch beſonders zu legen/ wol und ſauber zu reutern/
das
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/217 |
Zitationshilfe: | Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/217>, abgerufen am 26.06.2024. |