Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682.

Bild:
<< vorherige Seite
Vierdten Buchs Erster Theil/ Wein-Garten.
Cap. XII.
Von den Weinhecken.
[Spaltenumbruch]

DJe Hecken Pergulae vel apertae, die an die
Mauren aufgeführt/ vel Compluviatae, die wie
ein Bogengang in Gärten formiret sind/ und
also bey den Häusern/ und in den Gärten auferzogen
werden/ kommen allein und am besten von Gruben
und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/
und diese nimmt man von der besten Gattung/ die an Art
und Fruchtbarkeit die Edlisten sind/ allein die Erde muß
man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund
undienlich/ mit einer bessern als Gassenkot und Dung
verbessern/ sie werden erstlich darum weit von einander
gesetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das
Gruben gleich auszutheilen/ und also die Hecken desto
grösser zu machen/ man läst den Stamm nach Belie-
ben höher und niederer wachsen/ und werden offt von
einer Wurtzel etliche Stämme getragen/ die sich dann
wieder in unterschiedliche Reben und Zweige austhei-
len/ sie müssen aber gegen Morgen und Mittag/ damit
sie die Sonnen haben können/ gesetzt an Geländer/ Lat-
ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm-
winde Anfall mit genugsamen Banden gehefftet und
versichert seyn; doch also/ daß sie das Band nicht ver-
sehren möge/ und das muß nach und nach geschehen/
nachdem die Hecken viel Schößling und Schübe von
sich gibt/ den gantzen Sommer durch/ sonderlich im Au-
gusto/ da man die überflüssigen Wipfel zugleich abschnei-
den lässet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den
unnützen Zweigen/ sondern den Weintrauben zum be-
sten komme/ sie tragen zwar mehr Früchte als die niedern
Weinstöcke/ bedörffen aber auch mehr Sorg und
Aufsicht.

Mit der Dung muß man ihrer sonderlich wol war-
ten/ doch muß sie nicht hart an die Wurtzen/ sondern
aussen her gelegt seyn/ in kalten Ländern ist der Roß-
mist/ und in den warmen der Kühmist täuglicher; der
Taubenmist/ und die Abschnittlinge vom Buchsbaum
sind noch besser; doch ist weniger schädlich/ wann die
Dung/ als die übrige Arbeit/ unterlassen wird. Die
[Spaltenumbruch] Hecken-Trauben sind vor den Winden/ weil sie wol an-
gebunden/ und vor der Fäulung/ weil sie hoch hangen/
sicherer als die niedern Stöcke/ weil sie von denen aus
der Erden dünstenden Dämpfen nicht so leichtlich be-
rührt werden wie die niedern Stöcke/ so gar bey der
Erden stehen.

Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/
sie werden aber offt so verhartet/ daß sie das zarte Holtz
in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/
also nehmen etliche Spaget oder groben starcken
Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder
Gabeln und Stützen/ darauf die Reben ligen/ müssen
keine Band entzwischen kommen/ weil sie bald reissen/
oder den Reben sonst schädlich seyn möchten. An dem
Gemäuer/ wo der Sonnen Widerschlag die Wärme
verdoppelt/ tragen sie trefflich viel/ und werden desto
zeitiger und wolgeschmacker. Man macht wol auch von
dergleichen Hecken gantze Gänge als wie gewölbt in
dem Garten/ können aber nicht so wol reif werden/ weil
eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten
daran verhindert wird/ es sey dann/ daß sie vom Mittage
nach Mitternacht gerichtet; Osten zu einer/ und Abend
zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung
und Vorstand haben.

Die Höhe der Hecken wird nach der Mauer oder
des Geländers/ auch des Gewitters Beschaffenheit bald
höher/ bald niedriger gezügelt. Jn Jtalien und Sa-
phoyen/ wo die Trauben an den Bäumen Reyenweise
erhöhet/ und darzwischen Aecker mit Getrayd gebauet
werden/ braucht man insgemein nicht alle Bäume/
sondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/
als Nuß-Baum/ Eschen/ Dörnel-Baum/ Velber
oder Weiden/ so von den Alten darzu gebraucht wor-
den/ jetzt aber haben Kerschen- und Weichsel-Bäume
bey den meisten den Vorzug; andere Bäume/ die gros-
sen Schatten mit den Aesten machen/ und mit der
Wurtzen weiten Platz einnehmen/ sind zu diesem Han-
del nicht dienlich.

Cap. XIII.
Wie man die Reben peltzt.
[Spaltenumbruch]

DAs Peltzen scheinet eine unnothwendige Sache
in der Wirthschafft zu seyn/ aber gleich nutzlich
und curios; das Peltzen ist darum erfunden/
daß man erstlich die Reben/ so gar kleines March neh-
men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch diese Kunst
fortbringen/ und da sich etwan in unserm Weingebürge/
ein oder der andere Stock finde/ von schlechter geringer
Gattung/ oder der wenig Frucht brächte/ man auf den-
selben eine bessere Art aufpeltzen/ und alsobald wieder
verbessern könnte. Die Alten habens auf solche Weise
verrichtet: Erstlich haben sie den Stock nach der
Zwerch von unten an biß oben/ so hoch als ihnen gefal-
len/ an einem festen Ort durchbohret/ und unten Peltz-
zweig hinein gesteckt/ daß er das gantze Loch ausgefüllt/
sie haben den Zweig zwar gesäubert und von aller gro-
[Spaltenumbruch] ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geschehlet/
noch die Augen verwüstet/ darnach haben sie den Zweig
4 Finger hoch oben abgeschnitten/ und ein oder zwey
Augen gelassen/ das Loch haben sie mit Wachs und Leim
vermacht/ und mit Rinden und Tüchern sorgfältig ver-
bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin-
gen können/ der Stamm war vorher etwan einen
Schuch hoch über der Erden abgeschnitten/ und der
Zweig ward von dem nächsten guten edlen Stock ge-
nommen/ durchgeschoben (weil die Augen noch gar klein
und subtiel sind) aber nicht abgeschnitten/ und ein paar
Jahr also an seiner Mutter gelassen/ biß er des neuen
Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeschnitten.

Weil man aber diese Gelegenheit nicht überall ha-
ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen

kan/
U u ij
Vierdten Buchs Erſter Theil/ Wein-Garten.
Cap. XII.
Von den Weinhecken.
[Spaltenumbruch]

DJe Hecken Pergulæ vel apertæ, die an die
Mauren aufgefuͤhrt/ vel Compluviatæ, die wie
ein Bogengang in Gaͤrten formiret ſind/ und
alſo bey den Haͤuſern/ und in den Gaͤrten auferzogen
werden/ kommen allein und am beſten von Gruben
und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/
und dieſe nim̃t man von der beſten Gattung/ die an Art
und Fruchtbarkeit die Edliſten ſind/ allein die Erde muß
man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund
undienlich/ mit einer beſſern als Gaſſenkot und Dung
verbeſſern/ ſie werden erſtlich darum weit von einander
geſetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das
Gruben gleich auszutheilen/ und alſo die Hecken deſto
groͤſſer zu machen/ man laͤſt den Stamm nach Belie-
ben hoͤher und niederer wachſen/ und werden offt von
einer Wurtzel etliche Staͤmme getragen/ die ſich dann
wieder in unterſchiedliche Reben und Zweige austhei-
len/ ſie muͤſſen aber gegen Morgen und Mittag/ damit
ſie die Sonnen haben koͤnnen/ geſetzt an Gelaͤnder/ Lat-
ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm-
winde Anfall mit genugſamen Banden gehefftet und
verſichert ſeyn; doch alſo/ daß ſie das Band nicht ver-
ſehren moͤge/ und das muß nach und nach geſchehen/
nachdem die Hecken viel Schoͤßling und Schuͤbe von
ſich gibt/ den gantzen Sommer durch/ ſonderlich im Au-
guſto/ da man die uͤberfluͤſſigen Wipfel zugleich abſchnei-
den laͤſſet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den
unnuͤtzen Zweigen/ ſondern den Weintrauben zum be-
ſten komme/ ſie tragen zwar mehr Fruͤchte als die niedern
Weinſtoͤcke/ bedoͤrffen aber auch mehr Sorg und
Aufſicht.

Mit der Dung muß man ihrer ſonderlich wol war-
ten/ doch muß ſie nicht hart an die Wurtzen/ ſondern
auſſen her gelegt ſeyn/ in kalten Laͤndern iſt der Roß-
miſt/ und in den warmen der Kuͤhmiſt taͤuglicher; der
Taubenmiſt/ und die Abſchnittlinge vom Buchsbaum
ſind noch beſſer; doch iſt weniger ſchaͤdlich/ wann die
Dung/ als die uͤbrige Arbeit/ unterlaſſen wird. Die
[Spaltenumbruch] Hecken-Trauben ſind vor den Winden/ weil ſie wol an-
gebunden/ und vor der Faͤulung/ weil ſie hoch hangen/
ſicherer als die niedern Stoͤcke/ weil ſie von denen aus
der Erden duͤnſtenden Daͤmpfen nicht ſo leichtlich be-
ruͤhrt werden wie die niedern Stoͤcke/ ſo gar bey der
Erden ſtehen.

Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/
ſie werden aber offt ſo verhartet/ daß ſie das zarte Holtz
in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/
alſo nehmen etliche Spaget oder groben ſtarcken
Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder
Gabeln und Stuͤtzen/ darauf die Reben ligen/ muͤſſen
keine Band entzwiſchen kommen/ weil ſie bald reiſſen/
oder den Reben ſonſt ſchaͤdlich ſeyn moͤchten. An dem
Gemaͤuer/ wo der Sonnen Widerſchlag die Waͤrme
verdoppelt/ tragen ſie trefflich viel/ und werden deſto
zeitiger und wolgeſchmacker. Man macht wol auch von
dergleichen Hecken gantze Gaͤnge als wie gewoͤlbt in
dem Garten/ koͤnnen aber nicht ſo wol reif werden/ weil
eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten
daran verhindert wird/ es ſey dann/ daß ſie vom Mittage
nach Mitternacht gerichtet; Oſten zu einer/ und Abend
zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung
und Vorſtand haben.

Die Hoͤhe der Hecken wird nach der Mauer oder
des Gelaͤnders/ auch des Gewitters Beſchaffenheit bald
hoͤher/ bald niedriger gezuͤgelt. Jn Jtalien und Sa-
phoyen/ wo die Trauben an den Baͤumen Reyenweiſe
erhoͤhet/ und darzwiſchen Aecker mit Getrayd gebauet
werden/ braucht man insgemein nicht alle Baͤume/
ſondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/
als Nuß-Baum/ Eſchen/ Doͤrnel-Baum/ Velber
oder Weiden/ ſo von den Alten darzu gebraucht wor-
den/ jetzt aber haben Kerſchen- und Weichſel-Baͤume
bey den meiſten den Vorzug; andere Baͤume/ die groſ-
ſen Schatten mit den Aeſten machen/ und mit der
Wurtzen weiten Platz einnehmen/ ſind zu dieſem Han-
del nicht dienlich.

Cap. XIII.
Wie man die Reben peltzt.
[Spaltenumbruch]

DAs Peltzen ſcheinet eine unnothwendige Sache
in der Wirthſchafft zu ſeyn/ aber gleich nutzlich
und curios; das Peltzen iſt darum erfunden/
daß man erſtlich die Reben/ ſo gar kleines March neh-
men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch dieſe Kunſt
fortbringen/ und da ſich etwan in unſerm Weingebuͤrge/
ein oder der andere Stock finde/ von ſchlechter geringer
Gattung/ oder der wenig Frucht braͤchte/ man auf den-
ſelben eine beſſere Art aufpeltzen/ und alſobald wieder
verbeſſern koͤnnte. Die Alten habens auf ſolche Weiſe
verrichtet: Erſtlich haben ſie den Stock nach der
Zwerch von unten an biß oben/ ſo hoch als ihnen gefal-
len/ an einem feſten Ort durchbohret/ und unten Peltz-
zweig hinein geſteckt/ daß er das gantze Loch ausgefuͤllt/
ſie haben den Zweig zwar geſaͤubert und von aller gro-
[Spaltenumbruch] ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geſchehlet/
noch die Augen verwuͤſtet/ darnach haben ſie den Zweig
4 Finger hoch oben abgeſchnitten/ und ein oder zwey
Augen gelaſſen/ das Loch haben ſie mit Wachs und Leim
vermacht/ und mit Rinden und Tuͤchern ſorgfaͤltig ver-
bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin-
gen koͤnnen/ der Stamm war vorher etwan einen
Schuch hoch uͤber der Erden abgeſchnitten/ und der
Zweig ward von dem naͤchſten guten edlen Stock ge-
nommen/ durchgeſchoben (weil die Augen noch gar klein
und ſubtiel ſind) aber nicht abgeſchnitten/ und ein paar
Jahr alſo an ſeiner Mutter gelaſſen/ biß er des neuen
Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeſchnitten.

Weil man aber dieſe Gelegenheit nicht uͤberall ha-
ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen

kan/
U u ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0357" n="339"/>
          <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">Vierdten Buchs Er&#x017F;ter Theil/ Wein-Garten.</hi> </fw><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> XII.</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Von den Weinhecken.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>Je Hecken <hi rendition="#aq">Pergulæ vel apertæ,</hi> die an die<lb/>
Mauren aufgefu&#x0364;hrt/ <hi rendition="#aq">vel Compluviatæ,</hi> die wie<lb/>
ein Bogengang in Ga&#x0364;rten <hi rendition="#aq">formi</hi>ret &#x017F;ind/ und<lb/>
al&#x017F;o bey den Ha&#x0364;u&#x017F;ern/ und in den Ga&#x0364;rten auferzogen<lb/>
werden/ kommen allein und am be&#x017F;ten von Gruben<lb/>
und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/<lb/>
und die&#x017F;e nim&#x0303;t man von der be&#x017F;ten Gattung/ die an Art<lb/>
und Fruchtbarkeit die Edli&#x017F;ten &#x017F;ind/ allein die Erde muß<lb/>
man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund<lb/>
undienlich/ mit einer be&#x017F;&#x017F;ern als Ga&#x017F;&#x017F;enkot und Dung<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ern/ &#x017F;ie werden er&#x017F;tlich darum weit von einander<lb/>
ge&#x017F;etzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das<lb/>
Gruben gleich auszutheilen/ und al&#x017F;o die Hecken de&#x017F;to<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;&#x017F;er zu machen/ man la&#x0364;&#x017F;t den Stamm nach Belie-<lb/>
ben ho&#x0364;her und niederer wach&#x017F;en/ und werden offt von<lb/>
einer Wurtzel etliche Sta&#x0364;mme getragen/ die &#x017F;ich dann<lb/>
wieder in unter&#x017F;chiedliche Reben und Zweige austhei-<lb/>
len/ &#x017F;ie mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en aber gegen Morgen und Mittag/ damit<lb/>
&#x017F;ie die Sonnen haben ko&#x0364;nnen/ ge&#x017F;etzt an Gela&#x0364;nder/ Lat-<lb/>
ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm-<lb/>
winde Anfall mit genug&#x017F;amen Banden gehefftet und<lb/>
ver&#x017F;ichert &#x017F;eyn; doch al&#x017F;o/ daß &#x017F;ie das Band nicht ver-<lb/>
&#x017F;ehren mo&#x0364;ge/ und das muß nach und nach ge&#x017F;chehen/<lb/>
nachdem die Hecken viel Scho&#x0364;ßling und Schu&#x0364;be von<lb/>
&#x017F;ich gibt/ den gantzen Sommer durch/ &#x017F;onderlich im Au-<lb/>
gu&#x017F;to/ da man die u&#x0364;berflu&#x0364;&#x017F;&#x017F;igen Wipfel zugleich ab&#x017F;chnei-<lb/>
den la&#x0364;&#x017F;&#x017F;et/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den<lb/>
unnu&#x0364;tzen Zweigen/ &#x017F;ondern den Weintrauben zum be-<lb/>
&#x017F;ten komme/ &#x017F;ie tragen zwar mehr Fru&#x0364;chte als die niedern<lb/>
Wein&#x017F;to&#x0364;cke/ bedo&#x0364;rffen aber auch mehr Sorg und<lb/>
Auf&#x017F;icht.</p><lb/>
            <p>Mit der Dung muß man ihrer &#x017F;onderlich wol war-<lb/>
ten/ doch muß &#x017F;ie nicht hart an die Wurtzen/ &#x017F;ondern<lb/>
au&#x017F;&#x017F;en her gelegt &#x017F;eyn/ in kalten La&#x0364;ndern i&#x017F;t der Roß-<lb/>
mi&#x017F;t/ und in den warmen der Ku&#x0364;hmi&#x017F;t ta&#x0364;uglicher; der<lb/>
Taubenmi&#x017F;t/ und die Ab&#x017F;chnittlinge vom Buchsbaum<lb/>
&#x017F;ind noch be&#x017F;&#x017F;er; doch i&#x017F;t weniger &#x017F;cha&#x0364;dlich/ wann die<lb/>
Dung/ als die u&#x0364;brige Arbeit/ unterla&#x017F;&#x017F;en wird. Die<lb/><cb/>
Hecken-Trauben &#x017F;ind vor den Winden/ weil &#x017F;ie wol an-<lb/>
gebunden/ und vor der Fa&#x0364;ulung/ weil &#x017F;ie hoch hangen/<lb/>
&#x017F;icherer als die niedern Sto&#x0364;cke/ weil &#x017F;ie von denen aus<lb/>
der Erden du&#x0364;n&#x017F;tenden Da&#x0364;mpfen nicht &#x017F;o leichtlich be-<lb/>
ru&#x0364;hrt werden wie die niedern Sto&#x0364;cke/ &#x017F;o gar bey der<lb/>
Erden &#x017F;tehen.</p><lb/>
            <p>Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/<lb/>
&#x017F;ie werden aber offt &#x017F;o verhartet/ daß &#x017F;ie das zarte Holtz<lb/>
in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/<lb/>
al&#x017F;o nehmen etliche Spaget oder groben &#x017F;tarcken<lb/>
Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder<lb/>
Gabeln und Stu&#x0364;tzen/ darauf die Reben ligen/ mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en<lb/>
keine Band entzwi&#x017F;chen kommen/ weil &#x017F;ie bald rei&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
oder den Reben &#x017F;on&#x017F;t &#x017F;cha&#x0364;dlich &#x017F;eyn mo&#x0364;chten. An dem<lb/>
Gema&#x0364;uer/ wo der Sonnen Wider&#x017F;chlag die Wa&#x0364;rme<lb/>
verdoppelt/ tragen &#x017F;ie trefflich viel/ und werden de&#x017F;to<lb/>
zeitiger und wolge&#x017F;chmacker. Man macht wol auch von<lb/>
dergleichen Hecken gantze Ga&#x0364;nge als wie gewo&#x0364;lbt in<lb/>
dem Garten/ ko&#x0364;nnen aber nicht &#x017F;o wol reif werden/ weil<lb/>
eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten<lb/>
daran verhindert wird/ es &#x017F;ey dann/ daß &#x017F;ie vom Mittage<lb/>
nach Mitternacht gerichtet; O&#x017F;ten zu einer/ und Abend<lb/>
zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung<lb/>
und Vor&#x017F;tand haben.</p><lb/>
            <p>Die Ho&#x0364;he der Hecken wird nach der Mauer oder<lb/>
des Gela&#x0364;nders/ auch des Gewitters Be&#x017F;chaffenheit bald<lb/>
ho&#x0364;her/ bald niedriger gezu&#x0364;gelt. Jn Jtalien und Sa-<lb/>
phoyen/ wo die Trauben an den Ba&#x0364;umen Reyenwei&#x017F;e<lb/>
erho&#x0364;het/ und darzwi&#x017F;chen Aecker mit Getrayd gebauet<lb/>
werden/ braucht man insgemein nicht alle Ba&#x0364;ume/<lb/>
&#x017F;ondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/<lb/>
als Nuß-Baum/ E&#x017F;chen/ Do&#x0364;rnel-Baum/ Velber<lb/>
oder Weiden/ &#x017F;o von den Alten darzu gebraucht wor-<lb/>
den/ jetzt aber haben Ker&#x017F;chen- und Weich&#x017F;el-Ba&#x0364;ume<lb/>
bey den mei&#x017F;ten den Vorzug; andere Ba&#x0364;ume/ die gro&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en Schatten mit den Ae&#x017F;ten machen/ und mit der<lb/>
Wurtzen weiten Platz einnehmen/ &#x017F;ind zu die&#x017F;em Han-<lb/>
del nicht dienlich.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head> <hi rendition="#aq"> <hi rendition="#g"><hi rendition="#k">Cap.</hi> XIII.</hi> </hi><lb/> <hi rendition="#fr">Wie man die Reben peltzt.</hi> </head><lb/>
            <cb/>
            <p><hi rendition="#in">D</hi>As Peltzen &#x017F;cheinet eine unnothwendige Sache<lb/>
in der Wirth&#x017F;chafft zu &#x017F;eyn/ aber gleich nutzlich<lb/>
und curios; das Peltzen i&#x017F;t darum erfunden/<lb/>
daß man er&#x017F;tlich die Reben/ &#x017F;o gar kleines March neh-<lb/>
men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch die&#x017F;e Kun&#x017F;t<lb/>
fortbringen/ und da &#x017F;ich etwan in un&#x017F;erm Weingebu&#x0364;rge/<lb/>
ein oder der andere Stock finde/ von &#x017F;chlechter geringer<lb/>
Gattung/ oder der wenig Frucht bra&#x0364;chte/ man auf den-<lb/>
&#x017F;elben eine be&#x017F;&#x017F;ere Art aufpeltzen/ und al&#x017F;obald wieder<lb/>
verbe&#x017F;&#x017F;ern ko&#x0364;nnte. Die Alten habens auf &#x017F;olche Wei&#x017F;e<lb/>
verrichtet: Er&#x017F;tlich haben &#x017F;ie den Stock nach der<lb/>
Zwerch von unten an biß oben/ &#x017F;o hoch als ihnen gefal-<lb/>
len/ an einem fe&#x017F;ten Ort durchbohret/ und unten Peltz-<lb/>
zweig hinein ge&#x017F;teckt/ daß er das gantze Loch ausgefu&#x0364;llt/<lb/>
&#x017F;ie haben den Zweig zwar ge&#x017F;a&#x0364;ubert und von aller gro-<lb/><cb/>
ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar ge&#x017F;chehlet/<lb/>
noch die Augen verwu&#x0364;&#x017F;tet/ darnach haben &#x017F;ie den Zweig<lb/>
4 Finger hoch oben abge&#x017F;chnitten/ und ein oder zwey<lb/>
Augen gela&#x017F;&#x017F;en/ das Loch haben &#x017F;ie mit Wachs und Leim<lb/>
vermacht/ und mit Rinden und Tu&#x0364;chern &#x017F;orgfa&#x0364;ltig ver-<lb/>
bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin-<lb/>
gen ko&#x0364;nnen/ der Stamm war vorher etwan einen<lb/>
Schuch hoch u&#x0364;ber der Erden abge&#x017F;chnitten/ und der<lb/>
Zweig ward von dem na&#x0364;ch&#x017F;ten guten edlen Stock ge-<lb/>
nommen/ durchge&#x017F;choben (weil die Augen noch gar klein<lb/>
und &#x017F;ubtiel &#x017F;ind) aber nicht abge&#x017F;chnitten/ und ein paar<lb/>
Jahr al&#x017F;o an &#x017F;einer Mutter gela&#x017F;&#x017F;en/ biß er des neuen<lb/>
Saffts gewohnet/ hernach wird er abge&#x017F;chnitten.</p><lb/>
            <p>Weil man aber die&#x017F;e Gelegenheit nicht u&#x0364;berall ha-<lb/>
ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">U u ij</fw><fw place="bottom" type="catch">kan/</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[339/0357] Vierdten Buchs Erſter Theil/ Wein-Garten. Cap. XII. Von den Weinhecken. DJe Hecken Pergulæ vel apertæ, die an die Mauren aufgefuͤhrt/ vel Compluviatæ, die wie ein Bogengang in Gaͤrten formiret ſind/ und alſo bey den Haͤuſern/ und in den Gaͤrten auferzogen werden/ kommen allein und am beſten von Gruben und denen Reben/ die allbereit wol gewurtzelt haben/ und dieſe nim̃t man von der beſten Gattung/ die an Art und Fruchtbarkeit die Edliſten ſind/ allein die Erde muß man etwas tieffer ausgraben/ und dafern der Grund undienlich/ mit einer beſſern als Gaſſenkot und Dung verbeſſern/ ſie werden erſtlich darum weit von einander geſetzt/ damit man Platz habe/ die Reben durch das Gruben gleich auszutheilen/ und alſo die Hecken deſto groͤſſer zu machen/ man laͤſt den Stamm nach Belie- ben hoͤher und niederer wachſen/ und werden offt von einer Wurtzel etliche Staͤmme getragen/ die ſich dann wieder in unterſchiedliche Reben und Zweige austhei- len/ ſie muͤſſen aber gegen Morgen und Mittag/ damit ſie die Sonnen haben koͤnnen/ geſetzt an Gelaͤnder/ Lat- ten/ oder Gegitter wol angebunden/ und vor der Sturm- winde Anfall mit genugſamen Banden gehefftet und verſichert ſeyn; doch alſo/ daß ſie das Band nicht ver- ſehren moͤge/ und das muß nach und nach geſchehen/ nachdem die Hecken viel Schoͤßling und Schuͤbe von ſich gibt/ den gantzen Sommer durch/ ſonderlich im Au- guſto/ da man die uͤberfluͤſſigen Wipfel zugleich abſchnei- den laͤſſet/ damit die freche Krafft der Wurtzel nicht den unnuͤtzen Zweigen/ ſondern den Weintrauben zum be- ſten komme/ ſie tragen zwar mehr Fruͤchte als die niedern Weinſtoͤcke/ bedoͤrffen aber auch mehr Sorg und Aufſicht. Mit der Dung muß man ihrer ſonderlich wol war- ten/ doch muß ſie nicht hart an die Wurtzen/ ſondern auſſen her gelegt ſeyn/ in kalten Laͤndern iſt der Roß- miſt/ und in den warmen der Kuͤhmiſt taͤuglicher; der Taubenmiſt/ und die Abſchnittlinge vom Buchsbaum ſind noch beſſer; doch iſt weniger ſchaͤdlich/ wann die Dung/ als die uͤbrige Arbeit/ unterlaſſen wird. Die Hecken-Trauben ſind vor den Winden/ weil ſie wol an- gebunden/ und vor der Faͤulung/ weil ſie hoch hangen/ ſicherer als die niedern Stoͤcke/ weil ſie von denen aus der Erden duͤnſtenden Daͤmpfen nicht ſo leichtlich be- ruͤhrt werden wie die niedern Stoͤcke/ ſo gar bey der Erden ſtehen. Die Bande machen etliche von Weidenen Rinden/ ſie werden aber offt ſo verhartet/ daß ſie das zarte Holtz in Winds-Bewegungen hinfretten und Schaden thun/ alſo nehmen etliche Spaget oder groben ſtarcken Zwirn/ etiche aber feuchtes Stroh/ auf den Latten oder Gabeln und Stuͤtzen/ darauf die Reben ligen/ muͤſſen keine Band entzwiſchen kommen/ weil ſie bald reiſſen/ oder den Reben ſonſt ſchaͤdlich ſeyn moͤchten. An dem Gemaͤuer/ wo der Sonnen Widerſchlag die Waͤrme verdoppelt/ tragen ſie trefflich viel/ und werden deſto zeitiger und wolgeſchmacker. Man macht wol auch von dergleichen Hecken gantze Gaͤnge als wie gewoͤlbt in dem Garten/ koͤnnen aber nicht ſo wol reif werden/ weil eines dem andern die Sonne nimmt/ und vom Schatten daran verhindert wird/ es ſey dann/ daß ſie vom Mittage nach Mitternacht gerichtet; Oſten zu einer/ und Abend zur andern Seiten/ von Norden aber einige Schirmung und Vorſtand haben. Die Hoͤhe der Hecken wird nach der Mauer oder des Gelaͤnders/ auch des Gewitters Beſchaffenheit bald hoͤher/ bald niedriger gezuͤgelt. Jn Jtalien und Sa- phoyen/ wo die Trauben an den Baͤumen Reyenweiſe erhoͤhet/ und darzwiſchen Aecker mit Getrayd gebauet werden/ braucht man insgemein nicht alle Baͤume/ ſondern nur die jenigen/ die keine bittere Wurtzen haben/ als Nuß-Baum/ Eſchen/ Doͤrnel-Baum/ Velber oder Weiden/ ſo von den Alten darzu gebraucht wor- den/ jetzt aber haben Kerſchen- und Weichſel-Baͤume bey den meiſten den Vorzug; andere Baͤume/ die groſ- ſen Schatten mit den Aeſten machen/ und mit der Wurtzen weiten Platz einnehmen/ ſind zu dieſem Han- del nicht dienlich. Cap. XIII. Wie man die Reben peltzt. DAs Peltzen ſcheinet eine unnothwendige Sache in der Wirthſchafft zu ſeyn/ aber gleich nutzlich und curios; das Peltzen iſt darum erfunden/ daß man erſtlich die Reben/ ſo gar kleines March neh- men/ und daher nicht gern einwurtzeln/ durch dieſe Kunſt fortbringen/ und da ſich etwan in unſerm Weingebuͤrge/ ein oder der andere Stock finde/ von ſchlechter geringer Gattung/ oder der wenig Frucht braͤchte/ man auf den- ſelben eine beſſere Art aufpeltzen/ und alſobald wieder verbeſſern koͤnnte. Die Alten habens auf ſolche Weiſe verrichtet: Erſtlich haben ſie den Stock nach der Zwerch von unten an biß oben/ ſo hoch als ihnen gefal- len/ an einem feſten Ort durchbohret/ und unten Peltz- zweig hinein geſteckt/ daß er das gantze Loch ausgefuͤllt/ ſie haben den Zweig zwar geſaͤubert und von aller gro- ben Rinden unten entledigt/ aber nicht gar geſchehlet/ noch die Augen verwuͤſtet/ darnach haben ſie den Zweig 4 Finger hoch oben abgeſchnitten/ und ein oder zwey Augen gelaſſen/ das Loch haben ſie mit Wachs und Leim vermacht/ und mit Rinden und Tuͤchern ſorgfaͤltig ver- bunden/ daß keine Feuchten noch Winde haben eindrin- gen koͤnnen/ der Stamm war vorher etwan einen Schuch hoch uͤber der Erden abgeſchnitten/ und der Zweig ward von dem naͤchſten guten edlen Stock ge- nommen/ durchgeſchoben (weil die Augen noch gar klein und ſubtiel ſind) aber nicht abgeſchnitten/ und ein paar Jahr alſo an ſeiner Mutter gelaſſen/ biß er des neuen Saffts gewohnet/ hernach wird er abgeſchnitten. Weil man aber dieſe Gelegenheit nicht uͤberall ha- ben kan/ daß ein guter edler Stock/ davon man peltzen kan/ U u ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/357
Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 1. Nürnberg, 1682, S. 339. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica01_1682/357>, abgerufen am 25.11.2024.