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Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682.

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Neuntes Buch/ Mayerhof.
Cap. LXXX.
Von dem Federviehe ins gemein.
[Spaltenumbruch]

WEnn wir der alten Römer ihre Aviaria, darin-
nen sie Phasanen/ Feldhüner/ Krammweths-
vögel/ Droschel/ wilde Tauben/ Turteltau-
ben/ Wachteln und dergleichen/ mit grossen Unkosten
erzogen und genähret haben/ anschauen/ müssen wir be-
kennen/ daß unsere Mayerhöfe/ das Federvieh belan-
gend/ denenselbigen gar wenig zu vergleichen/ und weit
ringern Unterhalt und Unkosten bedörffen; weil die al-
ten Römer/ zu Catonis und Varronis Zeiten/ fast das
meiste von Europa, Africa, und sonderlich das wollü-
stige/ fruchtbare und reiche Asia beherrschet/ einen un-
säglichen Schatz von Geld und Gut zusammen gesamm-
let/ als haben sie offtermals in ihren Wirthschafften
mehr Wollust und Zeitvertreib/ als Nutzen/ gesucht;
wie im 11 Buch von den Teichen mit mehrerm wird er-
kläret werden. Daher haben sie auch keinen Unkosten
gescheuet/ ihre Güter und Mayerschafften anzurichten/
vor andern angesehen zu seyn/ und sich offt solcher Gebäu
und Neuerungen unterstanden/ die der Nachwelt un-
nachthulich geschienen.

Bey unsern Zeiten wird die Nutzung dem Lust ge-
[Spaltenumbruch] meiniglich fürgezogen/ und wiewol das Federviehe sowol
wegen der Dungung/ als auch wegen der Federn/ Eyer
und Jungen/ in die Kuchen einen nicht geringen Beytrag
thut/ lassen wir uns doch an der Mittelmaß begnügen/
und sind die grossen theuren und kostbaren Vogelhäuser
zu unserer Zeit nicht so gemein/ und meistentheils bey un-
sern Wirthschafften/ wo nicht gar abgeschafft/ doch in
gewisse Mässigungen eingeschrenckt; und ob man schon
nicht allenthalben Gelegenheiten hat/ Phasanen/ wilde
und Turteltauben/ Reb- und Haselhüner/ Kranweths-
vögel und Droscheln in grossen und kostbaren Häusern
zu unterhalten; so werden doch wenig Wirthschafften
gefunden/ worinnen nicht gemeine und haubichte/ grosse
und kleine Hüner/ wegen ihres grossen Nutzens/ wie auch
Jndianische Hüner/ item Tauben/ Gänse/ Endten/
gemeine und ausländische Pfauen/ auch wo es Wasser
giebt/ Schwanen und dergleichen Geflügel auferzogen
und unterhalten werden; davon wir mit wenigem von
jedem absonderlich handeln/ und von der gemeinen Hü-
nerzucht/ ohne welche fast keine Wirthschafft zu erhal-
ten/ billich den Anfang machen wollen.

Cap. LXXXI.
Von gemeinen Hünern.
[Spaltenumbruch]

DJe gemeinen Hüner sind in allen Mayerschafften
und Baurenhöfen so bekannt/ daß es unnöhtig/
viel davon zu melden/ weil sie aber dennoch so
wol an der Grösse/ als an der Farbe und Art der Fe-
dern unterschieden/ und man an einem Ort besser/ als
an dem andern/ damit umzugehen pfleget/ wollen wir
mit wenigem der Hüner Eigenschafft und Wartung ei-
ner Hausmutter vorstellen/ weilen die Henne mit Be-
deckung und Beschirmung ihrer Jungen ohne diß ein
holdseliges Bildnus einer treuen Mutter ähnlich ist. Ja
unser HErr und Heiland Christus/ seine hertzliche und
inbrünstige Liebe gegen dem menschlichen gefallenen Ge-
schlecht vorzubilden sich selbst nicht schämet/ einer Gluck-
henne zu vergleichen; sind also diese drey Wunder der
natürlichen Liebe an den Hünern zu sehen; Erstlich/
daß sie ihre Eyer mit solcher Sorgfalt ausbrutet/ daß
sie auch Essen und Trincken darüber vergessen würde/
imfall ihr nicht ihrer Wärterin Aufsicht etwas bey-
brächte. 2. Daß sie ihre Jungen mit solchem Eifer und
Aufsicht führet/ daß sie kein Bedencken/ in vorstehender
Gefahr/ auch ihr Leben für sie zu lassen. Und drittens/
daß sie bey kalten ungestümmen Wetter die zarte und
des Nothleidens ungewöhnete Jungen/ unter ihren Flü-
geln zudecket und wärmet/ wie es Herr Heresbach ad
Notam
nimmt.

Ja sie verhüllet nicht allein ihre liebe Jungen unter
ihrem Feder-Dach/ sondern sie lässet sie auch auf sie
hinauf fliegen/ und ihr gantzer Leib ist ein Theatrum,
darauf ihnen zu spielen erlaubt ist/ und das thut sie mit
grosser Freudigkeit und Liebe/ wie sie mit ihrer kluchsen-
den Mutterstimme genugsam bezeuget/ unterdessen hält
[Spaltenumbruch] sie ihre wachsame Augen immerdar übersich/ ob sich nicht
ein rauberischer Hünergeyer/ ein begieriger Stoßfalck/
ein diebischer Rab/ ein ungestümmer Habicht über ihnen
erblicken lasse; und merckt sie das geringste/ unterlässet
sie nicht mit ihrer alarme. Stimm die hin- und wieder-
schweiffende Hünlein zu warnen/ welche auch der Mut-
ter Ermahnung so eigentlich und schnell erkennen/ daß
sie mit gleicher Carriera alles ligen und stehen lassen/
und als wie spornstreichs ihrer vernünfftigen und auf-
sichtigen Mutter zueilen/ die deßwegen von der Natur
mit unterschiedenen Stimmen begabet worden/ welche
ihre Hünlein wol verstehen/ und wann sie ruffet oder lo-
cket/ wol wissen/ daß die Mutter etliche Körnlein oder
Würmlein mit ihren Füssen ausgescharret/ die sie ihnen
vorlegen und austheilen wolle.

Welche Hausmütter auf die Nutzung/ und den
Eyer-Zinß sehen/ erwehlen lieber mittelmässige/ als gar
kleine/ lieber die schwartzen und roth-gelben/ als die
weissen/ weil diese blöder und unfruchtbarer gehalten
sind.

Herr de Serres sagt/ daß es ein gewisses Zeichen
einer guten trächtigen Art sey/ wann der Hüner-Kamm/
auf eine Seiten gebogen/ herab hanget; die geelen Füs-
se zeigen an ein zartes gesundes Fleisch; die hochge-
sporneten Hüner sind nicht so tauglich/ als die andern/
zur Zucht/ sie brechen die Eyer gern am Brüten/ legen
auch weniger/ als die andern.

Eine weise Hausmutter wird von wenig wolgewar-
teten Hünern mehr Lust und Nutzen haben/ als von vie-
len/ wann sie mit der Fütterung nicht recht versorget sind/
und hat sich dißfalls nach der Fütterey Uberfluß oder Ab-

gang
Neuntes Buch/ Mayerhof.
Cap. LXXX.
Von dem Federviehe ins gemein.
[Spaltenumbruch]

WEnn wir der alten Roͤmer ihre Aviaria, darin-
nen ſie Phaſanen/ Feldhuͤner/ Krammweths-
voͤgel/ Droſchel/ wilde Tauben/ Turteltau-
ben/ Wachteln und dergleichen/ mit groſſen Unkoſten
erzogen und genaͤhret haben/ anſchauen/ muͤſſen wir be-
kennen/ daß unſere Mayerhoͤfe/ das Federvieh belan-
gend/ denenſelbigen gar wenig zu vergleichen/ und weit
ringern Unterhalt und Unkoſten bedoͤrffen; weil die al-
ten Roͤmer/ zu Catonis und Varronis Zeiten/ faſt das
meiſte von Europa, Africa, und ſonderlich das wolluͤ-
ſtige/ fruchtbare und reiche Aſia beherꝛſchet/ einen un-
ſaͤglichen Schatz von Geld und Gut zuſammen geſamm-
let/ als haben ſie offtermals in ihren Wirthſchafften
mehr Wolluſt und Zeitvertreib/ als Nutzen/ geſucht;
wie im 11 Buch von den Teichen mit mehrerm wird er-
klaͤret werden. Daher haben ſie auch keinen Unkoſten
geſcheuet/ ihre Guͤter und Mayerſchafften anzurichten/
vor andern angeſehen zu ſeyn/ und ſich offt ſolcher Gebaͤu
und Neuerungen unterſtanden/ die der Nachwelt un-
nachthulich geſchienen.

Bey unſern Zeiten wird die Nutzung dem Luſt ge-
[Spaltenumbruch] meiniglich fuͤrgezogen/ und wiewol das Federviehe ſowol
wegen der Dungung/ als auch wegen der Federn/ Eyer
und Jungen/ in die Kuchen einen nicht geringen Beytrag
thut/ laſſen wir uns doch an der Mittelmaß begnuͤgen/
und ſind die groſſen theuren und koſtbaren Vogelhaͤuſer
zu unſerer Zeit nicht ſo gemein/ und meiſtentheils bey un-
ſern Wirthſchafften/ wo nicht gar abgeſchafft/ doch in
gewiſſe Maͤſſigungen eingeſchrenckt; und ob man ſchon
nicht allenthalben Gelegenheiten hat/ Phaſanen/ wilde
und Turteltauben/ Reb- und Haſelhuͤner/ Kranweths-
voͤgel und Droſcheln in groſſen und koſtbaren Haͤuſern
zu unterhalten; ſo werden doch wenig Wirthſchafften
gefunden/ worinnen nicht gemeine und haubichte/ groſſe
und kleine Huͤner/ wegen ihres groſſen Nutzens/ wie auch
Jndianiſche Huͤner/ item Tauben/ Gaͤnſe/ Endten/
gemeine und auslaͤndiſche Pfauen/ auch wo es Waſſer
giebt/ Schwanen und dergleichen Gefluͤgel auferzogen
und unterhalten werden; davon wir mit wenigem von
jedem abſonderlich handeln/ und von der gemeinen Huͤ-
nerzucht/ ohne welche faſt keine Wirthſchafft zu erhal-
ten/ billich den Anfang machen wollen.

Cap. LXXXI.
Von gemeinen Huͤnern.
[Spaltenumbruch]

DJe gemeinen Huͤner ſind in allen Mayerſchafften
und Baurenhoͤfen ſo bekannt/ daß es unnoͤhtig/
viel davon zu melden/ weil ſie aber dennoch ſo
wol an der Groͤſſe/ als an der Farbe und Art der Fe-
dern unterſchieden/ und man an einem Ort beſſer/ als
an dem andern/ damit umzugehen pfleget/ wollen wir
mit wenigem der Huͤner Eigenſchafft und Wartung ei-
ner Hausmutter vorſtellen/ weilen die Henne mit Be-
deckung und Beſchirmung ihrer Jungen ohne diß ein
holdſeliges Bildnus einer treuen Mutter aͤhnlich iſt. Ja
unſer HErr und Heiland Chriſtus/ ſeine hertzliche und
inbruͤnſtige Liebe gegen dem menſchlichen gefallenen Ge-
ſchlecht vorzubilden ſich ſelbſt nicht ſchaͤmet/ einer Gluck-
henne zu vergleichen; ſind alſo dieſe drey Wunder der
natuͤrlichen Liebe an den Huͤnern zu ſehen; Erſtlich/
daß ſie ihre Eyer mit ſolcher Sorgfalt ausbrutet/ daß
ſie auch Eſſen und Trincken daruͤber vergeſſen wuͤrde/
imfall ihr nicht ihrer Waͤrterin Aufſicht etwas bey-
braͤchte. 2. Daß ſie ihre Jungen mit ſolchem Eifer und
Aufſicht fuͤhret/ daß ſie kein Bedencken/ in vorſtehender
Gefahr/ auch ihr Leben fuͤr ſie zu laſſen. Und drittens/
daß ſie bey kalten ungeſtuͤmmen Wetter die zarte und
des Nothleidens ungewoͤhnete Jungen/ unter ihren Fluͤ-
geln zudecket und waͤrmet/ wie es Herꝛ Heresbach ad
Notam
nimmt.

Ja ſie verhuͤllet nicht allein ihre liebe Jungen unter
ihrem Feder-Dach/ ſondern ſie laͤſſet ſie auch auf ſie
hinauf fliegen/ und ihr gantzer Leib iſt ein Theatrum,
darauf ihnen zu ſpielen erlaubt iſt/ und das thut ſie mit
groſſer Freudigkeit und Liebe/ wie ſie mit ihrer kluchſen-
den Mutterſtimme genugſam bezeuget/ unterdeſſen haͤlt
[Spaltenumbruch] ſie ihre wachſame Augen immerdar uͤberſich/ ob ſich nicht
ein rauberiſcher Huͤnergeyer/ ein begieriger Stoßfalck/
ein diebiſcher Rab/ ein ungeſtuͤmmer Habicht uͤber ihnen
erblicken laſſe; und merckt ſie das geringſte/ unterlaͤſſet
ſie nicht mit ihrer alarme. Stimm die hin- und wieder-
ſchweiffende Huͤnlein zu warnen/ welche auch der Mut-
ter Ermahnung ſo eigentlich und ſchnell erkennen/ daß
ſie mit gleicher Carriera alles ligen und ſtehen laſſen/
und als wie ſpornſtreichs ihrer vernuͤnfftigen und auf-
ſichtigen Mutter zueilen/ die deßwegen von der Natur
mit unterſchiedenen Stimmen begabet worden/ welche
ihre Huͤnlein wol verſtehen/ und wann ſie ruffet oder lo-
cket/ wol wiſſen/ daß die Mutter etliche Koͤrnlein oder
Wuͤrmlein mit ihren Fuͤſſen ausgeſcharret/ die ſie ihnen
vorlegen und austheilen wolle.

Welche Hausmuͤtter auf die Nutzung/ und den
Eyer-Zinß ſehen/ erwehlen lieber mittelmaͤſſige/ als gar
kleine/ lieber die ſchwartzen und roth-gelben/ als die
weiſſen/ weil dieſe bloͤder und unfruchtbarer gehalten
ſind.

Herꝛ de Serres ſagt/ daß es ein gewiſſes Zeichen
einer guten traͤchtigen Art ſey/ wann der Huͤner-Kamm/
auf eine Seiten gebogen/ herab hanget; die geelen Fuͤſ-
ſe zeigen an ein zartes geſundes Fleiſch; die hochge-
ſporneten Huͤner ſind nicht ſo tauglich/ als die andern/
zur Zucht/ ſie brechen die Eyer gern am Bruͤten/ legen
auch weniger/ als die andern.

Eine weiſe Hausmutter wird von wenig wolgewar-
teten Huͤnern mehr Luſt und Nutzen haben/ als von vie-
len/ wann ſie mit der Fuͤtterung nicht recht verſorget ſind/
und hat ſich dißfalls nach der Fuͤtterey Uberfluß oder Ab-

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[319/0337] Neuntes Buch/ Mayerhof. Cap. LXXX. Von dem Federviehe ins gemein. WEnn wir der alten Roͤmer ihre Aviaria, darin- nen ſie Phaſanen/ Feldhuͤner/ Krammweths- voͤgel/ Droſchel/ wilde Tauben/ Turteltau- ben/ Wachteln und dergleichen/ mit groſſen Unkoſten erzogen und genaͤhret haben/ anſchauen/ muͤſſen wir be- kennen/ daß unſere Mayerhoͤfe/ das Federvieh belan- gend/ denenſelbigen gar wenig zu vergleichen/ und weit ringern Unterhalt und Unkoſten bedoͤrffen; weil die al- ten Roͤmer/ zu Catonis und Varronis Zeiten/ faſt das meiſte von Europa, Africa, und ſonderlich das wolluͤ- ſtige/ fruchtbare und reiche Aſia beherꝛſchet/ einen un- ſaͤglichen Schatz von Geld und Gut zuſammen geſamm- let/ als haben ſie offtermals in ihren Wirthſchafften mehr Wolluſt und Zeitvertreib/ als Nutzen/ geſucht; wie im 11 Buch von den Teichen mit mehrerm wird er- klaͤret werden. Daher haben ſie auch keinen Unkoſten geſcheuet/ ihre Guͤter und Mayerſchafften anzurichten/ vor andern angeſehen zu ſeyn/ und ſich offt ſolcher Gebaͤu und Neuerungen unterſtanden/ die der Nachwelt un- nachthulich geſchienen. Bey unſern Zeiten wird die Nutzung dem Luſt ge- meiniglich fuͤrgezogen/ und wiewol das Federviehe ſowol wegen der Dungung/ als auch wegen der Federn/ Eyer und Jungen/ in die Kuchen einen nicht geringen Beytrag thut/ laſſen wir uns doch an der Mittelmaß begnuͤgen/ und ſind die groſſen theuren und koſtbaren Vogelhaͤuſer zu unſerer Zeit nicht ſo gemein/ und meiſtentheils bey un- ſern Wirthſchafften/ wo nicht gar abgeſchafft/ doch in gewiſſe Maͤſſigungen eingeſchrenckt; und ob man ſchon nicht allenthalben Gelegenheiten hat/ Phaſanen/ wilde und Turteltauben/ Reb- und Haſelhuͤner/ Kranweths- voͤgel und Droſcheln in groſſen und koſtbaren Haͤuſern zu unterhalten; ſo werden doch wenig Wirthſchafften gefunden/ worinnen nicht gemeine und haubichte/ groſſe und kleine Huͤner/ wegen ihres groſſen Nutzens/ wie auch Jndianiſche Huͤner/ item Tauben/ Gaͤnſe/ Endten/ gemeine und auslaͤndiſche Pfauen/ auch wo es Waſſer giebt/ Schwanen und dergleichen Gefluͤgel auferzogen und unterhalten werden; davon wir mit wenigem von jedem abſonderlich handeln/ und von der gemeinen Huͤ- nerzucht/ ohne welche faſt keine Wirthſchafft zu erhal- ten/ billich den Anfang machen wollen. Cap. LXXXI. Von gemeinen Huͤnern. DJe gemeinen Huͤner ſind in allen Mayerſchafften und Baurenhoͤfen ſo bekannt/ daß es unnoͤhtig/ viel davon zu melden/ weil ſie aber dennoch ſo wol an der Groͤſſe/ als an der Farbe und Art der Fe- dern unterſchieden/ und man an einem Ort beſſer/ als an dem andern/ damit umzugehen pfleget/ wollen wir mit wenigem der Huͤner Eigenſchafft und Wartung ei- ner Hausmutter vorſtellen/ weilen die Henne mit Be- deckung und Beſchirmung ihrer Jungen ohne diß ein holdſeliges Bildnus einer treuen Mutter aͤhnlich iſt. Ja unſer HErr und Heiland Chriſtus/ ſeine hertzliche und inbruͤnſtige Liebe gegen dem menſchlichen gefallenen Ge- ſchlecht vorzubilden ſich ſelbſt nicht ſchaͤmet/ einer Gluck- henne zu vergleichen; ſind alſo dieſe drey Wunder der natuͤrlichen Liebe an den Huͤnern zu ſehen; Erſtlich/ daß ſie ihre Eyer mit ſolcher Sorgfalt ausbrutet/ daß ſie auch Eſſen und Trincken daruͤber vergeſſen wuͤrde/ imfall ihr nicht ihrer Waͤrterin Aufſicht etwas bey- braͤchte. 2. Daß ſie ihre Jungen mit ſolchem Eifer und Aufſicht fuͤhret/ daß ſie kein Bedencken/ in vorſtehender Gefahr/ auch ihr Leben fuͤr ſie zu laſſen. Und drittens/ daß ſie bey kalten ungeſtuͤmmen Wetter die zarte und des Nothleidens ungewoͤhnete Jungen/ unter ihren Fluͤ- geln zudecket und waͤrmet/ wie es Herꝛ Heresbach ad Notam nimmt. Ja ſie verhuͤllet nicht allein ihre liebe Jungen unter ihrem Feder-Dach/ ſondern ſie laͤſſet ſie auch auf ſie hinauf fliegen/ und ihr gantzer Leib iſt ein Theatrum, darauf ihnen zu ſpielen erlaubt iſt/ und das thut ſie mit groſſer Freudigkeit und Liebe/ wie ſie mit ihrer kluchſen- den Mutterſtimme genugſam bezeuget/ unterdeſſen haͤlt ſie ihre wachſame Augen immerdar uͤberſich/ ob ſich nicht ein rauberiſcher Huͤnergeyer/ ein begieriger Stoßfalck/ ein diebiſcher Rab/ ein ungeſtuͤmmer Habicht uͤber ihnen erblicken laſſe; und merckt ſie das geringſte/ unterlaͤſſet ſie nicht mit ihrer alarme. Stimm die hin- und wieder- ſchweiffende Huͤnlein zu warnen/ welche auch der Mut- ter Ermahnung ſo eigentlich und ſchnell erkennen/ daß ſie mit gleicher Carriera alles ligen und ſtehen laſſen/ und als wie ſpornſtreichs ihrer vernuͤnfftigen und auf- ſichtigen Mutter zueilen/ die deßwegen von der Natur mit unterſchiedenen Stimmen begabet worden/ welche ihre Huͤnlein wol verſtehen/ und wann ſie ruffet oder lo- cket/ wol wiſſen/ daß die Mutter etliche Koͤrnlein oder Wuͤrmlein mit ihren Fuͤſſen ausgeſcharret/ die ſie ihnen vorlegen und austheilen wolle. Welche Hausmuͤtter auf die Nutzung/ und den Eyer-Zinß ſehen/ erwehlen lieber mittelmaͤſſige/ als gar kleine/ lieber die ſchwartzen und roth-gelben/ als die weiſſen/ weil dieſe bloͤder und unfruchtbarer gehalten ſind. Herꝛ de Serres ſagt/ daß es ein gewiſſes Zeichen einer guten traͤchtigen Art ſey/ wann der Huͤner-Kamm/ auf eine Seiten gebogen/ herab hanget; die geelen Fuͤſ- ſe zeigen an ein zartes geſundes Fleiſch; die hochge- ſporneten Huͤner ſind nicht ſo tauglich/ als die andern/ zur Zucht/ ſie brechen die Eyer gern am Bruͤten/ legen auch weniger/ als die andern. Eine weiſe Hausmutter wird von wenig wolgewar- teten Huͤnern mehr Luſt und Nutzen haben/ als von vie- len/ wann ſie mit der Fuͤtterung nicht recht verſorget ſind/ und hat ſich dißfalls nach der Fuͤtterey Uberfluß oder Ab- gang

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Zitationshilfe: Hohberg, Wolf Helmhard von: Georgica Curiosa. Bd. 2. Nürnberg, 1682, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hohberg_georgica02_1682/337>, abgerufen am 22.11.2024.